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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Abendessen besprechen.«
    Oh, nein! So ein Regisseur war er also.
    »Mr. Griffith, wenn das der Preis für eine Beschäftigung bei Biograph ist, dann kann ich ihn leider nicht bezahlen. Ich danke Ihnen.« Sie versuchte zurückzutreten und nach ihrer Pappendeckelmappe auf dem Tisch zu greifen. Er hielt sie immer noch fest; irgendwie war ihre Bluse aus dem Rockbund gerutscht. Er legte den Kopf zur Seite.
    »Das ist komisch. Ich hätte Sie nicht für prüde gehalten.«
    »Das bin ich auch nicht. Aber das einzige, was ich hier verkaufen will, ist mein schauspielerisches Talent.«
    Es folgte ein langer, schrecklicher Augenblick, in dem sie sich reglos anstarrten. Die Lampe warf glitzernde Flecken in Griffith’ Augen. Jetzt würde er sie mit einem Fluch hinauswerfen. Statt dessen hob er den Kopf und fing an zu lachen.
    »So einen Versuch können Sie einem Burschen nicht verübeln, Fritzi. Nichts für ungut.« Er hob ihre Jacke auf. »Es tut mir leid, aber ich habe im Moment nichts Passendes für Sie. Wir beschäftigen bereits mehrere erstklassige Schauspielerinnen. Aber ich wüßte etwas für Sie.«
    »In einem Film?« Sie war verunsichert, weil er zu seinem höflichen Benehmen zurückgekehrt war.
    »Natürlich in einem Film. Von Zeit zu Zeit erfahre ich, wenn andere Regisseure nach etwas Besonderem suchen. In diesem Fall spreche ich von einem jungen Burschen, der bei mir zehn Monate lang Kameraassistent war. Er ist gut. Als er bei mir anfing, habe ich ihn ins kalte Wasser geworfen, und er ist sofort geschwommen. Er heißt Eddie Hearn. Hat in Yale studiert, aber das darf man ihm nicht übelnehmen. Er arbeitet für Pelzer und Kelly, Pal Pictures, eine verdeckte Firma.«
    »Was ist denn das?«
    »Ach, das ist ein Branchenausdruck. Eddie soll schon am Dienstag anfangen zu drehen, aber er hat noch keine passende Hauptdarstellerin gefunden.« Hauptdarstellerin? Hatte er tatsächlich Hauptdarstellerin gesagt? »Sollte das Wetter schlecht werden, wird’s leider etwas ungemütlich. Eddie dreht nämlich im Freien.«
    »Ich könnte meinen warmen Mantel anziehen!« Fritzis Aufschrei brachte ihn zum Schmunzeln. »Welchen Typ sucht er denn?«
    »Ein unschuldiges Mädchen, das ein bißchen ungewöhnlich ist.
    Keine abgestumpfte Städterin, sondern jemanden mit dem Herz am rechten Fleck. Ländlich, unverdorben, so wie Sie.« Du lieber Himmel, was noch? Gesund und kräftig?
    Griffith ließ die Silbermünzen wieder von einer Hand in die andere gleiten. »Wenn Sie wollen, könnte ich Sie empfehlen.«
    Als sie den Schock überwunden hatte, fragte sie: »Darf ich fragen, warum? Ich habe Sie doch beleidigt, oder nicht?«
    »Sie waren ehrlich. Ich mag Schauspieler mit Rückgrat. Sie geben ihren Rollen eine besondere Qualität, die über das bloße Gefallenwollen hinausgeht.« Er kritzelte etwas auf seinen Notizblock. »Ich werde Eddie heute nachmittag anrufen. Sie sollten ihn morgen aufsuchen. Hier ist seine Adresse. Eine Tauschstelle sozusagen.« Sie wußte nicht, was er meinte. »Eddie hat dort sein Büro.«
    »Hat Pal Pictures denn kein Studio?«
    »Es ist eine kleine Firma. Manchmal mieten Sie ein Obergeschoß in der Dreiundzwanzigsten West.« Griffith’ Antwort schien ihr ziemlich schlüpfrig. Sie wollte ihr Glück jedoch nicht noch mehr auf die Probe stellen. Es hätte wie eine Seifenblase zerplatzen können.
    Ein junger Mann in Kniebundhosen steckte den Kopf hinter der Leinwand hervor. »Alles bereit, Chef. Billy hat den Set ausgeleuchtet. Haben wir ein Drehbuch?«
    Griffith tippte sich an die Stirn. »Hier drin. Mehr brauchen wir nicht.« Er stand auf und ergriff Fritzis Hand in der gebührenden Form. Diesmal hatte sie nichts dagegen.
    »Wenn Eddie Sie einstellt, sollten Sie sich eines merken. Machen Sie sich den Kameramann zum Freund. Er ist derjenige, der weiß, mit welchem Licht und welchem Make-up Sie am besten rauskommen.«
    »Ich danke Ihnen für die Empfehlung und für den Rat, Sir. Ich werde ihn mir merken.«
    Fast väterlich tätschelte er ihre Hand. »Ich könnte mir denken, daß Sie das tatsächlich tun. Ach, noch eins, können Sie zufällig reiten?«
    »Ja natürlich, ich bin als Kind in Chicago sehr viel geritten.«
    »Sehr gut. Ich weiß nicht genau, was Sie sonst noch können müssen, aber Eddies Film ist ein Western.«
    »Western? Du lieber Himmel, werde ich etwa viel reisen müssen?«
    Er lachte. »Nicht weiter als bis auf die andere Seite des Hudson. Fort Lee, New Jersey, ist im Moment die Western-Hauptstadt

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