Fremd fischen
Leute machen Fehler, vor allem, wenn sie breit sind. Denk doch an mich und Brandi mit i.»
« Ja, wahrscheinlich. Trotzdem …»
Ethan stößt einen Pfiff aus und macht eine nahe liegende Feststellung.«Darcy würde ausflippen, wenn sie es wüsste.»
Jemand ruft auf meiner zweiten Leitung an.«Musst du rangehen?», fragt Ethan.
« Nein. Der AB geht dran.»
« Bist du sicher? Es könnte dein neuer Freund sein.»
« Frag dich mal, ob du mir wirklich eine Hilfe bist», sage ich, aber ich bin doch erleichtert, dass er mir keine Moralpredigt hält. Das ist zwar nicht Ethans Stil, aber man weiß nie, wann jemand den Moralapostel herauskehrt. Und dazu bestände jede Menge Anlass, zumal wenn man bedenkt, dass Darcy auch seine Freundin ist. Sie steht ihm zwar nicht so nah wie ich, aber sie reden doch hin und wieder miteinander.
« Sorry. Sorry.»Er gluckst.«Okay. Nur noch eine wesentliche Frage.»
« Nämlich?»
« War es gut?»
« Ethan! Ich weiß es nicht. Wir waren betrunken!»
« Dann war es nur so hingehudelt?»
« Hör auf, Ethan!», sage ich, als dächte ich nicht über die Einzelheiten nach. Aber gleichzeitig huscht mir ein Schnappschuss von DEM ZWISCHENFALL durch den Kopf: meine Finger, in Dex’ Rücken gepresst. Vor meinem geistigen Auge ist es ein makelloses Airbrush-Bild, und nichts daran ist hingehudelt.
« Und hast du seitdem mit ihm gesprochen?»
Ich erzähle ihm von dem Wochenende auf Long Island und meinem Date mit Marcus.
« Nette Idee. Greifst dir seinen Freund. Wenn du Marcus jetzt heiratest, könnt ihr einen Swingerclub aufmachen.»
Ich ignoriere ihn und erzähle einfach weiter – von der Fahrt zum Bus und von gestern Abend, und ich gebe ihm eine Inhaltsangabe der E-Mail.
« Wow. Scheiße. Und … empfindest du auch was für ihn?»
« Ich weiß nicht», sage ich. Aber ich weiß, die Antwort ist Ja.
« Die Hochzeit findet aber immer noch statt?»
« Ja», sage ich.«Soweit ich weiß.»
« Soweit du weißt?»
« Ja. Sie findet statt.»
Schweigen. Er lacht nicht mehr, und mein schlechtes Gewissen ist in voller Stärke zurück auf dem Plan.
« Was denkst du jetzt?»
« Ich frage mich gerade, wie es für dich weitergehen soll», sagt er.«Was wünschst du dir? Ist es ’ne Laune, oder möchtest du, dass er die Hochzeit absagt?»
Bei dem Wort Laune zucke ich zusammen. Es ist alles andere als eine Laune, aber gleichzeitig will ich wohl nicht, dass er die Hochzeit absagt. Ich kann mir nicht vorstellen, Darcy so etwas anzutun.«Ich weiß es nicht. Ich bin nicht sicher.»
« Hmm … Hat er denn seine Verlobung überhaupt erwähnt?»
« Nein, eigentlich nicht.»
« Hmm.»
« Was denn? Was meinst du mit ‹hmm›?»
« Ich meine, ich finde, er sollte den ganzen Scheiß abblasen.»
« Meinetwegen?»Ich kriege einen Knoten im Magen, wenn ich mir vorstelle, ich könnte dafür verantwortlich sein, dass Darcys Verlobung platzt.«Vielleicht hat er bloß kalte Füße?»
Ich merke, dass meine Stimme sich hoffnungsvoll hebt, als ich mir vorstelle, dass er vielleicht nur kalte Füße hat. Warum möchte ein Teil meiner selbst, dass es so einfach ist? Wie kann es sein, dass ich in seiner
Nähe ein solches Kribbeln verspüre, dass seine E-Mail mich so tief berührt und dass sich ein Teil von mir irgendwo wünscht, dass er Darcy heiratet?
« Rach …»
« Ethan, ich weiß, was du sagen willst.»
Ich weiß nicht genau , was er sagen will, aber sein Tonfall lässt mich ahnen, dass es etwas damit zu tun hat, wo die ganze Sache enden wird, wenn ich die Unterlassungsverfügung nicht akzeptiere. Dass irgendwie alles in die Luft fliegen wird. Und dass jemand – höchstwahrscheinlich ich – dabei verletzt werden wird. Aber ich will das alles nicht von ihm hören.
« Okay. Sei halt vorsichtig. Lass dich nicht erwischen. Scheiße.»
Ich höre, wie er wieder lacht.
« Was denn?»
« Ich dachte bloß gerade an Darcy … Irgendwie ist es eine Genugtuung.»
« Inwiefern?»
« Ach, komm. Versuch nicht, mir zu erzählen, dass es dir im Grunde deines Herzens nicht auch ein bisschen Spaß macht, ihr eins auszuwischen. Das ist doch so was wie poetische Gerechtigkeit. Darcy ist jahrelang über dich hinweggetrampelt.»
« Wovon redest du da?»Ich bin ehrlich überrascht, dass er unsere Freundschaft so beschreibt. Ich weiß, dass ich mich in letzter Zeit öfter über sie geärgert habe, und ich weiß auch, dass sie nicht immer die selbstloseste aller Freundinnen war, aber ich habe nie empfunden, dass
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