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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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seine Wange, Zähne flogen aus seinem Mund. Blut spritzte auf Pauls Haar, in seine Augen, auf seinen Umhang, seine Hände und die Kamera. Trotzdem kurbelte er weiter.
    Ein stattlicher Soldat sprang vom Pferd und führte drei weitere Männer eilig die Stufen zur Kirche hinauf. Einer der Männer schwang ein Bajonett. Die Rebellen umringten die Kanone und verschwanden im Kircheninneren. Einen Augenblick später wurde der befehlshabende Offizier aus der Tür geworfen, ein Bajonett mitten in der Brust. Er taumelte die Stufen hinunter. Seine Pickelhaube fiel auf die Steine. Sein Haar war blond.
    Weitere Pistolenschüsse in der Kirche beseitigten wohl die letzten Kämpfer dieser Einheit. Zwei Männer wurden aus der Kirche geworfen, dann wurde die rauchende Kanone vorsichtig in das Sonnenlicht gerollt und die Stufen hinuntergeschoben. Während die vier Rebellen lauthals jubilierten, rastete Pauls Filmverbrauchsanzeige bei Null ein.
    Die Soldaten schwangen sich auf die Pferde, ritten davon und ließen die Kanone vorläufig zurück. Paul überblickte den leeren Platz, ließ seine Kamera stehen und lief zu dem toten Offizier, der bereits zu riechen anfing. Mit angehaltenem Atem suchte Paul in den Taschen der Uniform nach Ausweispapieren, fand jedoch keine, dafür aber ein kleines Buch in deutscher Sprache.
    In dem Augenblick traten drei bewaffnete Männer in Sandalen und zerrissener Kleidung, in den Händen mehrere Patronengurte, aus der Straße, die Paul eben verlassen hatte. Der Anführer schrie auf spanisch: »Hier ist der andere Gringo.« Ein vierter Mann zerrte Sammy mit vorgehaltener Pistole aus der dunklen Straße.
    Paul fuhr mit der Hand an seinen unter dem Umhang verborgenen Revolver, hielt jedoch inne, als die drei Guerillas ihre Gewehre auf ihn richteten. Ohne ihn aus den Augen zu lassen, kamen sie näher.
    »Sie stehen unter Arrest«, sagte der erste der Männer.
    Paul hob langsam die Hände.
    Schmutzig, blutig und müde verspürte Paul das dumpfe Gefühl, versagt zu haben. Die Soldaten durchsuchten ihn, schnallten ihm Revolvergürtel und Halfter ab, gaben ihm jedoch das Büchlein nach kurzem Blick darauf zurück. Paul steckte es in seine Tasche und schloß zu Sammy auf. Einer der Soldaten packte die Kamera und schwang das Stativ auf die Schulter. Paul drängte es danach, ihn zu bitten, die Kamera mit Vorsicht zu behandeln, aber damit hätte er verraten, daß er Spanisch sprach; diese Karte wollte er jedoch noch nicht ausspielen. Der Soldat ging übrigens vorsichtig damit um, was Paul überraschte - und ihn ein wenig verwirrte.
    Über den Dächern der Ziegelhäuser färbte sich der Himmel schwarz von Rauch. Es ertönte weiterhin Geschützfeuer, wenngleich weniger regelmäßig als vorher. Der Zug verließ den Platz, erklomm eine ansteigende Straße, erreichte einen anderen Platz und schließlich eine unversehrte cantina, besetzt von einem Dutzend Soldaten, heiter und fröhlich nach der Eroberung der Stadt. Vielleicht waren sie überhaupt heiter; Paul erinnerte sich, daß es sich bei Villas Männern um Freiwillige handelte, die sich zum Kampf gemeldet hatten, weil sie an sein Programm der Landreform und Bildung glaubten. Die Federalistas, die an der Front kämpften und starben, waren dagegen größtenteils Zwangsrekrutierte.
    In einigem Abstand zu den Männern saß eine Frau, aufreizend mit einer Winchester auf den Knien. Sie starrte vor Dreck, aber in gewisser Weise war sie attraktiv. Unter ihrer Bluse zeichneten sich schwarze Brustwarzen, so groß wie Kirschen, ab. Mit einem Lappen entfernte sie langsam die Flecken vom Metallgehäuse. In ihren Augen flak-kerte die Leidenschaft, die Villa zur Stärke und zum Vorteil gereichte.
    Der General saß auf einem Stuhl unter seinen Soldaten, die ihn jedoch in respektvollem Abstand umringten. Er war ein untersetzter Mann und ungefähr Mitte Dreißig. Sein dunkles, flaches Gesicht verriet indianische Abstammung. Der volle Schnurrbart erinnerte an einen schwarzen Rasierpinsel. Auf dem Tisch neben ihm stand eine Flasche mit einer klaren Flüssigkeit im Schatten. Paul sah den Wurm in dem Tequila.
    Im Gegensatz zu den gemeinen Soldaten trug der General eine einfache khakifarbene Uniform, staubige Stiefel und eine Militärmütze. Seine Augen, die so dunkelbraun waren, daß sie fast schwarz wirkten, schienen niemals zu blinzeln.
    »Sprechen Sie Spanisch, mein Freund?« fragte er Paul in eben dieser Sprache.
    »Ich verstehe nicht«, antwortete Paul auf englisch.
    Der General schnippte

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