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Fremde Blicke

Fremde Blicke

Titel: Fremde Blicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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seinem Zimmer gesessen und mit dieser Maschine gespielt. Und dann ist er plötzlich losgestürzt und war weg.«
    »Wir finden ihn schon. Sie müssen entschuldigen, aber wir haben es ziemlich eilig.«
    »Ausgerechnet«, sagte er zu Skarre und knallte die Tür ins Schloß. »Auf eine blödere Idee hätte er wirklich nicht kommen können.«
    »Das wird sich zeigen«, erwiderte Skarre verbissen und wendete noch auf dem Hof.
    »Ich kann Halvors Motorrad nicht entdecken.«
    Skarre sprang aus dem Wagen. Sejer drehte sich zu Kollberg um, der noch immer auf dem Rücksitz lag, und fischte einen Hundekeks aus der Tasche.
    Sie stießen die Tür an, und sie öffnete sich langsam, während die beiden Männer herausfordernd in die Kamera starrten. Johnas sah sie von der Küche aus. Er blieb noch eine Weile an seinem Schiffstisch sitzen, atmete ruhig und hauchte seine schmerzenden Finger an. Es hatte keine Eile. Eins nach dem anderen. In seinem Leben passierte zwar sehr vieles gleichzeitig, aber normalerweise bekam er alles in den Griff. Er war ein pragmatischer Mann. Ging die Probleme der Reihe nach an, so wie sie gerade auftauchten. Das war seine besondere Begabung. Ziemlich ruhig erhob er sich und ging die Treppe hinunter.
    »Wie, Sie schon wieder?« fragte er ironisch. »Ich finde, das sieht langsam aus wie pure Schikane.«
    »Ach, finden Sie?«
    Sejer ragte wie ein Pfosten vor ihm auf. Er schien Herr der Lage, und andere Kundschaft war nicht in Sicht.
    »Wir suchen jemanden. Wir dachten, hier würden wir ihn vielleicht finden.«
    Johnas blickte ihn fragend an, drehte sich um und streckte den Arm aus. »Ich bin ganz allein hier. Und jetzt wollte ich gerade Feierabend machen. Es ist spät.«
    »Wir würden uns gern mal umsehen. In aller Kürze, natürlich.«
    »Ehrlich gesagt .«
    »Vielleicht ist er ja in einem unbewachten Moment ins Haus geschlichen und hat sich irgendwo versteckt. Man weiß ja nie.«
    Sejer zitterte, für Skarre sah es aus, als ob ihm sieben Winter unter dem Hemd steckten.
    »Ich mache jetzt Feierabend!« sagte Johnas energisch.
    Die beiden gingen an ihm vorbei und die Treppe hoch. Sahen sich überall um. Warfen einen Blick ins Büro, öffneten die Toilettentür, gingen weiter bis zum Dachboden. Niemand war zu sehen.
    »Wen glauben Sie denn, hier zu finden?«
    Johnas lehnte am Geländer und starrte sie an, die Brauen hochgezogen. Sein Brustkasten hob und senkte sich unter seinem Hemd.
    »Halvor Muntz.«
    »Und wer ist das bitte?«
    »Annies Freund.«
    »Aber der hat hier doch nichts verloren?«
    »Da bin ich mir nicht so sicher.«
    Unbeeindruckt wanderte Sejer an der Wand entlang. »Er hat angedeutet, daß er zu Ihnen wollte. Er spielt auf eigene Faust Detektiv, und ich finde, wir sollten dem ein Ende machen.«
    »Da bin ich ganz Ihrer Ansicht«, sagte Johnas mit nachsichtigem Lächeln. »Aber hier haben Emil und die Detektive sich nicht blicken lassen.«
    Sejer versetzte den Teppichrollen mit den Schuhspitzen einen Tritt. »Gibt es hier im Haus einen Keller?«
    »Nein.«
    »Was machen Sie nachts mit den Teppichen? Liegen die hier einfach so rum?«
    »Die meisten ja. Aber die richtig teuren kommen ins Gewölbe.«
    »Aha.«
    Plötzlich fiel Sejers Blick auf den kleinen Mahagonitisch. Auf dem Boden war eine Handvoll Münzen verstreut.
    »Gehen Sie so großzügig mit dem Wechselgeld um?« fragte er neugierig.
    Johnas zuckte mit den Schultern. Sejer gefiel es nicht, daß es so still war in dem Haus. Ihm gefiel auch der Gesichtsausdruck des Teppichhändlers nicht. In einer Ecke entdeckte er plötzlich einen rosa Putzeimer und einen Besen. Der Boden war feucht. »Putzen Sie gerade?« fragte er leichthin.
    »Das tue ich immer, ehe ich Feierabend mache. Ich spare einiges, wenn ich das selber übernehme. Wie Sie sehen«, fügte Johnas dann hinzu, »ist hier sonst niemand.«
    Sejer sah ihn an. »Zeigen Sie uns das Gewölbe!«
    Einen Moment lang schien Johnas sich weigern zu wollen, doch dann überlegte er es sich anders und ging die Treppe hinunter.
    »Das liegt im Erdgeschoß. Natürlich zeige ich es Ihnen gern. Es ist allerdings abgeschlossen, da kann er sich also unmöglich versteckt haben.«
    Sie folgten ihm nach unten, zu einem Winkel unter der Treppe, wo sie eine Stahltür entdeckten, die sehr niedrig, aber zum
    Ausgleich viel breiter war als eine normale Tür. Johnas tippte den Türcode ein und drehte mehrere Male das Rad hin und her. Bei jeder Drehung war ein leises Klicken zu hören. Er benutzte die ganze Zeit

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