Fremd flirten Roman
könnten.
Ich musste lachen. Vicky, die den Grund für meine Erheiterung zwar nicht verstand, lachte mit, und da Leo meistens tat, was Vicky tat, gluckste auch er.
»Beautiful children!«, erklang eine angenehme Männerstimme hinter mir. Ich drehte mich um und erblickte einen wirklich gut aussehenden Mann, Marke Naturbursche, groß gewachsen, hellbraunes, von Wirbeln durchzogenes Haar, mit dunklen Augen und einem verschmitzen Grübchen-Grinsen. Eigentlich hätte er als der kleine Bruder von Ewan McGregor, nur in einer dunkleren Version, durchgehen können.
Vicky, die erst einige Stunden Englisch gehabt und die Bemerkung des Mannes nicht verstanden hatte, platzte vor Neugier. »Was hat der Mann gesagt? Hat der über uns geredet?«
»Ja, er sagte, dass ihr zwei wunderschöne Kinder seid«, klärte ich sie auf.
An der Art, wie er mit Blicken unser Gespräch verfolgt hatte, sah ich, dass er uns verstanden hatte. Er sprach bestimmt Deutsch.
Und richtig, mit einem charmanten britischen Akzent fragteder Fremde, der sich übrigens als der Besitzer des Labradors vom See entpuppte, woher aus Deutschland Vicky stamme.
»Ich komm aus Frankfurt und bin fünf!«, gab die Kleine bereitwillig Auskunft.
Er lachte. »Ich komme aus London und bin achtunddreißig!«
Vicky schien das nicht zu beeindrucken. Sie wollte viel lieber wissen, wie der Hund hieß.
»Der ›Hund‹ ist, streng genommen, eine Hündin und heißt Hazel. Und wie heißt du?« Er hatte eine natürliche Art, mit Kindern umzugehen, unprätentiös und interessiert.
»Ich heiße Victoria, aber alle sagen Vicky zu mir!«
Wo blieb nur ihr »Und du?«. Die Antwort hätte mich nämlich brennend interessiert! Wenn man normalerweise auf eines zählen konnte, dann auf Vickys niemals versiegende »Und du?«-Fragen. Doch heute stellte sie sie natürlich nicht!
Ich hatte Glück, denn der interessante Fremde sagte: »Darf ich mich vorstellen? Ich bin Edward. Ich muss Ihnen zu Ihren Kindern gratulieren.«
Glaubte er wirklich, dass Vicky und Leo meine Kinder waren? Das sah doch ein Blinder, dass wir so überhaupt keine Ähnlichkeit hatten. Na gut, sie konnten ja nach dem Vater geraten sein. Schnell, sehr schnell beeilte ich mich zu erklären, dass ich nicht die Mutter sei, sondern quasi das Kindermädchen. Die ganze Geschichte zu erzählen wäre zu kompliziert gewesen.
»So, so, die Nanny also!«, stellte er zufrieden und, wie es mir vorkam, fast erfreut fest. Ich hoffte mal, dass sich seine Zufriedenheit auf die Tatsache bezog, dass ich noch keine Kinder hatte und sozusagen verfügbar war, und nicht auf irgendwelche Fantasien seinerseits zurückzuführen war, die vielleicht um Kindermädchen kreisten.
Mir gefiel der Gedanke, einfach nur eine Nanny zu sein. DieBerufsbezeichnung Therapeutin verschreckte oft die Leute. Sie fühlten sich dann immer sofort durchleuchtet und durchschaut.
»Ja, wir sind gerade nach Hampstead gezogen. Das ist sozusagen unser erster Ausflug«, beeilte ich mich, die wichtige Information zu streuen. Er sollte wissen, dass wir keine Touristen waren, sondern ab heute hier wohnten, denn mein Bauch sagte mir deutlich, dass ich Edward gern wiedersehen würde.
»Und wie gefällt Ihnen Hampstead bisher?«
»Traumhaft, es ist traumhaft«, schwärmte ich begeistert, was Edward erfreut aufnahm.
»Wenn es Ihnen hier gefällt, dann müssen Sie unbedingt nach Brighton fahren. Sie werden es lieben!«
Ich nickte schnell und zustimmend. Ganz bestimmt hatte Edward recht.
Hazel, die frei herumtollte und gerade zu enge Bekanntschaft mit einem Boxer schloss, zwang Edward zum Weitergehen.
»Bis bald! Ich bin öfter im Park – und welcome to England «, meinte er, während er versuchte, Hazel und den Boxer zu trennen, was ihm schließlich auch gelang.
Er war schon fast außer Sichtweite, da drehte er sich noch einmal um und rief: »Wie heißen Sie eigentlich?«
»Wie heißt du eigentlich! Im Deutschen sagt man du! Ich heiße Stella!«
Zum Glück war das ein internationaler Name, den ich einer romantischen Ader meiner Eltern verdankte. Stella bedeutete Stern, und das hatte den beiden gefallen.
»Schöner Name, Stella!«, lachte er und war kurz darauf um die nächste Ecke verschwunden.
Hatte ich gerade geflirtet? Unfassbar! Ich, die nur an Konrad denken konnte, die Angst hatte, ohne ihn einsam und allein zu sterben, und die in Sachen Dating eine absolute Null war!
Es geschah nicht oft, dass mir ein Mann gefiel, doch Edward hatte mir auf Anhieb gefallen.
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