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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Barkeeper immer noch außer Sichtweite war. Der Druck ihrer Finger verstärkte sich.
    »Bleib heute nacht bei mir.«
    Der Schweiß schmiegte das weiße Kleid in den nassen Einschnitt zwischen ihren Brüsten. Carls Zunge fühlte sich an wie ein Stück Holz. Er war in Versuchung. Nachdem er sie einen Moment gemustert hatte, sagte er: »Ich glaube nicht, daß das eine gute Idee wäre.«
    »Die Frau vom Chef? Er wird es nie erfahren.«
    »Aber wir wissen es.«
    Ihr Zorn schlug um in Hohn. »Ach so, du bist so ein Mr. Rührmichnichtan. Ich habe dich für einen Mann gehalten.« Sie donnerte das Glas auf die Theke. »Du bezahlst den Whiskey. Die Fahrt hätte ich mir sparen können.«
    Sie ging hinaus, eine geisterhafte, silbrige Silhouette im Mondlicht. Kurz darauf hörte er das Rattern eines Autos. »Sie können Schluß machen«, sagte Carl zu dem alten Schwarzen.
    »Ja, Sir.«
    Aus dem Hinterzimmer kam der Barkeeper. Carls Blick fiel auf den Boden. Eine große braune Kakerlake mit zitternden Fühlern kroch langsam und zielstrebig über die Spitze seines Stiefels.
    »Party zu Ende?« fragte der Barkeeper.
    Carl schüttelte den Stiefel. Die Kakerlake fiel herunter, und er zertrat sie mit seinem Stiefel.
    »War keine Party. Wieviel kriegen Sie für die Flasche?«
    Am nächsten Tag, es war um die Mittagszeit, saß Carl in der Pension in Daytona, in der das Team untergebracht war, an einem Korbtisch. Sein Magen war total leer, er hatte sich die ganze Nacht übergeben. Barney erholte sich prächtig in seinem Hotel, obwohl das Zusammenflicken seines Schädels volle vier Stunden gedauert hatte. Auf Carls Tisch lag die Florida Times aus Jacksonville, die mit einer sensationellen Schlagzeile aufwartete:
    BARNEY OLDFIELD UNBESTRITTENER WELTREKORDHALTER. MENSCHLICHER BLITZ STELLT NEUEN REKORD AUF.
    Deutscher Kaiser telegraphiert Gewinner:
    »Großartiger Sieg in deutschem Auto«
    Carl machte die Spitze seines Bleistifts mit der Zunge naß und griff nach der Postkarte, die einen Orangenhain in gräßlichen Farben abbildete. Er drehte sie um und begann zu schreiben:
    »Liebe Tess, wie geht es Dir? Mir geht’s im Moment nicht besonders. Daß ich mich >B< angeschlossen habe, war vielleicht ein großer Fehler.«
    Er schrieb nicht weiter, überflog das Geschriebene. Was wollte er sagen? Sollte er das Team verlassen? Er würde viel aufgeben. An Barney Oldfield war zwar nichts, was man lieben konnte, aber um so mehr zu bewundern. Der Mann hatte keine Nerven und beinah grenzenlosen Mut.
    Vielleicht war er aber auch nur verrückt, was etwa auf das gleiche hinauslief.
    Carl liebte das Fahren. Er genoß es, wenn der Wind um seine Brille pfiff und das Publikum johlend von den Bänken sprang, sobald er auf der Zielgeraden in Richtung Haupttribüne raste. Er kannte nichts Aufregenderes, als große Autos herauszufordern, die ihm wie wilde Tiere aus Eisen, Draht und Schläuchen erschienen, durch die statt Blut Benzin floß.
    Er liebte den Ansturm der jungen Mädchen in Barneys Box nach den Rennen. Sie kamen immer in Scharen, aber wenn Bess in der Nähe war, durfte Barney keines anrühren, dann noch nicht. Jeder alleinstehende Mann fand da ein Mädchen für eine Nacht, außer er war taub, dumm und stumm.
    Aber jedes dieser leichtlebigen Mädchen hinterließ ein schales Gefühl. Keine war Tess. Nie würde ihm eine von ihnen auch nur annähernd so viel bedeuten, wie Tess ihm immer noch bedeutete.
    Er schnitt der Karte eine Grimasse und warf den Bleistift auf ein aufgeschrecktes Chamäleon, das über das Verandageländer spazierte. Er riß die Karte in Fetzen und stopfte die Schnipsel in seine Hemdtasche. Sie wollte bestimmt nichts von seinen Sorgen hören. Vielleicht war sie inzwischen mit diesem Idioten Wayne oder sonst jemandem verheiratet.
    Er blieb auf der Veranda sitzen, während sich die schwüle Hitze auf ihn legte und ihn in seinem eigenen Schweiß badete. Die Sonne brannte in seine Augen; schließlich mußte er seine Hand schützend davorhalten. Sein Hinterkopf tat wieder höllisch weh. Er fragte sich, wohin ihn diese gefährliche Strömung noch treiben würde.
51. LIBERTYS AUFSTIEG
    Fritzi stieg in einem Viertel namens Edendale an der Kreuzung Sunset und Alessandro Street aus dem großen roten Wagen. B. B.s Anweisungen folgend, wandte sie sich im morgendlichen Sonnenschein Richtung Norden, bestrebt, den Pfützen auf der Straße auszuweichen, die noch nicht vollständig ausgetrocknet waren. Selbst jetzt, im feuchten Winter, lag ein schwacher,

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