Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
Hospital.«
    Der Nachbar rannte los, um Pferd und Wagen zu holen. Carl riß ein Stück Stoff aus seiner Hose, um damit einen provisorischen Druckverband über dem herausquellenden Fleisch an Jesses Bein anzulegen. Gott sei Dank war Jesse nicht bei Bewußtsein.
    Sie galoppierten im Pferdewagen davon, noch bevor die Feuerwehr von der anderen Seite in die Gasse einbog. Die Feuerwehrleute rollten Schläuche ab und tränkten die glühenden Überreste des Schuppens mit Wasser.
    Zehn Minuten später trugen Carl und der andere weiße Mann Jesse in die Notaufnahme des Samariter-Hospitals in der Jefferson Avenue. Ein Arzt untersuchte ihn.
    »Wir schaffen ihn gleich in den Operationssaal. Dort flicken wir ihn wieder zusammen. Es sind Muskeln verletzt, wie schwer, kann ich noch nicht sagen.«
    Pfleger bedeckten Jesse mit einem Laken und rollten ihn auf der Liege fort. Im Hospital war es dunkel und still, die Luft roch nach Desinfektionsmitteln und anderen Chemikalien. Carl, von Kopf bis
    Fuß mit Schweiß und Ruß bedeckt, ließ sich auf eine Bank fallen. Er zitterte immer noch am ganzen Leib.
    Der Nachbar fragte: »Warum sind diese Männer über ihn hergefallen? Mr. Shiner tut doch niemandem was zuleid.«
    »Es war ein Irrtum. Sie waren hinter mir her.«
    »Wissen Sie, wer die waren?«
    »Und ob. Das weiß ich ganz genau.«
    Die beiden Büroräume der Reklameagentur Sykes & Lobby befanden sich im zweiten Stock des Penobscot-Gebäudes in der Fort Street West. Der menschenleere, in Gold und Waldgrün gehaltene Eingangsbereich, die schwach leuchtenden Wandlampen mit den winzigen Schirmen vermittelten wohlkalkulierte Beschaulichkeit. Joe Crown hatte Carl früher mehrmals nach Chicago in das Büro der Agentur mitgenommen, welche die Reklame der Brauerei entwarf und plazierte. Crowns eigene Angestellte in Sachen Reklame waren Männer, die keine großen Worte machten, und sie arbeiteten in Büros, die so waren wie sie selbst, einfach und bescheiden. Im Vergleich dazu roch es hier geradezu nach faulem Zauber. Shakespeare- und Tennyson-Büsten thronten auf marmornen Sockeln, als solle damit ausgedrückt werden, daß die Reklamearbeit in diesen Räumen der Kreativität von Genies ähnelte.
    »Wo finde ich Sykes?«
    Carls Ton ließ die Typistin an ihrem Schreibtisch zusammenzuk-ken. »Sein Büro ist oben.« Sie deutete auf eine geschwungene Wendeltreppe in der Ecke. »Aber er empfängt keine Besucher, die nicht ...«
    Carl war bereits halb oben.
    Er stieß Menschen zur Seite, ohne in ihre Gesichter zu sehen oder auf ihre Kleidung zu achten, ohne sich darum zu kümmern, was sie sich beim Anblick eines Mannes in Arbeitskleidung dachten, der durch den Gang hastete und die Messingschilder an jeder Tür kurz musterte. Endlich stand er vor dem Schild mit der Aufschrift »F. Wayne Sykes, jr.«. Er drehte den Türknauf.
    ». und ich möchte diesen Kühler, dieses ganze verdammte Auto größer. Ich hab’s Ihnen schon gestern gesagt - größer. Sind Sie schwer von Begriff? So einen Mist kann ich Mr. Clymer doch nicht
    vorsetzen.«
    Carl stieß die Tür mit der Faust auf. Wayne Sykes, gut gekleidet in einem dreiteiligen braunen Anzug, saß an einem Mammutschreibtisch, auf dem sich unzählige Entwürfe türmten. Neben diesem Schreibtisch stand ein graugesichtiger Mann mit Kreidespuren auf Hemd und Händen, der sich mit zitternder Hand Notizen machte.
    »Miss Rumford, Sie wissen doch ganz genau, daß Sie klopfen ...« Sykes hob den Blick. »Du grüne Neune. Was machen denn Sie in meinem Büro?«
    Carl ließ den Blick über das teure Mobiliar, die gerahmten Photos der Clymer-Fabrik, der Clymer-Automobile, Mr. Clymers und eines älteren Mannes gleiten, der Sykes ähnelte. Er sah die protzigen Plaketten und Auszeichnungen, darunter ein Zeugnis von Harvard.
    »Ich dachte, Sie hätten gern gewußt, daß Ihre Schläger keine ganze Arbeit geleistet haben.«
    »Sind Sie betrunken, Mann? Sind Sie verrückt? Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
    In Richtung des Lakaien sagte Carl: »Sie gehen besser.« Der machte sich eilig aus dem Staub.
    »Es wäre besser, wenn auch Sie gingen«, sagte Sykes. »Ich bringe Sie sonst für zehn Jahre hinter Gitter.«
    »Das glaube ich kaum. Einer Ihrer Schläger hieß Elroy. Wenn nun die Polizei sich alle Elroys in der Stadt vorknöpft und ihnen die Daumenschrauben anzieht, dann singt einer von denen ganz sicher. Wenn Sie hier die Polizei im Griff haben, dann lasse ich durch meinen Vater einen Anwalt aus Chicago schicken. Einen

Weitere Kostenlose Bücher