Freiwillig Fräulein: Roman (German Edition)
redest du?«
Er sah mich ungläubig an. »Du hast doch heute die Prüfung für deinen Waffenschein, oder?«
»Oh, Mist. Das hatte ich ganz vergessen.« Ich blickte auf die Uhr. Es war halb neun. »Ich muss los. Um neun soll ich dort sein.«
»Viel Glück.« Er ging über den Bürgersteig zurück. »Sag mir Bescheid, wie es gelaufen ist, ja?«
Ich drückte den Abzug und feuerte mit meiner SIG 9 mm die letzte meiner fünfzig Patronen geradewegs in die Brust des Papierumrisses. Eine Woge der Zufriedenheit breitete sich in mir aus. Ich konnte ganz gewiss auf mich aufpassen, wenn es nötig sein sollte.
»Sieh so aus, als wäre der Apfel nicht weit vom Stamm gefallen«, meinte der Prüfer, als ich meine Ohrstöpsel herausgenommen hatte. »Dein Dad war immer der beste Schütze in der Abteilung.«
Ich lächelte ironisch. »Naja, er hat immer dafür gesorgt, dass ich eine Menge Training hatte.«
»Das glaube ich gerne. Nun, jedenfalls hast du mit Bravour bestanden. Deinen Waffenschein kriegst du mit der Post, in ungefähr drei Wochen.«
»Toll.« Ich reinigte meine Pistole und legte sie in den Koffer zurück. Die Vorstellung, als alte Jungfer durchs Leben zu gehen, machte mir mit einer Waffe in der Hand nicht mehr so viel aus. Welche Frau braucht schon einen Mann, wenn sie eine Pistole hat?
»Grüß deinen Dad von mir«, rief mir der Prüfer hinterher, als ich den Schießstand verließ.
»Ja, mach ich.«
Auf dem Nachhauseweg dachte ich weiter darüber nach, dass diese Alte-Jungfer-Geschichte eine gute Sache für mich sein könnte. Ich war es so leid, eine Frau zu sein, die auf andere angewiesen war und sich immer Sorgen darum machte, was andere Leute dachten. Hatte ich mir nicht schon selbst bewiesen, dass ich das gar nicht nötig hatte? Schließlich hatte ich einen Buchladen eröffnet und konnte zweifelsfrei auch mit einer Waffe umgehen. Ich war glücklich mit meinem Leben so wie es war und wenn ich so weitermachte, wäre das doch sicher Beweis genug, dass ich stark war, oder?
Ich fuhr auf direktem Weg nach Hause, verstaute meine Pistole und wusch mich, bevor ich zur Arbeit aufbrach. Schießen ist immer eine schmutzige Angelegenheit. Ich brauchte nicht lange, um mir das Schießpulver von den Händen zu waschen, mich umzuziehen und zum Buchladen zu fahren. Die Glocke über der Tür klingelte, als ich eintrat, und Kathy sprang hinter der Ladentheke hervor.
»Na, wenn das nicht Dirty Harriet ist!«, rief sie. Dann lachte sie. »Ich habe den ganzen Vormittag darauf gewartet, das loszuwerden.«
»Sehr witzig, Kathy. Du bist wie immer zum Brüllen.«
»Jetzt aber im Ernst: Wie ist es gelaufen?« Sie setzte sich wieder hinter die Theke, während ich meine Sachen verstaute.
»Kein Problem. In ungefähr drei Wochen hab ich meinen Waffenschein.«
»Ich weiß nicht, mir gefällt der Gedanke nicht, dass du mit einer Waffe herumläufst, vor allem, wenn deine Mutter in der Nähe ist.« Sie brach in schallendes Gelächter aus und schlug sich vor Vergnügen aufs Knie.
Ich stemmte die Hände in die Hüften. »Hast du den ganzen Vormittag damit zugebracht, dir witzige Bemerkungen auszudenken?«
»Kann man so sagen. Zwischendurch hab ich aber auch die Ankündigungen für den Sonderverkauf angebracht.«
»Na, da bin ich aber froh, dass du dich heute Morgen wenigstens ein bisschen nützlich gemacht hast«, neckte ich sie.
Der Rest der Woche verging wie im Fluge. Kathy und ich waren die meiste Zeit damit beschäftigt, Inventur zu machen, um dann unsere Bestände aufzustocken. Am nächsten Wochenende würden wir zu dem Kongress aufbrechen und außerdem wollten wir im Buchladen eine neue Abteilung einweihen, die ganz den Romanen von Nancy Drew gewidmet war. Ich hatte sogar vor, meine seltenen Nancy-Drew-Ausgaben aus dem Safe zu holen, um sie den Kindern bei unserer Vorlesestunde zu zeigen.
Von Brian sah ich nicht viel. Entweder hatte er viel zu tun oder Delilah nahm seine gesamte freie Zeit in Beschlag. Ich gab mir Mühe, mir deswegen keine Gedanken zu machen, doch ziemlich schnell wurde daraus eine bohrende Sorge, die sich in meinem Hinterkopf festsetzte.
Am Freitag beschlossen Kathy und ich, das Ende unserer anstrengenden Arbeitswoche gebührend zu feiern. Wir fuhren nach Dallas in ein italienisches Restaurant und danach gingen wir Salsa tanzen. Komischerweise gelang es mir beim Tanzen immer, meine übliche Ungeschicklichkeit abzulegen. Der Abend war ein voller Erfolg, und an Männern, die uns anbaggerten, herrschte auch
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