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Freitags Tod

Freitags Tod

Titel: Freitags Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kuhlmeyer
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weiterführen müssen, Frau Große. Tom Sebald ist in Haft.«
    »Tom? Ach.« Sie zog ein Höckerchen unter dem Pflanztisch hervor und setzte sich. »Was ist passiert?« Ihre Stirn legte sich in Falten. Sie sah besorgt aus.
    »Wie gut kennen Sie Herrn Sebald?« Conrad schwitzte. Lieber hätte er das Gespräch nach draußen verlegt, wo der Abend die erste Kühle herantrug.
    »Er war noch ein kleiner Junge, als er mit seiner Mutter herzog. Wir wohnten in der Nachbarschaft. Damals lebte mein Mann noch. Tom war oft allein. Seine Mutter arbeitete auf der LPG, und ich holte ihn manchmal vom Kinderhort ab, wenn sie keine Zeit hatte. Sie hatte oft keine Zeit.«
    »Welche Beziehung hatte er zu seinem Vater?«
    »Zu seinem Vater? Gar keine. Er kannte ihn nicht. Jedenfalls hat er nie von ihm gesprochen. Was sollen diese Fragen? Und was ist mit Tom?«
    »Würde es Ihnen etwas ausmachen, unser Gespräch draußen fortzuführen?«
    »Oh, nein, sicher nicht. Wenn man die Hitze hier drinnen nicht gewohnt ist, kann sie einem ganz schön zu schaffen machen.« Annelie Große sprang behände auf, wie man es ihr in ihrem Alter nicht zugetraut hätte.
    »Gehen Sie schon vor. Ich muss noch das Wasser abstellen und die Tür absperren.«
    Draußen atmete Conrad auf. Nahe beim Haus auf einem gepflasterten Geviert stand ein Tisch mit zwei Bänken. Annelie Große bot ihm Wasser an, schlüpfte durch den Hintereingang ins Haus und kam mit einer Flasche und zwei Gläsern zurück, dann setzte sie sich zu ihm. »Was ist denn jetzt mit Tom? Geht es um seine Drogen?«
    Conrad nahm einen tiefen Zug aus seinem Glas und fühlte sich unmittelbar erfrischt. »Sie wissen davon?«
    »Er nimmt nicht viel davon. Aber über die Jahre konnte er es nicht geheim halten, und einmal hatte er sogar einen Prozess vor Gericht deswegen.«
    »Sie sind oft mit ihm zusammen, nicht?«
    »Seit seine Mutter tot ist. Irgendjemand musste sich ja um den Jungen kümmern.« Annelie nahm ihr Kopftuch ab und knetete es in den Händen. Die Frau machte sich offenbar wirklich Sorgen um Sebald. Einiges schien Tom ihr dennoch nicht anvertraut zu haben .
    »Der Vater von Herrn Sebald ist ermordet worden.«
    Annelie riss die Augen auf. »Und Sie glauben, dass es Tom war?«
    »Nein. Eigentlich nicht. Wir ermitteln natürlich in alle Richtungen. Ein Motiv allerdings hätte er schon.«
    »Und das wäre?« Die Unterarme auf den Tisch gestützt, schob die Frau ihr Kinn nach vorn.
    Conrad entschied sich zunächst für eines der beiden Tatmotive. »Er wollte Sophie Freitag vor ihrem Vater schützen. Wo war er übrigens in der Nacht von Donnerstag auf Freitag?«
    »Letzte Woche?«
    »Ja, letzte Woche.«
    »Lassen Sie mich überlegen ... Donnerstag, das war doch der 20. Mai, das war Lothars Geburtstag. Der hat groß gefeiert, und Tom hat ihn beliefert, noch spät am Abend, als denen die Getränke ausgegangen sind.« Annelie entspannte sich. »Sophie Freitag ist verrückt.«
    »Sie kennen sie?«
    »Nicht gut. Aber gut genug. Sie ist ein paar Mal hier gewesen, wenn sie zu Hause ausgebüchst war. Behauptet sie etwa, Tom hätte seinen Vater ermordet? Dann lügt sie. Sie lügt überhaupt.«
    Nun war es an Conrad, zu staunen. Dass Sophie hier Zuflucht gesucht hatte, hatte Tom nicht erwähnt.
    »Na ja«, räumte Annelie ein und strich sich eine Strähne hinters Ohr, »... wissen Sie, ich mag sie einfach nicht, obwohl sie wirklich arm dran ist.«
    »Was meinen Sie damit?«
    Annelie erzählte von den Misshandlungen, die die junge Frau hatte über sich ergehen lassen müssen. Nichts Neues für Conrad, obgleich er sich wunderte, dass Annelie davon wusste. Dann fragte sie: »Wo ist sie überhaupt?«
    »Genau das ist der Punkt. Wir wissen es nicht. Und hoffen, Tom wird es uns verraten, wenn er genug hat von seiner Inhaftierung. Wann haben Sie Sophie Freitag zum letzten Mal gesehen?«
    Nach einem Schluck aus ihrem Glas legte Annelie einen Finger an die Schläfe. »Gestern. Sie kam am späten Vormittag an. Muss ziemlich früh in Coesfeld losgefahren sein.«
    »Haben Sie vielleicht eine Vermutung, wo sie sich aufhalten könnte?«
    Wieder legte Annelie einen Finger an die Schläfe, eine Gewohnheit, die ihr nicht bewusst zu sein schien. »Tom hat …«
    Conrads Telefon klingelte. »Böse.« Wolf Seidel. Er war gerade informiert worden, dass eine Streife bereits heute Vormittag – die Meldung schien durch den Schichtwechsel verschlampt worden zu sein – den hellblauen Mazda von Sophie Freitag unweit des Bahnhofes

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