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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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nahm er den Zehnpfundschein von Melrose entgegen.
    Als er wieder saß, schaute Melrose sich um und sagte: »Nicht gerade viel Betrieb«, als sei er echt erstaunt.
    »Dienstags nie«, sagte Trevor.
    Irgendeinen obskuren Grund für den Mangel an Gästen hatte er immer.
    »Ich muß die Tapas aber trotzdem bereithalten, weil ich sie annonciert habe. Und man weiß ja nie, es könnte ja jemand kommen. Ich habe mit der Happy Hour gerade erst angefangen, und hier gehen Neuigkeiten langsam herum, wie Sie wissen.«
    Langsam? Da kannte er wohl Agatha nicht. »Aber Sie haben doch Stammgäste aus der Gegend. Die Leute von Watermeadows?« (Sprich, Miss Fludd. Wegen Miss Fludd war Melrose schließlich hier.)
    »O ja«, sagte Trevor Sly. Sendepause.
    Melrose seufzte und trank sein Cairo Flame. Mußte er etwa noch eins zu sich nehmen, damit der Mann sich Informationen entlocken ließ? »Ausgetrunken, Mr. Sly? Dann noch einmal hoch die Tassen!« Das klang doch sehr kernig.
    Sly lächelte geziert, entrollte sich und stelzte zu den Zapfhähnen. Warum, dachte Melrose, war der Mann verschlossen wie eine Auster, wenn man wirklich mal was von ihm wissen wollte? Beim Thema Fludds aus Watermeadows schwieg Sly hartnäckig. Weiß Gott nicht aus Diskretion, an der es ihm doch sonst gewaltig mangelte.
    »Ich erinnere mich, daß Miss Fludd hier war, als Marshall Trueblood und ich mal hier saßen. Und da Watermeadows so nahe ist« (von wegen, es war nur näher an Slys Kneipe als an sonstwas), »gehören die Leute von dort doch bestimmt zu ihren Stammgästen.«
    Trevor Sly gab Melrose sein Bier, holte wieder den teuren Whisky herunter, goß sich noch einmal drei Zentimeter ein und kassierte einen weiteren Zehner. Dann rollte er sich erneut um den Hocker, hob den Blick gen Himmel und bedachte den Wahrheitsgehalt von Melrose' Aussage. »Ja, das könnte man wohl sagen, hm.«
    Melrose lachte gekünstelt. »Die Leute in Watermeadows sind übrigens meine Nachbarn. Es ist neben Ardry End.« Wenn »neben« die Tatsache angemessen bezeichnete, daß bald ein Kilometer Land zwischen den beiden Häusern lag. »Also ist Miss Fludd, sind die Fludds, sozusagen meine Nachbarn. Ich habe sie aber noch nicht alle kennengelernt. Nur sie. Und sie scheint ja ein sehr netter Mensch zu sein. Meinen Sie nicht?«
    »O doch, Mr. Plant, o doch. Ein sehr netter Mensch.«
    Bleiernes Schweigen senkte sich herab.
    Melrose zerbrach sich das Hirn darüber, wie er Sly zum Reden bringen konnte. Er hätte ihm nicht so schnell den zweiten Whisky spendieren sollen. Doch er bezweifelte, daß der Mann absichtlich schwieg. Wahrscheinlich wußte er einfach nichts. Er hätte Trueblood mitbringen sollen. Trueblood hätte was aus ihm herausgeleiert. Aber er war momentan so leidenschaftlich für das Studium der Gesetze entbrannt - genauer gesagt, für seine Interpretation derselben -, daß es schwer war, ihn für irgend etwas anderes zu interessieren.
    Wie sich herausgestellt hatte, waren die Fludds (genaue Anzahl unbekannt) die Cousinen und Cousins von Lady Summerston, der Besitzerin von Wa-termeadows, die dort aber seit einigen Jahren nicht mehr wohnte. Miss Fludd war die einzige aus der Familie, die Melrose kennengelernt hatte. Sie hatte ihn so vollständig bezaubert, daß er sogar vergessen hatte, sich nach ihrem Vornamen zu erkundigen.
    »Ein Jammer«, sagte Melrose, »daß Miss Fludd das Problem mit dem Bein hat.«
    »Traurig, was? Sie trägt eine Schiene.«
    Als sei Melrose blind. »Ja, das ist mir nicht entgangen. Wie das wohl passiert ist?«
    »Das frage ich mich auch.«
    »Kinderlähmung kann es nicht gewesen sein. Ich meine, die ist ja seit Jahrzehnten ausgerottet. Vor vierzig Jahren, ja, da hätte man doch zuerst an Kinderlähmung gedacht.«
    Sly verzog die Lippen zu einem Schmollmäulchen. »Hm, da haben Sie recht, unbedingt. Ja, sicher, da muß ich Ihnen recht geben.«
    Dieses Papageiengeplappers müde, hörte Melrose auf zu spekulieren und starrte die Rückstände in seinem Glas an. Stahlspäne vermutlich. Und er hatte drei getrunken. Das passierte einem Mann, der sich bezaubern ließ. Er seufzte. Aber warum hatte sie ihn am Wickel? Darauf kam er nicht. Sie war hübsch, aber nicht hübscher als zum Beispiel Polly Praed. Nicht so hübsch wie Ellen Taylor. Und schon gar nicht wie Vivian. Oder Jenny Kennington - O Gott! Schluß mit diesen nichtigen Gedanken! Er sollte lieber über Jenny nachdenken. Arme Jenny! Er zog das kleine Spiralnotizbuch aus der Jackentasche, das er nun immer

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