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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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wie in den letzten Monaten. Warum ist das Leben bloß ein solches Durcheinander, warum gibt es soviel Gutes und auch soviel Schlechtes?«
    »Vielleicht weiß das ein so kluger Geist wie Emerson, aber ich bestimmt nicht.«
    Der Detroit River verlief auf einer Länge von ungefähr dreißig Meilen zwischen den Seen. Stromabwärts von der Stadt, gegenüber von Am-herstburg, lag die Insel Bois Blanc, gleichermaßen beliebt bei Liebenden, Sonntagsausflüglern und Erholungssuchenden. Es war noch zu kühl, als daß das Badehaus der Insel geöffnet gewesen wäre. Der steinerne Tanzpavillon war am Sonntag geschlossen, aber das Café war gut besucht, und auch die schattigen Pfade und Sportplätze fanden an diesem frühen Nachmittag regen Zulauf. Carl und Tess verzehrten an einem einfachen Tisch ihr Picknick. Sie hatte eine Flasche mit kaltem Tee mitgebracht, der zwar inzwischen lauwarm geworden war, aber köstlich schmeckte. Alkohol war auf Bois Blanc verboten.
    Carl fegte ein paar Krumen vom karierten Tischtuch; Tess hatte einen Laib Haferbrot gebacken und dicke Leberwurstbrote mit würzigem Schweizer Käse und scharfem deutschem Senf gemacht. Da er zum ersten Mal im Leben in solchen Schwierigkeiten steckte, mußte er seinen ganzen Mut zusammennehmen, um das heikle Thema anzuschneiden, das ihn so beschäftigte.
    Er ergriff ihre Hand auf dem Tisch. Die jungen Blätter der Bäume zeichneten ein abwechslungsreiches Bild auf ihr Gesicht, irgendwann fing er an: »Bereust du, was wir - ich meine, was geschehen ist?«
    »Keine Minute. Bereust du es?«
    »Nein. Na ja, eigentlich ja, falls ich dich ausgenutzt haben sollte.«
    »Das hast du nicht.« Carls Blick war weiterhin auf den Tisch gerichtet. Sie drückte seine Hand. »Das hast du nicht.«
    Er hob die Augen und sah sie an. Es gab keine andere Möglichkeit, den Sprung zu wagen, als ihn zu tun. »Tess, willst du mich heiraten?«
    »Nein.«
    Verblüfft, mehr als nur verletzt, fuhr er zurück. »Warum nicht? Wir könnten aus Detroit weggehen und uns irgendwo anders niederlassen.«
    »Sagst du das, weil du ein schlechtes Gewissen hast?«
    »Ich sage es, weil ich es sagen will, verdammt noch mal! Ich habe dir schon so oft gesagt, daß ich dich liebe.«
    »Und ich liebe dich. Was auch der Grund dafür ist, daß ich nicht ja sage. Du bist kein Fabrikmensch, kein Stechuhrenmensch, wie oft hast du mir das gesagt? Ich weiß noch andere Dinge über dich. Du bist tapfer, freundlich - und sehr aufregend, weil du etwas Unberechenbares an dir hast. Was darunter schlummert, weiß ich nicht. Vielleicht weißt du es selbst nicht.« Plötzlich glitzerte die Sonne in ihren Augen. »Aber du wirst die Antwort nie finden, wenn du hierbleibst, nur weil du glaubst, du seist es mir schuldig. Ich gebe dich frei, Carl. Ich hatte sowieso nie einen Anspruch auf dich und wollte auch nie einen haben. Ich möchte, daß du aus Detroit fortgehst. Mach dich auf die Suche nach Barney Oldfield. Das ist es doch, was du willst.«
    »Tess, bitte laß mich .«
    Sie stand auf, strich ihren Rock glatt. »Thema beendet. Sollen wir ein bißchen Spazierengehen? Ist es nicht ein herrlicher Nachmittag?«
    Er brachte das Thema Heirat an diesem Nachmittag noch zweimal zur Sprache, aber sie weigerte sich, darüber zu sprechen. Sie war heiter und redete schnell, ihre Wangen waren gerötet, als sie von anderen Dingen erzählte. Um fünf Uhr erklärte sie, sie müsse nach Hause.
    Sie standen sich auf dem Hauptplatz von Detroit gegenüber, vor dem Denkmal des Stadtgründers, Antoine de la Mothe Cadillac, Ritter von St. Louis. Hinter dem leeren Granitstuhl band sie noch einmal den roten Schal und glättete die Enden über den Aufschlägen seines Mantels.
    »Mein glänzender Ritter zieht in den Kampf gegen Sarazenen und Drachen .«
    »Der einzige Drache, den ich kenne, ist der grüne, den Oldfield fuhr. Ich kann nicht gehen, bevor wir nicht .«
    »Carl, wir haben alles gesagt. Hab eine glückliche Reise. Bitte ruf mich nicht an, und versuch auch nicht, mich wiederzusehen. Mein Herz bricht jetzt schon entzwei.«
    Sie schlang die Arme um seinen Hals, was in der frühsommerlichen Dämmerung für schockierte Blicke der Automobilisten und Droschkenkutscher sorgte. Er spürte ihre Tränen, als sie sich küßten. Mit einem krampfhaften Lächeln griff sie nach ihrem Korb und rannte in Richtung Straßenbahn.
    Er hob seine gesamten Ersparnisse bei der Dime Bank in der Griswold Street ab, ganze neun Dollar. Dann rechnete er mit Mrs. Gibbs ab, die

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