Freiheit statt Kapitalismus
gar kein Kleinsparer seine Groschen angelegt hatte.
Aus faulen privaten Krediten werden öffentliche Schulden
Seit Beginn der Krise tun die Staaten alles, um das Platzen der Schuldenblase – und damit auch der Vermögensblase! – zu verhindern. Sie erreichen das, indem sie die privaten Schulden übernehmen, sie also in Staatsschulden verwandeln.
»Anstelle der Bankchefs«, schreibt Roger de Weck, »wurden die Regierungschefs zu Croupiers im Kasino.« 124
Die über 1 Billion Euro, die diese staatlichen Croupiers allein in Europa zwischen 2007 und 2010 in die Bankenrettung gesteckt haben, bedeuten die Übertragung von über 1 Billion Euro fauler privater Schulden auf die öffentliche Hand. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Staaten für toxische Papiere garantieren oder die größten Müllhalden gleich ganz verstaatlichen, wie im Falle der HRE. Oder ob sie die Banken mit Kapitalhilfen am Leben erhalten und ihnen so ermöglichen, einen Teil der faulen Kredite abzuschreiben. Der Sache nach geschieht immer das Gleiche: Aus privaten Schulden werden öffentliche Schulden. Die privaten Vermögen bleiben unangetastet.
Die Schulden- und Vermögensblase wird allerdings auf diese Weise nicht kleiner, sie wird nur verlagert und das Problem wird aufgeschoben. Man kauft sehr teuer Zeit, aber man kauft keine Lösung. Wenn man bedenkt, dass sich allein die privaten Anlagen in Kreditpapiere und Unternehmensbonds 2006 auf weltweit 43 Billionen Dollar beliefen, fast so viel wie die gesamte Weltwirtschaftsleistung, lässt sich ahnen, welche Dimension das notwendige Abschreibungsvolumen hat. Und damit die Einschnitte in private Vermögen, die irgendjemand am Ende tragen muss und tragen wird.
Ponzi-Games for ever?
Mit Beginn der Krise wurden die Staaten der Industrieländer mit einer doppelten Aufgabe konfrontiert: Sie mussten einerseits versuchen, die mit der Stagnation der privaten Schuldenblase wegbrechende Nachfrage durch öffentliche Ausgaben zu ersetzen. Und sie übernahmen und übernehmen andererseits die faulen Schulden der Vergangenheit, um den Finanzsektor vor dem Zusammenbruch zu bewahren. DieseSituation konnte nur in eine eskalierenden Staatsverschuldung münden.
In der EU stiegen die Staatsschulden allein zwischen 2007 und 2009 um 1,4 Billionen Euro. Das war eine Steigerung um 20 Prozent in zwei Jahren. Die Schuldenstandsquote erhöhte sich von 59 Prozent auf 74 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Und in den Kellern der Banken lagert immer noch billionenschwerer Müll.
Angesichts dessen steht der staatliche Ausgleich privater Nachfrageeinbrüche in Europa inzwischen nicht mehr auf der Agenda. Im Gegenteil: Von Athen bis London und von Dublin bis Madrid werden rabiate Sparprogramme durchgepeitscht, die den nächsten wirtschaftlichen Einbruch auslösen dürften und die Gefahr einer Deflation, also eines Absinkens des allgemeinen Preisniveaus, heraufbeschwören. In einer Deflation allerdings werden Schulden, die ja ihren Nominalwert behalten, umso drückender und die Zinslast steigt, selbst wenn die Nominalzinsen niedrig bleiben. Zudem ist es nicht unwahrscheinlich – und für mehrere Euroländer längst Realität –, dass unabhängig von den Leitzinsen der EZB die Kapitalmärkte den Staaten aufgrund ihrer wachsenden Defizite höhere Zinsen abverlangen. Das würde das weitere Schuldenwachstum zusätzlich beschleunigen. Selbst wenn wir also von weiteren Bankenrettungen und einer fortgesetzten Übertragung fauler privater Schulden auf die öffentliche Hand absehen, ist die staatliche Finanzsituation explosiv.
Je düsterer die Wirtschaftslage wieder wird, desto wahrscheinlicher sind aber auch neue Probleme bei Banken oder Versicherungen. Irland etwa hatte jahrelang Haushaltsüberschüsse. Die Misere des irischen Staatshaushalts resultiert ausschließlich aus der Verstaatlichung der missglückten Hypothekenzockerei der irischen Banken. Auch Spaniens Staatsanleihen stehen vor allem wegen der Probleme der spanischen Banken unter Druck, die in erheblicher Größenordnung faule Kredite aus der vorangegangenen Immobilienblase in ihren Bilanzen haben. Wie selbstverständlich wird im Handel mit spanischen Anleihen eingepreist, dass der Staat im Notfall seine Banken stützen wird.
Luft aus der Vermögensblase herauslassen
Es braucht also keine prophetischen Fähigkeiten, um vorherzusagen, dass es ein »Weiter so« in der Frage der Staatsverschuldung nicht geben kann. Die Geldmaschine der Banken und drei Jahrzehnte
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