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Freitags Tod

Freitags Tod

Titel: Freitags Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kuhlmeyer
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keine Waffe.«
    »Er ist erschossen worden.«
    »Mag sein, aber nicht mit meiner Waffe. Ich habe nämlich keine. Ich hasse Waffen.«
    Mein Gott, dachte Julia, ist das zäh. »Also es war nicht Ihre Waffe. Wem gehörte sie dann?«
    »Richard. Er ging zur Jagd. Viele unserer freien Abende und Wochenenden verbrachte er damit. Ich konnte das nicht verstehen und ich mochte es nicht.«
    »Sie nahmen also seine Waffe. Und dann?«
    »Wissen Sie, ich finde die Details nicht so wichtig und wäre Ihnen dankbar, wenn wir nicht darüber reden müssten.«
    »Es wird Ihnen kaum erspart bleiben, Dr. Weiss. Man hat ihn in Ihrer Garage gefunden.«
    Dr. Weiss stellte den Becher ab. »Ja.«
    Es fiel Julia schwer, es auszusprechen. Sie zögerte, dann sagte sie: »Sein Kopf war in Ihrer Kühltruhe.«
    »Ja.«
    Stille, nur ein leises Knacken.
    »Warum?«
    Die Frau hob die Schultern. »Ich wollte ihn behalten.«
    Ein Zischen, dann ein Klopfen, Julia zuckte zusammen.
    »Ich liebte seinen brillanten Kopf. Aber er hatte so ein eisiges Herz.«
    Endlich das wohlige Geräusch von zirkulierendem Wasser, die Heizung war angesprungen.
    »Ich habe nur das eine von dem anderen getrennt.«
     
    Ostendarp wartete, bis Julia fortfuhr. »Die Fotos von der Leiche habe ich ein paar Stunden später gesehen. Sie werden sich denken können, was das für ein Anblick war. Mein lieber Kollege kannte meinen Abscheu vor solchen Bildern und neckte mich mit Vorliebe damit.«
    »Sie fanden das nicht komisch.«
    »Nein. Ich schämte mich. Ich schäme mich bis heute dafür, nicht in der Lage zu sein, mich mit diesen Dingen zu konfrontieren.« Noch nie hatte Julia in dieser Offenheit darüber gesprochen. Mit wem auch? In ihrer früheren Dienststelle in Düsseldorf hatten sich die Kollegen lustig gemacht über ihre Empfindlichkeit.
    »Ich bin sicher nicht der Mann, der Ihnen Rat geben kann, nur den einen vielleicht doch. Ich würde es für mich behalten. Und von mir erfährt auch keiner etwas davon. Wer befasst sich schon mit einem senilen Alten, der nicht von seinem Beruf lassen kann?«
    Julia war Ostendarp dankbar, dass er zugehört hatte und nicht mit dem Polizeipsychologen anfing.
    Es piepte leise, dreimal.
    »Oh, Zeit für meine Tabletten«, sagte Ostendarp. »Würden Sie mir das Kästchen herüberreichen?«
    Julia stand auf und brachte es ihm.
    »Und nehmen Sie sich den Umschlag, der darunter liegt. Das sind die Kopien.« Er öffnete ein Kläppchen und ließ eine Reihe von Pillen und Tabletten in die Hand kullern.
    »Was stehen Sie da rum? Nun gehen Sie schon. Haben Sie denn nichts zu tun?«
    Julia löste sich allmählich aus ihren Gedanken.
    »Ja klar, habe ich. Danke. Also. Tschüss dann.« Sie drehte sich um.
    »Und kommen Sie wieder«, rief Ostendarp ihr nach, bevor sie die Tür schloss.

Claire
    Dunst lag über den Feldern, kniehoch stand der Weizen. Eine Weile gingen wir schweigend nebeneinander her. Der Weg war so schmal, dass wir uns fast berührten. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wo wir uns befanden. Gegen meine Gewohnheit hatte ich weder Karte noch Navi dabei, vielmehr hatte ich es Tom überlassen, wie wir zur nächsten Werkstatt fanden. Und nun waren wir hier, wo auch immer »hier« war. Durch das endlose Grün schlängelte sich der Weg hin zum Horizont. In der Ferne ragte ein Baum in den milchigen Himmel, der einzige Orientierungspunkt. Gute zwei Stunden waren wir unterwegs. Die Hitze lastete immer drückender auf mir. Ich blickte zur Seite und musterte Toms Profil, seine gerade Nase, das markante Kinn; er sah blass und angestrengt aus, aber er sagte nichts, genauso wenig wie ich, dabei hätte ich gern eine Pause gehabt. Früher war ich eine passable Läuferin, früher, bevor die Arbeit in der Werkstatt, die mein Leben zwischen anderer Leute Autos pferchte, mich an mein leeres Elternhaus festgezurrt hatte. Nun, das alles war nun vorbei.
    »Willst du was trinken?«
    »Eine eisgekühlte Coke bitte, wenn du die in deiner Handtasche findest.«
    Ich kramte und reichte ihm ein Fläschchen mit lauwarmem Wasser. Er nahm es, trank, ohne stehen zu bleiben.
    »Wie wäre es mit einer Pause.«
    »Wir haben noch ein ganzes Stück vor uns. Ich darf dich daran erinnern, dass es deine Idee war, zu Fuß zu gehen.«
    Er brauchte mich nicht daran zu erinnern. Ich nahm die Flasche und leerte sie. Ich sagte nicht, »du hättest ja nicht mitkommen müssen«, so was führte zu nichts. Ich wollte mich nur einen Moment ausruhen.
    »An dem Baum dort setze ich mich ins Gras

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