Fremd flirten Roman
wie Rotkäppchensekt mit Champagner, nämlich überhaupt nichts. Weder was das Äußere noch was das Wesen anging, erinnerte Edwards Tante an die »Königin der Herzen«. Mit dem eng am Kopf anliegenden Haarknoten und den zusammengekniffenen Augen war sie eher eine blasierte englische Version von »Fräulein Rottenmeier«.
Onkel Robert war genauso widerlich wie der Ruf, der ihm vorauseilte. Arrogant und lüstern zugleich, denn selbst wenn ich nicht vorgewarnt gewesen wäre, hätte ich gemerkt, wie er dem Hausmädchen, das den Tee servierte, in den Ausschnitt starrte. Und sogar vor Gästen machte er keinen Halt, wie ich bemerkendurfte. In einem Moment, in dem er sich unbeobachtet glaubte, stieß er Edward anerkennend an, den Blick auf mich gerichtet. Wenn Diana nicht im Zimmer gewesen wäre, hätte er bestimmt durch die Zähne gepfiffen.
Edward, dem das Verhalten seines Onkels offensichtlich peinlich war, überging die Situation schnell. Überhaupt fand ich ihn in der Gegenwart seines Onkels und seiner Tante sehr verändert. Er hatte einen undurchdringlichen Gesichtsausdruck und behandelte beide sehr kühl, fast abweisend, so, als duldete er sie nur auf Rouseham. So kannte ich ihn gar nicht, und die ansonsten so warmen, offenen Gesichtszüge wurden hart und distanziert, was die Stimmung nicht gerade aufheiterte. Zu allem Übel nahm mich seine reizende Tante Diana ins Kreuzverhör. Da sie alle Kontakt mit Zicky hatten, musste ich an meiner Kindermädchenrolle festhalten, was Edwards Tante ein Dorn im Auge war.
Zwar fragte sie gespielt höflich nach: »Was macht denn ein Kindermädchen den ganzen Tag?« (ja, was wohl?), und heuchelte Interesse, aber die eigentliche Frage, die die ganze Zeit unausgesprochen mitschwang, war: Und was zum Teufel machst du hier bei Edward?
Ich glaube, sie hätte weniger Probleme gehabt, wenn ich Edwards heimliche Mätresse gewesen und unsichtbar im Hintergrund geblieben wäre. Der eigentliche Skandal in ihren Augen war, dass Edward mich für gesellschaftsfähig hielt und kein Problem damit hatte, mich zum Tee mit der Familie einzuladen.
Gut, wenn ich ehrlich war, mal die englische Adels-Etikette außer Acht ließ und die Situation ganz objektiv betrachtete, war es vielleicht wirklich komisch, dass ein Mann, der verlobt war, plötzlich seiner Familie eine »neue gute Freundin« präsentierte. Aber um diesen Aspekt ging es der Tante nicht, wie ich spürte, sondern nur um die Etikette.
Falls sich Liz und seine Mutter auch wunderten, ließen sie sich nichts anmerken. Im Gegenteil, Liz, die rechts von mir saß, unterhielt sich lebhaft mit mir und versuchte, die steife, förmliche Kaltfront seitens der Verwandtschaft abzuschmettern.
»Was macht Chloe eigentlich heute? Kommt sie denn nicht vorbei, das entzückende Geschöpf? Stella, kennen Sie Edwards Verlobte Chloe?«, richtete Diana zuckersüß und mit taxierendem Blick ihre Frage an mich.
»Aber natürlich kenne ich Chloe«, gab ich lächelnd zurück und wusste, dass ich gerade eine neue Feindin gewonnen hatte.
Diana, durch und durch Göttin der Jagd, legte natürlich nach, um mich zu fassen. »Und wie finden Sie Chloe? Sieht sie nicht einfach hinreißend aus? So zart und fein mit dieser zierlichen Figur! Edward und sie geben ja so ein schönes Paar ab! Da muss man sich einfach mitfreuen an diesem Glück, nicht wahr?«
Bis eben war es ungefähr so gemütlich gewesen wie in einem vollgestopften U-Bahn-Abteil bei Sommerhitze und ausgefallener Klimaanlage, jetzt war es so gemütlich, als hätte man noch ein Rudel Schmeißfliegen hereingelassen.
Bevor ich antworten konnte, fiel mir Edward ins Wort, der einfach ihre erste Frage beantwortete:
»Heute findet in London eine Party statt, zu der Chloe unbedingt gehen möchte, und ich muss hier ja nach dem Rechten sehen. Also wird Chloe dieses Wochenende nicht kommen, Tante. Aber warum erzählst du uns nicht von eurem Kurztrip nach Rom?«, wechselte er elegant das Thema.
Liz hatte bei seiner Bemerkung, dass Chloe in London zu einer Party wolle, kurz aufgelacht, was sie mir noch sympathischer werden ließ. Wie mir schien, mochten wir dieselben Leute nicht.
Was fand Edward nur an Zicky? Sie passten so überhaupt nicht zusammen. Gut, optisch waren sie bestimmt ein hübsches Paar,aber Zicky in ihren Stilettos hier auf dem Hof? Wenn ihr auffiel, dass die Kühe jeden Tag dasselbe Fell trugen und die Hühner keine Accessoires anlegten, war sie doch gleich wieder gelangweilt.
Zum Glück wurde die
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