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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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von Bord eines Dampfers. Sie stiegen in den Zug der Linie Gulf & Colorado um, der sie nach langer, holpriger Fahrt nach El Paso bringen würde, zeitweilig Exilhauptstadt der mexikanischen Revolutionäre, die den Sturz ihrer Regierung herbeiführen wollten.
    Sammy klagte, daß er nicht begreifen könne, wer gegen wen kämpfe, ganz zu schweigen davon, daß die Namen unaussprechlich seien. Paul sagte, ganz gleich wie kompliziert und verwirrend das Ganze auch sein möge, sie beide interessiere nur eines. »Es werden blutige Kämpfe ausgetragen, und der blutige Kampf ist eine Säule unseres Geschäfts.«
    Drei Monate vorher hatte General Victoriano Huerta das Regime Maderos, »des Apostels der Demokratie«, abgesetzt, ihn in Gewahrsam genommen und bald darauf »zum Schutz der eigenen Person« in ein Staatsgefängnis bringen lassen. In den mitternächtlichen Straßen Mexiko Citys griffen gedungene Mörder die Karawane der gutbewachten Autos aus dem Hinterhalt an. Mit einem Kugelhagel wurde Madero, der eine mögliche Bedrohung des neuen Befehlshabers darstellte, liquidiert, woraufhin Huerta die übliche »gründliche Untersuchung« versprach. Amerikas neu vereidigter Präsident Woodrow Wilson verurteilte den Mord und verstärkte die amerikanischen Truppen an der Grenze.
    Unter Führung des Vorsitzenden der Konstitutionalisten, Venustiano Carranza, hatten sich an der Guerillafront zwei Generäle hervorgetan, welche die Revolution stark vorantrieben: Emiliano Zapata im Süden und näher an Texas Pancho Villa, El Tigre del Norte, der Tiger des Nordens.
    Sowohl Rebellen als auch Bürokraten hatten den Rio Grande viele Male überquert, um hofzuhalten, Geld aufzutreiben und im Hotel Sheldon von El Paso, in dem Paul und Sammy sich einmieteten, Waffen zu kaufen. El Paso war ein lauter Haufen von Spielern, Huren, Viehdieben, Landspekulanten, Cowboys, Indianern, Armeeinfanteristen und Journalisten - ein brodelndes Gemisch, angeheizt vom Krieg und von Waffenhändlern und Fliegern scharfgemacht, die Waren und Dienstleistungen an alle verkauften, die dafür bezahlen konnten.
    Südwestlich der Stadt, in der Nähe einer stinkenden Kupferschmelzhütte, überquerten Paul und sein Assistent den Rio Grande auf einem schwankenden Steg aus Seilen und Brettern. Kamera- und Filmtaschen lagen sicher unter schmutzigen Decken in einem knar-zenden Mauleselkarren. Sie führten Behälter mit Trockenfleisch und Schiffszwieback sowie drei Feldflaschen mit, zwei davon mit Wasser, eine mit Whiskey gefüllt. Bunte Umhänge und Strohhüte, alte Hosen und Sandalen ersparten ihnen unbequeme Fragen. Paul hatte seinen Paß zusammengefaltet und ihn zusammen mit einem Kreditbrief seines Arbeitgebers in einem Stoffbeutel verstaut, den er an einem Lederriemen um den Hals trug. Die Soldaten der Zentralregierung auf der mexikanischen Seite winkten sie gleich freundlich herbei. Paul sprach leidlich Spanisch.
    Unterhalb von Juarez erstreckte sich eine unfruchtbare Dünenlandschaft, auf deren Anhöhen rosafarbene und weiße Bärentraubenbäume, Fettholz, Feigenkakteen, Yuccapalmen und stachlige Kerzen-sträucher wuchsen, deren Zweigenden leuchtendrote Blüten trugen. Die Sierra Madre, deren Erhebungen mit kargem Bewuchs an den unteren Hängen wie nebelhafte blaue Steinwälle aufragten, bildete die Grenze zum Süden. General Villa, der Held der Armen, hatte den Krieg in diesen nördlichen Staat gebracht und die großen Ranchen niedergebrannt, Haziendas geplündert, Städte und Dörfer belagert, um die Federalistas zu verjagen. Dann rekrutierte er Männer für seine Norddivision, denen er einen triumphalen Marsch auf die Hauptstadt versprach, wo sich Huerta und seine Anhänger an Macht und Privilegien klammerten und - nicht zufällig - auf die Gunst der amerikanischen Öl- und Minenverbände bauten, die sie im Kampf unterstützten.
    Das immergrüne Gebüsch wurde immer spärlicher, bis sie sich in einer öden, unbarmherzigen Wüste befanden. Die Berge schienen weiter und weiter zurückzuweichen. Durst, Hitze und Sandflöhe malträtierten sie bei Tag und bei Nacht. Zweimal sahen sie am Himmel schwarze Rauchsäulen von brennenden ranchos aufsteigen. Am Abend des vierten Tages kamen sie bis in Sichtweite einer Stadt, wenige Meilen westlich der Eisenbahnlinie, die Juarez mit dem zweihundertfünfzig Meilen weiter südlich gelegenen Torreön im Staat Durango verband. Durch seinen Feldstecher sah Paul die Flaggen der Federalistas auf den Dächern der Stadt wehen.
    Er und Sammy

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