Fremde Federn
süßer Duft von Rosen und Orangen in der Luft.
Edendale machte einen ländlichen Eindruck; sie sah hauptsächlich Mietställe, ein oder zwei baufällige Geschäfte, ein paar Holzhäuser und Hütten. Nach fast einer Meile entdeckte sie den rundlichen Besitzer von Pal, der vor einem unkrautüberwucherten Grundstück stand und ihr mit einem Taschentuch winkte.
»Sie haben’s gefunden! Tut mir leid wegen des langen Fußmarsches. Sie werden aber nicht mehr lange die eigenen Beine bemühen müssen, ich sehe mich bald nach einem Auto um.« B. B. schüttelte ihre Hand, während sie einen mißtrauischen Blick auf das ungepflegte Grundstück warf.
»Na, was sagen Sie?«
Fritzi hielt sich die Hand über die Augen. »Es ist sehr - groß.«
»Ja, etwas über fünfzehntausend Quadratmeter. Wir haben einen günstigen Vertrag bekommen, für das ganze Jahr, obwohl wir im Frühjahr wieder nach New York gehen.« Er schob sie vorwärts durch gelbes Unkraut, von dem sich winzige, stachelige Samen auf ihrem Rock festsetzten. »Ging nicht anders. Der Typ, dem das alles mal gehört hat, hat seine Frau zerhackt und sitzt im Gefängnis. Deshalb gehört das Grundstück jetzt der Bank.«
»Da geht einem ja das Herz auf«, sagte Fritzi fast unhörbar.
Sie erklommen eine halbverfallene Treppe, die zum Haupthaus hinaufführte, einer verwitterten Ruine mit blätternder Farbe, deren Fensterläden nur noch an einer Angel hingen. Hinter dem Haus wurde bereits gehämmert. Fritzi meinte, Eddies Stimme zu hören.
»Die Büros werden wir hier und oben einrichten«, erklärte B. B. als sie am Eingang einem Spinnennetz auswich. »Al hat sich schon im Speisezimmer niedergelassen. Er wohnt wie ich in einem Hotel der Stadt. Es gibt noch ein Zimmer, das wir als Vorführraum herrichten. Hallo, Al!« B. B. winkte seinem Partner zu. Kelly saß an einem riesigen Eßtisch, auf dem sich Rechnungen, Fachzeitschriften und Buchhaltungsunterlagen stapelten.
Kelly grüßte sie mit einem Grunzen und reichte Fritzi ein blaugebundenes Schriftstück. »Ihr Vertrag. Lesen Sie ihn durch, und unterschreiben Sie ihn, bevor Sie gehen.«
»In zwei Tagen fangen wir mit der neuen Indianer-Folge an«, informierte B. B. sie. »Bis die Bühne fertig ist, drehen wir draußen, in einem Ort namens Daisy Dell, den Eddie aufgetan hat.« Fritzi studierte das Schriftstück, eine unsinnige Ansammlung von Deshalbs und Wohingegens. Ihr Blick blieb bereits am ersten Absatz hängen.
»Mein Vertragspartner ist jemand namens Liberty Pictures.«
»Wir haben einen neuen Partner«, sagte Kelly.
»Richtig. Er bringt eine Menge Betriebskapital ein«, erklärte B. B.
»Wer ist das?«
Kelly übernahm die Antwort. »Er heißt Ham Hayman. Einer von Bennys hebräischen Verwandten. Aus der Gegend von Frisco. Hat als Pelzhändler angefangen und sich dann auf bewegte Bilder verlegt.«
»Al, wie oft soll ich es dir noch sagen? Alle Welt nennt sie jetzt Filme. Filme.« An Fritzi gewandt, erklärte er: »Der alte Begriff ist übel vorbelastet. Das neue Wort heißt Film. Hab’ ich in der World gelesen.«
Kelly fügte ungerührt hinzu: »Hayman betreibt ein Filmtheater, aber eigentlich ist er Verleiher. Besitzt eine ganze Kette von Verleihstellen von Nevada bis Colorado und runter nach Arizona. Ist unabhängig«, setzte er nach und machte ein Gesicht, als stiege ihm der Geruch von verdorbenem Käse in die Nase. »Ich habe B. B. gesagt, daß es ein Fehler ist, sich mit unabhängigen Verleihern einzulassen. Wir sollten Mitglied in der Patentverwertungsgesellschaft werden und durch Kennedys General Filmco verleihen.«
»Wir haben die neue Kamera bei denen gekauft, das reicht.« B. B. beruhigte Fritzi: »Machen Sie sich keine Sorgen, die Unabhängigen sind im Kommen. Sie werden stärker und stärker. Vorgestern habe ich gehört, daß Gaumont in Paris aus der Patentverwertungsgesellschaft austreten will, und Eastman’s die Absicht hat, Aktien an jedermann zu verkaufen und nicht mehr nur an Mitglieder der Verwertungsgesellschaft. Carl Laemmle bei IMP hat den Slogan geprägt: >Patentverwertungsgesellschaft ade!< - und genau das trifft zu.«
»Alles schön und gut, aber ich begreife nicht, warum die Firma ihren Namen ändern muß«, warf Fritzi ein.
»Das ist die Gegenleistung, die Hayman für sein Kapital bekommt«, erklärte Kelly. »Er sagt, daß er mit neun von einem Pferd gebissen wurde. Das Pferd mußte weg.«
»Wir haben uns bereits ein großartiges Firmenzeichen ausgedacht«, verkündete B. B.
Weitere Kostenlose Bücher