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Freiheit statt Kapitalismus

Freiheit statt Kapitalismus

Titel: Freiheit statt Kapitalismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sahra Wagenknecht
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Know-how, Sachverstand und hochbezahlte Professionalität. Hier wird nicht gespart, sondern der Kreativität und Erfindungsgabe freier Lauf gelassen, schließlich geht es um milliardenschwere Zahlungen an die Allgemeinheit, die es möglichst auf null zu drücken gilt.
    Unterstützung erhalten die konzerninternen Steuervermeider, wie wir gesehen haben, von den Investmentbankern, die ihnen immer effektivere und wirkungsvollere »Finanzinnovationen« verkaufen, um den Konzerngewinn dem Zugriff der nationalen Steuerbehörden möglichst vollständig zu entziehen. Etwa die Hälfte des Welthandels wird infolge solcher Instrumente heute auf dem Papier über Steueroasen abgewickelt, schätzt John Christensen, Direktor des Tax Justice Network. Leidtragende sind die Gemeinwesen weltweit, aus deren Finanzierung sich die Global Player nahezu vollständig zurückgezogen haben. Die von der öffentlichen Hand bereitgestellte Infrastruktur wird natürlich mit ebenso großer Selbstverständlichkeit genutzt, wie öffentliche Subventionen oft geradezu erpresst werden.
    Billig, billig, billig
    Das wichtigste Erpressungsmittel zu diesem Zweck haben die Regierungen den Konzernen mit dem Niederreißen aller Schranken für freien Kapitalverkehr und globale Investitionstätigkeit in die Hand gegeben. So gehört zum Kostendrücken natürlich auch die Verlagerungvon Betriebsteilen in Länder mit den jeweils billigsten Arbeitskräften, den niedrigsten Steuern und den üppigsten Subventionen. Steigen auch dort irgendwann die Löhne oder fallen staatliche Subventionen und Steuervergünstigungen weg, zieht die Karawane weiter.
    Die globale Spielwarenindustrie etwa ist in den letzten 20 Jahren von Kontinent zu Kontinent gewandert. Noch vor 40 Jahren waren die USA der größte Spielwarenhersteller der Welt. In den siebziger Jahren begannen die US-Konzerne, ihre Produktion nach Hongkong, Taiwan und Südkorea zu verlagern. Als dort die Löhne zu steigen und Gewerkschaften sich zu formieren begannen, zogen sie nach Malaysia, Thailand, Indonesien und auf die Philippinen weiter. Schließlich vor allem nach China. Erhöht ein Land die Sozialstandards, riskiert es also, dass die Karawane aufbricht und ihre Produktionsstätten ins Nachbarland verlegt.
    Noch leichter fällt der Länderwechsel jenen Konzernen, die gar keine eigene Produktion mehr betreiben, sondern ihre Waren vom jeweils günstigsten Anbieter auf dem globalen Markt beziehen. Diesem Geschäftsmodell folgen etwa die großen Bekleidungs- und Sportartikelfirmen. Die Fertigung erfolgt hier durch mittelgroße selbständige Unternehmen, die in den Freihandelszonen in China, Südostasien, Mittelamerika und Osteuropa ansässig sind und dort unter oft grauenvollen Arbeitsbedingungen produzieren. Die Konzerne, die sich selbst auf Design und Werbung beschränken, können ihren Anbieter jederzeit wechseln und nutzen das, um die Einkaufspreise auf ein Minimum zu drücken. Rund 12 Prozent der 100 Euro, die ein neues Sportschuhmodell kostet, bekommen die Hersteller. Der Lohnkostenanteil liegt bei unter 1 Prozent.
    Weggesparte Innovation und Investition
    Es versteht sich, dass auch Forschungs- und Entwicklungsausgaben, insbesondere solche für Grundlagenforschung, dem Rotstift der Kostensparer zum Opfer fallen. Das Gleiche gilt für Investitionsprojekte, die sich zwar auf längere Frist auszahlen würden, aber kurzfristig die Rendite stören. Schon Walter Eucken hatte auf die Gefahr aufmerksam gemacht, dass in einer privatwirtschaftlichen Ökonomie Investitionenunterbleiben, wenn mit einer längeren Amortisationsdauer als drei oder fünf Jahre zu rechnen ist. Die heutigen quartalsfixierten Konzerne haben einen noch kürzeren Atem.
    Nach einer Untersuchung der Schweizer Bank UBS ist der Anteil der Forschungs- und Entwicklungsausgaben sowie der Investitionen am Umsatz der 500 größten US-Unternehmen in den letzten Jahren deutlich gesunken. 59 Eine Studie des IMK über »Tendenzen in den USA und in Deutschland aus makroökonomischer Perspektive« aus dem Jahr 2007 bestätigt diesen Trend auch für Deutschland und belegt, »dass Manager börsennotierter Unternehmen in der Tat in großem Umfang Investitionsprojekte mit sehr hohem diskontierten Nettonutzen unterlassen, weil sie eine negative Reaktion des Aktienmarktes … befürchten«. 60
     
    »Sie hatten erkannt«, schreibt Katharina Weinberger über die Manager großer Konzerne, »dass ein verlässlicher Partner bei der Jagd nach der kurzfristigen Rendite der

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