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Freitags Tod

Freitags Tod

Titel: Freitags Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kuhlmeyer
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schon«, sagt er und fummelt am Schloss. Im Inneren des Schuppens blinzelt eine Glühbirne. Zwei Ruderboote, eine Werkbank, eine alte Matratze in der Ecke.
    »Ist nichts Besondeers.« Tom steht mitten im Raum und sieht sich um. »Das ist kein Platz für dich. Vielleicht solltest du dem Bullen doch alles sagen. Dann sorgen sie für dich und das Baby.«
    »Und ich gehe für Jahre in den Knast.« Sie wirft den Rucksack auf die Matratze.
    »Du doch nicht. Du warst es doch nicht.«
    »Und mein Kind? MEIN Kind!« Ihre Stimme klingt hoch und laut und falsch.
    »Sei nicht so verdammt egoistisch, Sophie.«
    »Bin ich nicht. Nicht wie deine Mutter.«
    »Lass meine Mutter aus dem Spiel. Das war eine andere Zeit. Sie wollte weg. Deshalb war sie in Bautzen.« Toms Stimme knirscht.
    »Und du im Heim.«
    »Hör auf damit.« Laut. Es ist laut. Viel zu laut! Dann Stille, nur sein Atem.
    »Geh hin und sag ihnen alles. Sag ihnen genau, wie es war. Dann hast du nichts zu befürchten. Bestimmt nicht.«
    Niemals! Toms Augen sind jetzt schwarz. Das Schwarz macht ihr Angst. Die Angst macht Hass.
    Tom kommt zu ihr und legt den Arm um ihre Schulter. Eisklammer. Über die rechte Schädelhälfte krabbeln die Ameisen. Die kennt sie. Sie beulen ihr rechtes Auge. Bunte Zacken, Blitze. Bald kommt der Schmerz. Sophie zieht den Reißverschluss ihres Rucksacks auf. Das Messer. Es hat eine schwarze Klinge.

23
    Henry Freitag war von der Zelle im Coesfelder Präsidium, in dem er die letzte Nacht verbracht hatte, ins Untersuchungsgefängnis gebracht worden. Er hatte während der Vernehmungen kein weiteres Wort mehr gesagt. Auf Julias Frage, ob er in seinem Bericht nicht ein Detail ausgelassen habe, schüttelte er nur den Kopf. Das half ihr auch nicht weiter, denn sein Schweigen konnte vielerlei bedeuten. Nach Henrys Geständnis hatte Julia überlegt, ihn einfach nach Hause zu schicken. Ein Anruf in der Klinik aber hatte ergeben, dass Henry einen vierwöchigen Urlaub beantragt und genehmigt bekommen hatte. Fast arglos antwortete Henry auf die Frage, wohin es denn gehen solle: »Nach Sotschi.« Das Risiko, dass er sich irgendwohin absetzte, war natürlich zu groß. Und tatsächlich wurden zwei Flugtickets ans Schwarze Meer in Henrys Schreibtisch entdeckt, als Beamte die Wohnung des Verdächtigen durchsuchten.
    »Zwei?«, fragte Julia. »Nehmen Sie Ihre Freundin mit?« Darauf hatte Henry keine Antwort gegeben, sondern nur schweigend die Tischplatte gemustert.
    Julias Zweifel begannen zu bröckeln. Aber es gab noch einiges zu tun. Morgen würde die KTU ihr endlich sagen können, ob das Messer, das Henry mitgebracht hatte, die Tatwaffe gewesen sein konnte. Bis dahin blieb Henry in Haft, so sehr Julia das auch missfiel.
    Abwesend räumte sie ihren Schreibtisch auf und schaltete den Computer aus. Ihr Nacken schmerzte. Conrad trieb sich irgendwo in Brandenburg herum und ließ sie mit der ganzen Arbeit allein. Wahrscheinlich machte er sich ein paar schöne Tage und kam braungebrannt und gut gelaunt zurück. Toller Ermittlungsleiter. Sie hätte sich so etwas nie erlaubt. Möglich, dass sie mit der Annahme, dass Eck der Täter war, falsch lag. Das würde man feststellen, und zwar im Zuge akribischer Untersuchungen und nicht durch sinnlosen Aktionismus. Der Anflug eines schlechten Gewissens blieb. Hatte sie doch nicht Recht behalten. Und Ostendarp hatte sich auch geirrt. Ostendarp. Den musste sie besuchen und ihm von der Entwicklung des Falls erzählen, schließlich hatte er sich sehr engagiert. Aber nicht heute. Heute auf keinen Fall mehr. Heute würde sie eine Entspannungs-CD einlegen, sich ein, sich zwei Gläser Sekt gönnen und in die Badewanne steigen. Julia nahm ihre Handtasche.
    Plötzlich Stimmen, Rufe, dazwischen Poltern vom Flur, dann ein lauter, hoher Schrei, der ihr eine Gänsehaut über den Körper trieb. Sie riss die Tür auf. Zwei Uniformierte versuchten, eine kleine, graue Gestalt festzuhalten. Aber die Frau wehrte sich, schrie und schimpfte aus Leibeskräften. Julia erkannte sie und rannte auf sie zu. Das Haar stand ihr wirr vom Kopf ab und das unvermeidliche Leinenkleid wies einen Riss am Ausschnitt auf.
    »Frau Freitag.« Julia sah ihr ins Gesicht, doch der Blick ging ins Leere.
    »Kennen Sie sie?«, fragte einer der Beamten, während er versuchte, die Hände der Freitag zu fixieren, ohne ihr allzu viel Schmerz zuzufügen.
    »Lassen Sie mich los, Sie Penner«, keifte die Frau.
    »Sie wollte zu Ihnen und ist einfach durchmarschiert. Ich hab ihr

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