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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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einen zu kleinen Hut und einen Spazierstock, der an seinem Arm hing und schaukelte. Fritzi machte eine Bemerkung zu diesem Aufzug, den sie noch nie vorher gesehen hatte.
    »Dann haben Sie meinen letzten Film nicht gesehen, meine Liebe. Vor einiger Zeit hatte Sennett Leerlauf zwischen zwei Drehszenen. Er gab mir dreißig Minuten, mir eine Rolle auszudenken. Ich nahm, was ich finden konnte, und als I-Tüpfelchen habe ich mir noch den Schnurrbart angeklebt.« Der Schnurrbart sah aus wie eine schwarze Zahnbürste. »Der Film, den ich im Moment mache, ist mein dritter als kleiner Vagabund.«
    »Und die anderen waren erfolgreich?«
    »Mehr als das. Die Komödien von Keystone erreichen im Durchschnitt zwanzig Kopien. Dreißig ist außergewöhnlich. Vom zweiten Vagabunden-Film haben sie fünfzig gemacht, aber selbst das hat noch nicht gereicht. Die Verleiher verlangen noch mehr. Ich bin sehr zufrieden.«
    Fritzi verschwieg ihm, daß Liberty von jedem Einsamen-IndianerFilm mindestens sechzig Kopien laufen hatte. Statt dessen blieb sie still, während Charlie von seinem Sandwich abbiß. In dem Augenblick setzte sich ein bernsteinfarbener Schmetterling auf seinen Ärmel. Charlie rührte sich nicht, um ihn nicht zu stören. Nachdenklich betrachtete er den Falter.
    »Ist was?« fragte Fritzi. »Ist Ihnen der Appetit vergangen?«
    Er schüttelte den Kopf; der Schmetterling flatterte davon.
    »Ich glaube, daß Sennett mich rauswirft.«
    »Aber warum denn, um Himmels willen? Er verdient doch sicher viel Geld an Ihnen!«
    »Haufenweise. Und mir bezahlt er einhundertfünfzig Dollar in der Woche.« Mehr als ihr B. B. angeboten hatte, aber Charlie war schließlich ein komödiantisches Genie, gekränktes Ego hin oder her. Aber als er hinzusetzte: »Ich bin tausend wert«, war sie doch unangenehm berührt. Da sie ihn anstarrte, runzelte er die Stirn. »Geld ist nicht das einzige Problem mit Sennett. Ein engstirniger Mensch. Kurbelt alles hastig und lieblos herunter. Nach dem Motto: je mehr, desto besser. Meinte, ich brauche zu lange, um mir einen Gag auszudenken. Habe ihm erklärt, daß ich länger brauche, weil ich phantasievollere Dinge machen möchte, als nur auf Bananenschalen auszurutschen und von Leitern zu fallen. Und daß ich außerdem Regie führen möchte. Als ich ihm das sagte, wurde er ganz bleich und reichte mich an seine Freundin Mabel weiter. Jetzt führt sie bei mir Regie.« Er schüttelte den Kopf. »Keine Sorge, wird schon alles werden. Mein Erfolg ist auch andernorts nicht unbemerkt geblieben«, sagte er und ließ seine Brauen auf und nieder tanzen. »Darf ich Sie etwas fragen? Was ist ein >Barbecue    »Ein Grillfest, eine Art Picknick. Fleisch wird auf einem Spieß gebraten und dann mit Soße serviert. Meistens Schweinefleisch.
    Warum?«
    »Ich bin morgen zu so was eingeladen. Eine Party, eigens für einen Schauspieler, den Tom Ince engagiert hat. Er hat in New York mit ihm zusammengewohnt, als beide noch am Theater waren. Hätten Sie Lust mitzukommen? Ich würde mich sehr freuen.«
    Auf Fritzi warteten Wäsche, Flickarbeiten, ungelesene Zeitungen und ein Brief, den sie ihrer Mutter schuldete. »Danke, aber ich denke, ich sollte besser zu Hause bleiben. Wo findet das statt?«
    »Ziemlich weit draußen. Auf der Inceville-Ranch.«
    Cowboys?
    »Ich komme mit. Um wieviel Uhr?«
    Charlie mietete einen Einspänner. Es war ein herrlicher Juninachmittag. Die Fahrt an den Nordrand von Santa Monica dauerte eine Stunde. Sie nahmen die alte Hauptstraße, das sonnengleißende Meer auf der einen Seite, auf der anderen die graubraunen, von Canyons durchfurchten Berge, übersät von Mohnblumen und karmesinrotem Heidekraut.
    Tom Ince war schnell einer der ersten Regisseure der Stadt geworden. Die Wildwest-Show der Gebrüder Miller überwinterte in Kalifornien, und Ince hatte eine Vereinbarung getroffen, in der Nebensaison die Angestellten und die Ausstattung der Gebrüder Miller zu übernehmen. Er filmte seine breitangelegten Western auf einem über siebzig Quadratkilometer großen Gelände, das einst zu einem spanischen rancho gehört hatte.
    Sie fuhren durch ein wunderschönes Ranchtor und einen steilen Hügel aufwärts. Rebstöcke wuchsen an den blaßgrünen Hängen. Ungestrichene Baracken mit langen Veranden türmten sich wie Schuhschachteln auf einem Felsen über dem Pazifik. »Schneideräume und Garderoben«, erklärte Charlie. »Sie benutzen sie manchmal für Außenaufnahmen: Forts, Handelsposten und so weiter.«
    »Sie

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