Fremde Federn
strahlend.
»Lassen Sie mich raten! Die Freiheitsstatue?«
»Gib dem Mädchen eine Prämie«, sagte Kelly. »Unterschreiben Sie den Vertrag noch heute, Fritzi.« Er beugte den Kopf über eine Akte, gerade so, als seien sie und B. B. nicht anwesend.
Freudestrahlend wie ein Vater über sein neugeborenes Kind, führte B. B. sie durch die staubige Küche zu einem Stall, in dem die Requisiten und der Malerbetrieb untergebracht werden sollten. »Die Garderoben sind dort drüben.« Fritzi war entsetzt. Er deutete auf die Pferdeställe, die nach Mist rochen. »Keine Sorge, wir hängen Decken auf.«
Die Hauptsache schien sich jedoch auf dem hinteren Teil des Grundstückes abzuspielen, vor allem um eine einfache Holzkonstruktion herum, die B. B. stolz als ihre Bühne präsentierte. Sie sah Schreiner auf Leitern und zwei bekannte Gesichter - Eddie und Jock Ferguson, der an einer unbekannten Kamera herumfummelte. War das etwa die neue, von der B. B. gesprochen hatte?
»Richtig, es ist eine Bianchi«, sagte er. »Sie trägt den Namen eines Italieners, der für Edison gearbeitet hat. Jock meint, sie sei Mist. Gibt andauernd den Geist auf. Aber sie verstößt nicht gegen ein Patent. Wir drehen natürlich weiterhin mit der alten, diese hier ist nur zum Vorzeigen. Wenn die Detektive auftauchen, können sie sich am Kopf kratzen, haha.«
Er kicherte, aber trotz des herrlichen Sonnenscheins spürte sie auf einmal einen kalten Windhauch. Im Geiste sah sie wieder Pearly und den Augenblick, als er in der Haltestation City Hall vor den Zug stürzte. Oft plagten sie deswegen schreckliche Alpträume.
Jock küßte sie zur Begrüßung auf die Wange. Eddie führte sie auf die Bühne, ein großes rechteckiges Gebilde mit Holzboden. »Wir können mindestens zwei Innenszenen auf einmal drehen«, versicherte er. »Drei, wenn wir sie zusammenrücken. B. B. und Kelly wollen die Produktion auf drei Einspuler pro Woche erhöhen - eine Komödie, ein Drama, einen Western oder einen Indianerfilm. Das ist sozusagen Standard für erfolgreiche Unabhängige.«
Lachend stellte sich B. B. vor Fritzi hin. »Nun, mein Mädchen, was sagen Sie jetzt?«
Sie lächelte leicht verwirrt und sagte: »Es tut sich viel hier.«
»Und Sie spielen dabei eine wichtige Rolle.«
Eddie legte ihr den Arm um die Schulter. »Das neue IndianerDrehbuch ist fertig, wenn du’s lesen willst.«
Aus Fritzis Verwunderung wurde Staunen. Alles deutete auf Veränderungen hin. Der neue Partner drückte der Firma, die einen neuen Namen hatte, bereits seinen Stempel auf. Eine neue Kamera war im Einsatz an einem Drehort, der jetzt Set hieß. Seltsames neues Geschäft!
Nie hätte sie es Hobart oder irgendeinem anderen Kollegen vom Broadway eingestanden, aber sie konnte es plötzlich kaum noch erwarten, daß die Arbeit losging.
Ham Hayman erschien zum ersten Mal Ende Januar, nachdem er aus San Francisco nach Los Angeles gezogen war, um unmittelbar in das Produktionsgeschehen eingreifen zu können. Er war ein kleiner, mäkeliger Mann mit blassen Händen, gelocktem Haar und Fuchsäuglein.
Eddie erklärte Fritzi, daß Hayman nicht nur das dringend benötigte Produktionskapital liefere, sondern obendrein eine Prämie in Höhe von zehn Prozent für jeden fertigen Film in die Firma einbrächte. Dafür erhielt er das exklusive Verleihrecht für alle Liberty-Filme überall, wo er Verleihbüros besaß.
Hayman erschien regelmäßig auf dem Filmgelände, wo er seine festgefügten Ansichten den Schauspielern, der Belegschaft - im Grunde allen in Hörweite - verkündete. Eine seiner Ideen führte dazu, daß eine bestimmte Person eingestellt wurde.
»Wie können wir mehr produzieren, wenn wir nicht genügend Drehbücher haben? Wir brauchen eine eigene Drehbuchabteilung«, klagte Hayman laut, so daß Fritzi ihn hörte. Eine Bemerkung, die sie nicht vergaß. Bei nächster Gelegenheit schlug sie B. B. vor, sich mit einer jungen Frau zu unterhalten, die sie kenne und die bereits ein oder zwei Drehbücher verkauft habe. Sie vergaß natürlich nicht, Haymans Ansicht zu erwähnen. B. B. sagte freudig zu.
An diesem Abend zappelte Lily vor Aufregung, während ihr Fritzi Anweisungen für das zwei Tage später geplante Gespräch gab. »Nimm die Exposés mit, die du schon verkauft hast, und ein weiteres, an dem du gerade arbeitest. Du mußt durchblicken lassen, daß du literarisch gebildet bist.«
»Aber das ist das letzte, was ich bin«, rief Lily, wobei sie die Schultern hochzog und ihre Brust unter dem
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