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Fremd küssen. Roman

Fremd küssen. Roman

Titel: Fremd küssen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffi von Wolff
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dann wohl aufs Autodach und bummert mit dem abgetrennten Kopf des Mannes auf das Autodach. Marius meint, seine Lieblingsgeschichte wäre diese: Im Winter fährt eine Frau einkaufen. Es ist eiskalt und schneit. Nachdem sie fertig ist und wegfahren will, fragt eine alte Dame, ob sie sie wohl mitnehmen könnte. Natürlich ist die Frau nicht so unhöflich und sagt ja, weil es auch so furchtbar kalt ist. Die Frau lässt die Dame einsteigen. Als sie den Rückwärtsgang einlegt, schaut sie kurz auf die Arme der alten Dame und bemerkt, dass diese so aussehen wie Männerarme, auch sehr behaart. Flugs fragt sie die »Dame«, ob diese noch mal aussteigen und ihr Handzeichen beim Ausparken geben könnte. Die »Dame« steigt aus, lässt aber eine Plastiktüte auf dem Autoboden liegen. Die Frau parkt schnell aus und fährt davon. Zu Hause schaut sie in die Plastiktüte. Darin befindet sich ein Beil!!! Huuuuh. Fürchterlich.
    Ich kann herrlich mit Marius lachen. Bin richtig enttäuscht, als wir irgendwann vor meinem Haus stehen. Werde aber nicht den Fehler machen und ihn bitten, noch mit reinzukommen. Nein, nein, nein. Ich möchte keinen One-Night-Stand mit ihm. Dazu mag ich ihn viel zu sehr.
    »Na dann«, sage ich.
    »Na dann«, sagt er.
    Und dann beugt er sich zu mir runter und gibt mir einen Kuss auf den Mund. In dem Moment, in dem ich seine Haut so nahe rieche und dann seine Lippen spüre, habe ich das Gefühl, von innen mit Glück angemalt zu werden.
    »Du bist eine ganz tolle Frau«, sagt Marius zu mir. »Ich hab lang nicht mehr so gelacht. Danke für den schönen Abend.« Ich nicke. Sagen kann ich nichts, sonst fang ich an zu heulen vor Rührung. Ich heule doch so schnell vor Rührung. Also sage ich nichts, sondern drehe mich um, um die Haustür aufzuschließen. »Wir sehen uns morgen, ja?«, fragt Marius. Ich nicke wieder und mache die Tür auf.
    »Tschüs, bis morgen« ist alles, was ich nach einer halben Minute herausbringe.
    »Carolin?«
    Ich drehe mich noch mal um.
    »Weißt du, wie du bist?« Ich schüttele den Kopf. »Du bist wie diese kleinen Geleebananen, die man auf der Kirmes kaufen kann. Außen rum ist Zartbitterschokolade, aber innen sind sie so süß. Wenn man draufbeißt, freut man sich schon so drauf. Die Kombination ist das, was es ausmacht.«
    Und dann dreht er sich um und geht die Straße runter. Ich stehe da und bin fassungslos. Noch nie in meinem Leben hat mir jemand etwas so Tolles gesagt.
    Ich bin es nicht gewohnt, Komplimente gemacht zu bekommen. Mein Exfreund Felix hat immer ganz gemeine Sachen zu mir gesagt und nie was Nettes. Wahrscheinlich lag es daran, dass er nicht damit umgehen konnte, dass ich mehr verdiente als er und auch einen größeren Freundeskreis hatte. Er hat es allen Ernstes mal fertig gebracht, auf einer Fete vor allen Leuten zu sagen: »Wenn ein Flugzeug abstürzt, muss Caro sich keine Gedanken machen. Mit diesen abstehenden Ohren kann sie bequem auf den Boden segeln.« Dabei sind meine Ohren gar nicht abstehend. Nur die rechte Ohrmuschel steht ein wenig weiter vor als die linke. Oder er hat gesagt: »Du brauchst deine Titten gar nicht vergrößern zu lassen. Wenn ich mal was richtig Dickes in der Hand haben will, dann knete ich einfach deinen Oberarm.« Eine Frechheit. Dummerweise war ich immer zu höflich, um zu kontern. Na ja.
    Ich sitze in meiner Wohnung und denke nichts als »Marius«. Geleebananen. Bitter. Süß. O mein Gott. Wie schön er das gesagt hat. Ich träume vor mich hin. Ich bin so verliebt. Gute Güte, wie lange hatte ich dieses Gefühl nicht mehr. Man spürt sein Herz und möchte, dass dieses Glück nie wieder aufhört.
    Ich male mir aus, wie es ist, mit Marius zusammen zu sein. Wie wir zusammen in den Urlaub fahren, ins Theater gehen, kochen, Freunde einladen und dass jeder, der uns kennt, von uns sagt, wir seien das perfekte Paar. Ich bin so in mich selbst versunken, dass ich auf dem Sofa einschlafe.

16

    Am nächsten Morgen bin ich völlig erschlagen. Wache gegen 6 Uhr auf, weil mir der Rücken wehtut. Du lieber Herr Gesangverein, jeder Knochen ist zu spüren. Natürlich habe ich meine Kontaktlinsen noch in den Augen und die sehen aus wie die von Linda Blair in »Der Exorzist« (sicher erinnern Sie sich an die Szene, in der sie auf dem Bett liegt und den Teufel ausgetrieben bekommen soll, während sie mit blutunterlaufenen Augen Urlaute von sich gibt und bläulichen Schleim in die Gesichter der Anwesenden spuckt).
    Hilft alles nichts, ich muss in die

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