Freitags Tod
wenn die Kollegen in den Zimmern gerade nicht aufblickten. Das Zimmer von Stefan Fels war leer. Die entgegenkommenden Polizisten schauten den beiden belustigt nach. Schließlich schlüpften sie in Conrads Büro. Der wischte sich den Schweiß von der Stirn und sagte: »Geschafft.«
Sammys Augen leuchteten. »Und was machen wir jetzt?«
Aus der untersten Schublade seines Schreibtisches holte Conrad Malstifte und Papier hervor.
»Am besten du setzt dich eine Weile her und malst.«
Sammy zog ein Gesicht. »Ich habe schon gemalt heute.«
»Ich muss nur kurz zur Dienstbesprechung, und dann fahren wir nach Hause. Einverstanden?«
»Wie lange ist kurz?« Sammy hatte schlechte Erfahrungen mit »kurz«.
»Eine halbe Stunde vielleicht.«
»Wie lange ist das?«
Conrad sah auf die Uhr. Halb fünf. Es würde ganz sicher länger als eine halbe Stunde dauern, bis sie die bisherigen Ermittlungsergebnisse zusammengetragen hatten. Er blickte auf Sammys Haar hinab. Was sollte er machen?
»Bis gleich.« Conrad wuschelte durch Sammys Schopf. Die Hand bereits auf der Klinke liegend, drehte er sich noch einmal um. Der Junge beugte sich übers Papier und tat nichts. Die Tür wurde aufgedrückt, und Sven steckte seinen Kopf durch den Spalt.
»Wo bleibst du?«
»Ich komme.«
»Hi, Sammy.« Sven trat ein. »Ich bin noch nicht ganz so weit. Noch ein paar Minuten, dann habe ich alles ausgedruckt«, wandte er sich an Conrad. Er streckte die Hand aus und zeigte auf Sammy. Conrad hob die Schultern.
»Willst du mit, Sammy?«
»Wo denn hin?«
»Ich zeige dir, wie man am Computer malen kann.«
»Malen ist doof.«
»Aber nicht am Computer. Meiner hat auch ein Spiel.«
»Was denn für eins?« Sammy schaute interessiert auf.
»Eins, das du noch nicht kennst.«
Sammy rutschte vom Stuhl.
»Du hast Computerspiele für Fünfjährige, ja?« Conrad hatte seine Zweifel.
»Ich war auch mal fünf.« Sven grinste ihn an und ließ sein Gebiss sehen.
»Meinetwegen. Aber keine Kanonen, keine Frauen und keine Aliens.«
»Versprochen!«
Auf dem Gang kam Conrad Stefan Fels entgegen, als Sven gerade mit Sammy in sein Büro abbog. Conrad atmete auf.
Stefan Fels mochte die fünfzig knapp überschritten haben, so genau ließ der kleine, rundliche Mann das niemanden wissen. Schweißperlen glänzten auf seiner hohen Stirn, die er mit dem wenigen Resthaar zu verdecken suchte. Es hieß, er habe eine Weile im Krankenhaus zubringen müssen, als er für Wochen nicht zum Dienst erschienen war. Herzinfarkt, munkelte man. Seitdem war er ausschließlich im Innendienst tätig gewesen, obwohl er die Karriereleiter ein paar Sprossen höher gefallen war.
»Und, habt ihr schon was?«
»Kommst du zur Dienstbesprechung?«, fragte Conrad.
»Leider nicht. Ich muss der Presse etwas erzählen. Sag mir Bescheid, wenn ihr soweit seid.«
Was Stefan Fels auszeichnete, er mischte sich nicht ein, wenn es nicht sein musste, und er stand für seine Truppe ein.
»Ich könnte ein paar Hände mehr gebrauchen, Stefan.«
Der Dienststellenleiter hob seine eigenen Hände, zwei Schaufeln wie die eines Maulwurfs. »Ich habe zwei, und die sind beschäftigt. Nichts zu machen.«
Conrad winkte ab, er hatte es sich gedacht.
Stefan Fels grüßte und wollte weiter. »Ach …«, sagte er und drehte sich noch einmal um. Das Klingeln von Conrads Telefon schnitt ihm das Wort ab, und er hob nur seine rechte Maulwurfsschaufel und ging davon.
»Ja?« Conrad hielt sich das Handy ans Ohr und strebte dem Besprechungsraum zu.
»Mama, was gibt’s?« Das fehlte ihm gerade noch.
»Ich habe dich nicht angerufen, weil heute nicht dein Geburtstag ist.«
Im Besprechungszimmer waren fast alle versammelt, alle bis auf Sven. Also eigentlich Julia, und nun er. Drei Leute für einen Mordfall wie diesen, keine Sonderkommission, alles musste in der normalen Alltagsroutine geschehen.
»Nein, Mutter. Heute ist nicht der vierundzwanzigste Juni. Der ist erst … Verdammt, sieh doch auf den Kalender.« Conrad schwankte ungeduldig mit dem Oberkörper. »Ich hab zu tun.« Er schwieg einen Augenblick. »Ja, ich habe immer zu tun. Ich ARBEITE!« Er fühlte, wie sein Gesicht heiß wurde und ihm der Schweiß ausbrach, hörte, wie seine Stimme laut wurde, sagte noch »nein« und »ja«, legte auf und krachte das Handy auf den Tisch.
»Gute Laune?« Julias Hand stoppte das Gerät, das über den Tisch schlitterte.
»Ja.« Conrad pflanzte sich auf einen Stuhl. »Sven kommt gleich. Er will noch ein paar Sachen
Weitere Kostenlose Bücher