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Freitags Tod

Freitags Tod

Titel: Freitags Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kuhlmeyer
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mir nicht vorstellen, dass Tom seinen Vater umgebracht haben könnte. Warum sollte er? Jahre hatte er ihn nicht gesehen, hatte ihn kaum gekannt, wie er sagte. Und wenn es nicht wahr war, das, was er sagte? Wenn er alles erfunden hatte, um … Ja, warum eigentlich? Ich schüttelte den Kopf. Das war ausgemachter Unsinn.
    »Am letzten Freitag habe ich ihn in seinem Laden getroffen.«
    ch überlegte. »Nach neun, halb zehn vielleicht.«
    »Was haben Sie da getan?«
    »Was glauben Sie? Ich wollte etwas kaufen natürlich.«
    »Warum ausgerechnet dort?«
    »Kennen Sie sich in der Gegend aus? Dann ist Ihnen eventuell entgangen, dass es nicht allzu viele Möglichkeiten gibt, etwas einzukaufen. Ich war unterwegs und brauchte ein paar Dinge, die man eben so braucht, deshalb hielt ich. Und da war Tom.«
    »Sie hatten ihn nie zuvor gesehen?«
    »Nein! Was glauben Sie? Eben haben Sie mich doch gefragt, seit wann ich ihn kenne.« Was wollte der Typ von mir?
    »In der kurzen Zeit haben Sie sich aber ziemlich gut kennengelernt.«
    »Was meinen Sie?«
    »Ich will damit sagen, dass es schon merkwürdig ist, wie intensiv sich ein völlig fremder Mensch um Sie kümmert.«
    »Tut er das?« Völlig fremd ist er mir in den wenigen Tagen nicht geblieben, dennoch hatte er irgendwie Recht. Noch nie hatte ich einen Mann so intensiv gespürt, solch eine Verbundenheit empfunden, die sich auf so wenig Gemeinsames gründete.
    Böse gab keine Antwort, sondern fragte weiter. »Wann haben Sie Tom Sebald zum letzten Mal gesehen?«
    »Am Montag.« Sah ich ihn im Rückspiegel, wie er mir zuwinkte und immer kleiner wurde, fügte ich für mich hinzu. Schwester Hannelore trat ein, stellte das Plastikschälchen mit den Tabletten ab und schüttelte mein Kissen auf. Ihre grauen Locken sollten wieder einmal den ordnenden Händen eines Friseurs anvertraut werden. Sie warf mir einen ihrer strengen Blicke zu, sagte aber nichts und ging wieder.
    »Wann genau am Montag?«, fragte Böse.
    »Es mag am Nachmittag gewesen sein, genau weiß ich es nicht mehr. Ich wollte los. Ich wollte weiterfahren, nachdem ich das Wochenende bei Tom verbracht hatte. Aber dann kam der LKW.«
    »Sie sind das ganze Wochenende bei einem Mann geblieben, dem Sie nie zuvor begegnet waren?«
    »Hören Sie. Ich bin über achtzehn, Sie sind nicht mein Vater, und ich habe kein Keuschheitsgelübde abgelegt. Ich weiß nicht, was Sie das angeht.«
    Die Worte waren lauter und vehementer über meine Lippen gekommen, als ich gewollt hatte. Dabei war mir genau das auch die ganze Zeit durch den Kopf gegangen. Was, zur Hölle, band mich an einen drogensüchtigen Biologieabsolventen, der sein Leben mit einem Laden, zwei Alten und einem Gewächshaus voller Karnivoren fristete? Was es auch war, es band mich an ihm fest, sehr fest.
    »Verzeihen Sie, Frau Di Marco. So hatte ich das nicht gemeint. Das ist natürlich Ihre Sache. Ich wollte wissen, ob Sie das ganze Wochenende zusammen waren.«
    »Ja.«
    »Und seitdem haben Sie ihn nicht wiedergesehen?«
    Plötzlich fiel mir ein, wie er kurz nach der Operation, nach dieser schrecklichen Operation, blass neben meinem Bett gesessen hatte. »Doch«, sagte ich. »Er hat mich hier besucht.«
    Böse neigte sich interessiert mir zu. »Wann war das?«
    »Auch am Montag. Irgendwann am späten Nachmittag oder abends. Ich bin nicht sicher, ich war noch benommen von der Narkose und von …« Schmerz schoss in meinen Stumpf. »Ich würde jetzt gerne meine Tabletten nehmen.«
    »Ja, klar.« Böse erhob sich. »Kann sein, dass ich Sie noch einmal befragen muss. Können Sie mir Ihre Handynummer geben, damit ich Sie erreichen kann?«
    Ich nickte, rollte mein neues Gefährt ins Zimmer und schrieb sie auf. Er legte seine Karte auf den Tisch.
    »Falls Sie mich sprechen wollen«, sagte er und verabschiedete sich. Bevor er die Tür erreichte, öffnete sie sich, und ein neues Gesicht schob sich ins Zimmer.
    »Kommst du?«, fragte ein Mann.
    Böse hob die Hand und ging. Kurz darauf kam er zurück und nahm seinen Trenchcoat mit.
    Ich rollte auf den Balkon und atmete auf. Endlich holte ich meinen Tabak aus der Tasche, drehte eine Zigarette und zündete sie an. Diesmal würde ich sie zu Ende rauchen, und wenn der Chefarzt persönlich hereinschneite. Mein Freund, der Sperling, setzte sich auf die Balkonbrüstung und schaute mir dabei zu.

26
    Nackte Füße, in Sandalen und in Highheels, blieben stehen. »Gehen Sie weiter. Das ist eine Polizeiaktion«, schnarrte eine Stimme hinter ihm.
    Ein

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