Fremd flirten Roman
zum Versinken einlud. Von dem Dreisitzer sah man direkt in den Garten, und von dem mächtigen Ohrensessel, der so groß war, dass man darin zu zweit liegen konnte, schaute man direkt auf den verzierten Kamin, auf dessen Sims einige Buddha-Figuren, Teelichte und kleine Vasen mit einzelnen Blumen standen.
Vor der Couchlandschaft befand sich ein alter Couchtisch, auf dem Jagd- und Polomagazine ausgelegt waren. Ja, hier verkehrte eindeutig die Oberschicht, was auch die Buchtitel in den eingebauten Regalen widerspiegelten: englische Prosa, Interieurbildbände, Atlanten und Lexika mit Goldrand.
Anne legte sich auf das Sofa und streckte erleichtert die Beine aus. »Tut das gut! Die Kinder sind so aufgekratzt und überdreht wegen der neuen Umgebung und wollen alles erkunden, nur leider komme ich mit ihrem Tempo nicht mit.«
Ich deckte sie mit der weichen braunen Sofadecke zu und versprach, mit den Kindern die Umgebung auszukundschaften, während sie schlief.
Plötzlich schreckte Anne hoch und sah mich entsetzt an. »Mist, das hab ich total vergessen! Mann, ich hab immer ein Hirn wie ein Sieb, wenn ich schwanger bin! Du musst mich unbedingt in zwei Stunden wecken!«
Was konnte denn so wichtig sein, dass es sie so entsetzt aussehen ließ? Sie wohnte doch gerade mal eine Woche hier. »Mach ich gern. Was hast du denn vor?«
Anne schickte einen Blick zum Himmel. »Ich sag nur so viel: der Club der Soziopathinnen!«
Der Club der Soziopathinnen! Ich wusste, was das bedeutete!
Es handelte sich dabei um die drei Frauen von Axels Kollegen, die sich, ähnlich wie Fußballerfrauen, zusammenscharten, sich für das gesellschaftliche Leben ihrer Männer zuständig sahen und jeden, der in der Firma arbeitete und dem Kreis angehörte, dazu zwangsverpflichteten, ihren Partys, Gartenveranstaltungen und Diners beizuwohnen, ob er wollte oder nicht. Es hatte etwas Sektenhaftes, wie sie jeden in Beschlag nahmen, der in der Investmentabteilung der Bank arbeitete. Ich kannte all die Geschichten und Namen bereits aus Frankfurt, wo die Abteilung bislang ihren Sitz gehabt hatte. Jetzt war sie geschlossen nach London verlegt worden, was die weiblichen Clubmitglieder wohl erst recht anspornte, die Bande enger zu schlingen.
»Was wollen die denn hier?« Ich konnte es mir im Grunde schon denken, und Anne bestätigte meine Vermutung, indem sie antwortete:
»Na, offiziell will man mich willkommen heißen und schauen, ob es mir gut geht oder ob ich etwas brauche. Inoffiziell möchten die Damen natürlich das Haus inspizieren und an der Anzahl der Zimmer ableiten, wie wichtig Axel dem Bankmanagement ist. Natürlich interessiert es sie brennend, ob er von der Bank irgendwie bevorzugt wurde. Sie haben ja auch alle ein Haus gemietet bekommen, leider auch in Hampstead, und Margit hat sich schon beschwert, dass ihr Garten kleiner sei als der von Sabine und Ina. Sie sieht das als Affront gegen ihren Mann.«
Solche Probleme wollte ich mal haben! Diese Frauen schwammen nur so im Geld, hatten Traumhäuser in London zur Verfügung gestellt bekommen – und waren immer noch nicht zufrieden!
Ich musste an meine Eltern und ihre Wohnung denken, die sie ein Leben lang abgezahlt hatten und auf die sie so stolz waren, als wäre sie ein Schloss.
Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass ich in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen war und dank meines Berufs zwar gut leben, aber von meinem Verdienst auch keine großen Sprünge machen konnte. Auf jeden Fall würde ich mit so viel Geld meinen Mund halten, mich freuen und mich auf tausend andere Dinge konzentrieren, anstatt dem Kollegen das eine Bad, das er mehr hatte, zu neiden.
Anne, die aus einer Mittelstandsfamilie kam, hatte während des Studiums auch genug jobben müssen. Sie war sich sehr bewusst, wie hart Geld verdient werden musste. Deshalb achtete sie stets darauf, ihre Kinder nicht zu verziehen und zu verwöhnen, was schwer genug war in der Umgebung, in der sie aufwuchsen. Genug abschreckende Beispiele lieferte der Club der Soziopathinnen im Umgang mit seinen Kindern. Da gab es, wie man es sonst nur von Hochzeiten oder Jubiläen kennt, hinterlegte Listen in Spielzeugläden, in denen die bereits ausgesuchten Geschenke für die lieben Kleinen bereitlagen und man sich nur noch entscheiden musste, welches man erstehen wollte. Erlesen war auch die Kinderkosmetik-Linie, die Margits Tochter im zarten Alter von fünf benutzte.
»Keine Angst, du hast ja jetzt mich«, sagte ich aufmunternd. »Ich bring kurz meine
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