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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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sind.«
    »Vielleicht hätte ich Jenny doch keinen Anwalt besorgen sollen«, knurrte Jury.
    Charly grinste. »Oh, besten Dank.«
    Jury grinste zurück. »Nicht gegen Sie persönlich gerichtet.«
    Es war einer dieser seltenen Vorfrühlingstage, die sich sanft über der Stadt ausbreiten, sie reinigen und die scharfen Kanten der Häuser weich machen. Die Luft war wie ein Gazeschleier und ließ die Themse in der Ferne perlfarben schimmern. Den pastellblauen Himmel betrachtend sagte Jury: »Er hat über einen Fall geredet, an dem ich vor drei Jahren gearbeitet habe. Einen kurzen, glorreichen Moment lang war ich verdächtig, weil ich der betroffenen Dame sehr nahestand und offenbar der letzte war, der sie lebend gesehen hatte.«
    Sie waren auf dem Weg von Lincoln's Inn durch die Bell Yard Richtung Fleet Street. Charly schnappte hörbar nach Luft und blieb stehen. »Sie meinen, sie wurde ermordet?«
    »Sie -« Er war überrascht, wie heftig seine Gefühle noch waren, obwohl er gedacht hatte, er habe sie begraben. Dabei hätte er ja eben auch noch Pete Apted am liebsten eine gescheuert, weil er Jane Holdsworth erwähnt hatte. Aber er merkte, daß sich in den Jahren seit ihrem Tod etwas verändert hatte. Der Kummer hatte sich immer mehr in Wut verwandelt. Er fühlte sich betrogen. Aber hatte er sich nicht von Anfang an so gefühlt: getäuscht, betrogen? Vielleicht empfand er es jetzt in reinerer Form, weil es nicht mehr durch die entgegengesetzten Gefühle von Verlust und Reue verhüllt war ... »Ach, hör doch endlich auf damit!«
    »Okay«, sagte Charly und schaute ihn an. Sie legte die Hand an die Stirn, um ihr Gesicht vor dem plötzlich blendendhellen Licht zu schützen.
    Jury riß sich aus seinen Gedanken und begriff, daß er laut gesprochen hatte. Er lachte. »Sie nicht, ich habe nicht Sie gemeint. Ich habe mit mir selbst geredet. Laut gedacht. Pete Apted macht mich immer entsetzlich nervös. Wahrscheinlich bin ich ein mieser Zeuge. Er ist zu clever.«
    Charly lachte. »In dem Gewerbe kann man gar nicht clever genug sein.« Sie schaute wieder zu ihm hoch. »War er auch vor drei Jahren zu clever?«
    Die Frage war so vage, daß auch eine Antwort nicht viel verraten würde. »Ja.«
    Schweigend schlenderten sie weiter. Charly schlug vor, sie sollten über die Straße zu Dr. Johnsons Haus gehen. Als sie davor standen, schaute sie sich um. »Stellen Sie sich vor, wie das hier alles im achtzehnten Jahrhundert ausgesehen hat. Stellen Sie sich vor, Sie trinken morgens Ihren Kaffee, na ja Whisky, mit Johnson und Boswell und Oliver Goldsmith. Malen Sie sich das doch einmal aus.« Aufrichtig erstaunt schüttelte sie den Kopf, und sie gingen langsam zur Fleet Street zurück. »Vor gar nicht einmal so vielen Jahren waren hier die Zeitungen zu Hause. Jetzt sind hier nur noch Computer. Sie haben keine Verwendung mehr für die alten Gebäude.«
    Als sie an einer Ecke standen und darauf warteten, daß die Ampel grün wurde, sagte Jury: »Sie selbst haben überhaupt noch nichts über Jenny Kennington gesagt. Glauben Sie auch, daß sie lügt?« Wenn seine Stimme doch nur nicht so besorgt klänge!
    »Verbergen würde ich es eher nennen. Ja, ich glaube, sie verbirgt etwas.«
    Jury lächelte schwach. »Läuft das nicht auf eins hinaus?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, das glaube ich nicht.«
    Jury sah, wie die Menschen aus den Büros strömten und sich hektisch an einer Bushaltestelle am Strand zusammendrängten. Er fand eigentlich immer, daß sie traurig, ja wahnsinnig aussahen. »Schon gut. Egal, wie man es ausdrückt, Jenny verschweigt etwas.«
    Charly nickte kurz. »Haben Sie das nicht so empfunden?«
    Die Ampel schaltete um, und sie überquerten den Strand, darauf konzentriert, immer wieder Autos auszuweichen, die sich nicht um Verkehrsregeln scherten. Auf der anderen Straßenseite redete Charly weiter. »Pete und ich haben es beide so empfunden.«
    Jury sagte: »Ich hätte nicht gedacht, daß Apted viel auf Intuition vertraut.«
    »Ich glaube, er nennt es bloß anders - >Rationalität auf Bauchebene< oder etwas ähnlich Phantasievolles. Aber es ist Intuition. Er ist sehr intuitiv.« Charly drehte sich um und lief in komischen kleinen Kreuz-und-quer-seitwärts-Schritten so neben ihm her, daß sie ihm ins Gesicht schauen konnte. Die Handtasche hielt sie hinter dem Rücken fest.
    Jury lächelte. Jetzt wußte er, an wen Charly ihn erinnerte: an Zel. Wenn Zel erwachsen war, wurde sie bestimmt wie Charly.
    Die sagte: »Sie würden sich

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