Fremd küssen. Roman
deppe Schnecke hattest mal wieder die Tastatursperre an deinem Handy nicht an und irgendwie hat das Ding meine Nummer gewählt.
Ich habe dieses ganze entsetzliche Gespräch mitgekriegt«, sagt Pitbull. »Die Ruth war auch ganz fertig. Ich wollte eigentlich noch den Pinki anrufen, aber das hätte zu lange gedauert.«
Er hat wohl nur noch schnell im Sender angerufen, um herauszufinden, in welchem Krankenhaus wir uns befinden, und ist dann mit einem Affenzahn und Dead auf dem Schoß auf seinem Motorrad losgerast.
Ein Glück. Sonst hätte ich vielleicht die nächsten Wochen mit Leuten verbringen müssen, die sich für Napoleon oder Prinzessin Diana halten. Oder mich für Klaus Störtebeker, den sie mal eben schnell köpfen müssen.
Bernd ist fix und fertig und bestellt sich einen Schnaps. Er, der sonst nie Alkohol trinkt. Das sei ja alles ganz schlimm gewesen, meint er. »Schrecklich, wenn sie dich dabehalten hätten!«
Wie süß, er macht sich ja wirklich Sorgen. »Du bist ja lieb«, sage ich gerührt.
Bernd nickt. »Eine Katastrophe wäre das gewesen. Stell dir vor, die ganze Arbeit, die dann liegen geblieben wäre!«
Aha.
25
Am Samstag fahren Tom und ich nach Bremen. Allein. Pitbull und Richard wohnen mittlerweile quasi in der Erichstraße, und Gero ordnet seine Unterlagen für die Einkommensteuererklärung. Und Ruth hat sich mittlerweile zu einer Art Chefsekretärin gemausert, sie sitzt Tag und Nacht in Pitbulls Wohnung, beantwortet am Telefon Fragen oder ruft irgendwelche Leute zurück. Abends wollen alle in meine Wohnung fahren und weiter umziehen. Soll mir recht sein. Toms Freund, der Schreiner, heißt Eugen, wiegt ungefähr hundert-fünfzig Kilo und besteht darauf, dass wir ihn Floh nennen. Er meint, dass dieser Name deswegen zu ihm passt, weil er nicht zu ihm passt. Wo sind noch normale Menschen, wo?
Floh zerrt uns in seine Werkstatt. Hilf Himmel. Ich bin baff. Die Streckbank sieht aus wie ein Originalteil aus dem 12 . Jahrhundert, dann hat er ein Andreaskreuz gebastelt, das schwarz angemalt und mit Hunderten von kleinen Ringen bestückt ist. Ich frage, für was das gut sein soll.
»Na, für Langzeitbondage«, erklärt mir Tom. »Man nimmt ein sehr langes Seil und bindet es immer wieder durch die Ringe über den Körper. Zum Schluss wird es richtig festgezurrt und man kann sich gar nicht mehr bewegen. Das gibt einen sexuellen Kick.«
Ob sich die Leute aus der Zeit von Winnetou und Old Shatterhand auch so gefreut haben, wenn sie tagelang an einem Marterpfahl gestanden haben und sich mit den Käfern und anderem Getier, das ihnen in die Hose gekrochen ist, unterhielten?
Floh hat noch viele schöne andere Dinge gebastelt. Unter anderem eine Art Klettergerüst, an dem man aufgehängt und in die Höhe gezogen werden kann. Ich deute verwirrt auf ein paar komisch aussehende Schuhe und frage, ob die auch für uns sind.
Tom verdreht die Augen. »Natüüüüüürlich«, sagt er, »das sind Schuhe mit integrierten Metalldornen. Hier, schau, die ragen nach oben, also zum Fuß hin. Und wenn man sich darauf stellt, drückt das Körpergewicht die Füße in die Dornen. Das tut weh und gibt einen besonderen Kick.«
Wenn ich noch einmal den Ausdruck »besonderer Kick« höre, gibt es hier einen Totschlag im Affekt. Das ist dann für mich der besondere Kick.
Mit Mühe und Not bekommen wir alles in den gemieteten Kleintransporter und dann zwingt uns Floh, noch einen Kaffee mit ihm zu trinken. Ich frage, wie wir das jetzt mit der Bezahlung machen, aber er meint, er würde das dann schon mit dem Herrn Lehmann klären. Wer ist Herr Lehmann? Na, Ralf Lehmann. Endlich wird mir klar, dass er Pitbull meint. Pitbull heißt Ralf Lehmann? Wie spießig. Mir gefällt Pitbull Panther viel besser.
Eine Stunde später eiern Tom und ich mit dem ganzen Kram auf der Autobahn herum.
Und dann geraten wir in eine Verkehrskontrolle. Zwei böse aussehende Polizisten winken uns mit einer Kelle zu und drängen uns auf einen Parkplatz. Es stellt sich heraus, dass ein Supermarkt überfallen wurde und die Täter in einem Kleintransporter flüchten. Die Polizisten wollen, dass wir die hintere Tür öffnen. Ich versinke fast in den Boden. Gute Güte, ist das peinlich. Wir müssen alles ausräumen und werden gefragt, was das alles zu bedeuten hat.
»Es wird ja wohl noch erlaubt sein, eine Streckbank zu transportieren«, meint Tom. »Meine Freundin hat Probleme mit der Wirbelsäule, sie muss jeden Tag eine Stunde gestreckt werden.«
Der
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