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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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richtige Bezeichnung für einen Ort war, der seinen Namen trug. Auf seine Anweisung lautete das Schild vor dem Eingang nun TAVERNE OLDFIELD-KIPPER. Seinem Partner Jack Kipper erklärte er, das Wort Taverne klinge »gebildeter«.
    Ob Taverne oder Saloon, für die sechs graugewandeten Ladies der Women’s Christian Temperance Union spielte das keine Rolle. Sie demonstrierten auf dem Gehsteig, das rechtschaffene Kinn und die Plakate hoch erhoben, auf denen der Alkohol und jene, die ihn ausschenkten, verdammt wurden. Die Gäste des Saloons tippten mit dem Finger an Hut und Stirn und machten sich lustig über die Damen, die ihnen finstere Blicke zuwarfen und sie mit Bibelsprüchen ermahnten. Von der lauten South Spring Street drang das Hupen der Autos herein, das Quietschen der Trambahn und Wiehern der Pferde, die riesige Haufen hinterließen.
    Carl schrieb etwas über sein Interesse an Flugzeugen. Um zwanzig nach fünf ging die Hintertür auf, und Barney kam mit einer Zigarre im Mund hereingewankt. Er entdeckte Carl sofort.
    »Grüß dich, mein Junge. Wie geht’s?« Die Schlägerei in Ventura schien es nie gegeben zu haben.
    Wahrscheinlich erinnert er sich gar nicht mehr daran.
    »Nicht schlecht, Barney, und selbst?«
    »Wenn ich mir einen Schluck genehmigt habe, wird’s mir bessergehen.« Er blieb neben dem Tisch stehen, die große Leinenmütze schräg auf dem Kopf, den leinenen Staubmantel offen, so daß ein Anzug in dunklem Lila sichtbar war und eine Krawattennadel mit einem Saphir, der so groß wie ein Scheinwerfer war. Auf dem Mantel bemerkte Carl braune Flecken - wahrscheinlich Blut.
    »Hattest du eine schöne Zeit mit deiner Schwester?«
    »Ja, sehr schön. Sie geht Ende Mai wieder nach New York zurück. «
    »Es kommen immer mehr Filmschauspieler zu uns. Gestern abend hab’ ich einen namens Arbuckle kennengelernt, klasse Kerl. Komm an die Bar, ich spendier’ dir ’nen Drink.«
    »Ich hatte eben ein Bier, ich glaube nicht ...«
    »Der Chef will dir ’nen Drink spendieren«, unterbrach ihn Barney. Carl war klar, daß Barney schon etliche intus hatte. Zögernd schob er Bleistift und Postkarte in die Außentasche seines abgetragenen Cordmantels.
    »Natürlich trink’ ich einen mit dir.«
    Die anderen Gäste grüßten Barney, als er mit Carl an die Bar trat. Über den Karaffen aus geschliffenem Glas am hinteren Ende der Bar hing ein riesiges Heldengemälde von Jim Jeffries in Boxershorts, die Fäuste zum Kampf erhoben. Barney winkte mit seiner kalten Zigarre.
    »Milo, gib Carl ein Glas von dem Speziellen, das wir für unsere Freunde parat halten.«
    »Für mich tut’s ein Bier.«
    »Ich will, daß du das da probierst.« Bei diesen Worten fing mit einem Mal Carls Nacken an zu kribbeln. Er spürte, daß sich etwas Unangenehmes zusammenbraute. »Schenk gleich doppelt ein, Milo.«
    Barney lehnte sich zurück, die Ellbogen auf der Bar, während er sein Lokal begutachtete. Ohne Carl anzusehen, sagte er: »Meine Frau hat mir da etwas erzählt, was mir gar nicht gefällt, mein Junge.«
    »So? Was denn?«
    »Du redest hinter meinem Rücken. Sie sagt, nichts Gutes. Ist das wahr?«
    Carl war überrascht. »Nein. Ich weiß nicht, warum sie so was erzählt.«
    Milo kredenzte ihnen zwei übergroße Gläser. Der dunkle Whiskey glänzte schwach und reflektierte die Deckenlichter, flötenartige Leuchter aus Milchglas. Mit einem verzerrten kleinen Lächeln sagte Barney: »Du möchtest doch nicht etwa behaupten, daß Bess lügt, mein Junge?«
    Mist. Seit Carl Bess abgewiesen hatte, hatte sie ihn auf dem Kieker, obwohl sie mit anderen Männern schlief, die sie auf der Rennbahn kennenlernte. Barney konnte doch nicht so blöd oder so benebelt sein, daß er das nicht merkte! Bess hatte für Carl eine besondere Rache gewählt. Wahrscheinlich kam es nicht oft vor, daß ein Mann sie abwies.
    »Nein, Barney, damit will ich gar nichts gegen deine Frau sagen, ich will nur sagen, daß ich nicht hinter deinem Rücken über dich rede.«
    »Tja, dann haben wir, so wie’s aussieht, zwei unterschiedliche Versionen. Wem soll man da glauben? Das will wohldurchdacht werden. Trink aus!«
    Vor wenigen Minuten hatte Carl von seinem Krug Budweiser genug gehabt, aber jetzt verspürte er einen unbändigen Durst. Ihm gefiel weder die Richtung, die das Gespräch nahm, noch der Ausdruck in Barneys Augen. Er nahm einen großen Schluck von dem starken, leicht bitteren Whiskey. Barney kippte seinen Doppelten in zwei Zügen hinunter.
    »Wir müssen das auf

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