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Fremd flirten Roman

Fremd flirten Roman

Titel: Fremd flirten Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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wurden.
    Ehrfürchtig ging ich der Wärme und dem leisen Gemurmel nach und gelangte direkt in einen der Clubräume, dessen Wände mit einer bordeauxfarbenen dicken Mustertapete ausgestattet waren. Auf dem Fischgräten-Parkett lagen schwere Orientteppiche, und die verschiedenen Sitzgruppen bestanden aus massigen barocken Polstermöbeln, alle mit verzierten Holzrändern. Von den Decken hingen Kristalllüster, in denen echte Kerzen brannten. Als ich meinen Blick nach oben schweifen ließ, um die funkelnden Lüster zu bestaunen, fiel mein Blick auf die Decke, die ein unschätzbares Kunstwerk war. Aus Holz waren die aufwendigsten und kleinsten Details an Mustern, Putten und Cupido-Figuren gearbeitet. Ich bekam von einem kurzen staunenden Blick nach oben schon einen steifen Nacken. Die armen Kunsthandwerker! Sie hatten sicher jahrelang an dieser Decke gearbeitet und waren bestimmt gekrümmt wie Quasimodo aus diesem Job hervorgegangen.
    An den Sitzgarnituren hatten vereinzelt Grüppchen Platz genommen, die, mit Tee und Scones ausgerüstet, zum Trocknen die Nähe des Kamins gesucht hatten. Der war ebenfalls ein Prachtstück. Groß, offen und mit einem Sims versehen, der mit einem neckenden Liebespaar verziert war, prasselte er vor sich hin und ließ es immer wieder dezent knacken, ohne zu qualmen oder zu rußen. Gemeinsam mit den Kerzen tauchte der Kamin den Raum in ein warmes Licht. In diesem Spiel aus Licht und Schatten wirkte alles irgendwie unwirklich und schemenhaft.
    Ein süßlicher Duft, der von den frisch gebackenen Scones herrühren musste, erfüllte den Raum und machte ihn zum perfekten Ort an einem verregneten Frühlingsnachmittag in London.
    Der Clubraum nahm mich so gefangen, dass ich überhaupt nicht bemerkte, dass ich Anne und Axel verloren hatte. Die beiden waren ja schon groß genug, dachte ich bei mir, als es mir schließlich auffiel, und ließ mir von dem freundlichen Bediensteten ebenfalls eine Tasse Tee und Scones bringen. Während ich damit beschäftigt war, den Kandis umzurühren, ließ sich jemand auf dem schweren Sessel mir gegenüber nieder. Noch bevor ich aufsah, wusste ich, dass es Edward sein musste, dem es angesichts meines immer noch durchnässten und durchsichtigen Kleides sichtlich schwerfiel, den Blick von den interessanten Stellen zu nehmen.
    Schließlich sah er mir in die Augen und begann seinen Satz eindeutig zweideutig und ziemlich frech mit der Bemerkung: »Tolles Kleid!«
    Gegen meinen Willen musste ich lächeln, ich konnte ihm einfach nicht böse sein. Er atmete erleichtert auf, was ihn jedoch trotzdem nicht davon abhielt, seine Blicke immer wieder über meinen sich deutlich abzeichnenden Busen schweifen zu lassen. Nicht ganz ernst gemeint, entschuldigte er sich dafür; offensichtlich gefiel ihm nämlich das, was er sah, viel zu gut.
    Mir hingegen gefiel die Situation immer weniger. Seit ich wusste, dass Edward in festen Händen war, konnte ich sein Verhalten von vorhin und ihn selbst nicht mehr einschätzen. Eines hatte ich nämlich bestimmt nicht vor: Spielball für einen kleinen Fremd-Flirt aus Langeweile für einen Herrn Lord zu werden!
    Als Erstes verschränkte ich meine Hände vor meiner Brust, dann sagte ich aufgebracht: »Pass auf: Ich weiß nicht, was das hier soll, aber so läuft das nicht. Du bist verlobt. Ich finde deinVerhalten völlig unangebracht … Wo ist denn überhaupt deine Verlobte?«
    Getroffen schaute er nach unten und sagte erst mal nichts, was mir Zeit gab, ihn noch mal genauer zu betrachten. Das gut geschnittene Gesicht mit dem entschlossenen Kinn, der markanten Nase und den sprühenden Augen mit den gewinnenden Lachfältchen, die nach wie vor zu Boden blickten, während sich einzelne Haarsträhnen ihren Weg auf die wohlgeformte Stirn bahnten. Ja, so sah ein Lord aus! Nur der gesunde Teint passte nicht ins Bild und gab Edward dieses bodenständige Aussehen, das mir schon im Park sofort aufgefallen war. Auch wenn Edward diesen leichten, unbeschwerten, teilweise dreisten Humor besaß, wie ihn viele Engländer haben, so schien er mir doch nicht zu jener unerzogenen, leichtsinnigen und arroganten Upperclass-Clique zu gehören, die ihre Selbstverliebtheit und Arroganz oft mit der ihr antrainierten Höflichkeit zu verbergen gelernt hatte. Edward hatte Tiefgang und war zumindest meinem Empfinden nach nicht flatterhaft. Gut, auf der anderen Seite waren dies die Gedanken einer psychologisch geschulten Frau, die sich sicher gewesen war, den Mann an ihrer Seite in- und

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