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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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war kaum mehr als ein Seufzen. Sie hörte ihn, sah ihn aber nicht; die Lichter an Loys Auto waren erloschen, das Gas verbraucht.
    »Ich wußte nicht, ob ich es fertigbringe, es dir zu sagen. Habe lange drüber nachgedacht. Aber dann dachte ich, wir sind Freunde und daß du es vielleicht verstehst. Ich hab’ es nicht vielen erzählt. Windy weiß es und ein Vorarbeiter oben in Idaho, dem ich vertrauen kann. Nicht viele.«
    Sie drückte seine Hand. Dann rieb sie ihre Unterarme und fühlte die Gänsehaut. »Ich glaube, ich muß mir was anziehen.«
    Als sie wieder angekleidet waren, begleitete sie ihn zur Tür. Sie machte im Wohnzimmer Licht, damit die Hongs, wenn sie nach Hause kamen, den Eindruck hätten, alles sei in Ordnung. Es hatte aufgehört zu regnen. Überall tropfte noch Wasser. Eine Limousine fuhr vorbei, vier Leute lachten und johlten. Einer warf eine Flasche aus dem Fenster, die das Wasser einer Pfütze aufspritzen ließ.
    Auf der Veranda küßte er sie schnell und ging dann pfeifend zum Auto. Ein formloser Abschied. Ohne ein Wiedersehen zu versprechen, es wurde nicht einmal erwähnt. Das war nicht einmal der halbe Laib, das war ein Krümel, und wenn er ihr eines Tages auch noch den wegnähme - sie konnte nicht einmal einen Gedanken daran ertragen.
    Bevor er ins Auto einstieg, lüftete er seinen hohen Hut und winkte. Sie hauchte ihm einen Kuß zu. Sie saß auf der Verandaschaukel, bis er ohne Lichter davontuckerte. Sie hatte Angst um ihn. Ohne Beleuchtung konnte er ja nicht sehen, was vor ihm lag.
    Als das Auto in der Dunkelheit verschwand, kam es ihr plötzlich in den Sinn, daß auch sie das nicht konnte.
74. UND WIEDER DETROIT
    »Einzelzimmer, Sir?«
    »Das beste bitte. Ich bleibe nur ein paar Nächte.«
    Der arrogante Hotelangestellte musterte Carls blaue Strickmütze, die billige Matrosenjacke, den zerschlissenen Schal um seinen Hals, seine ramponierte Reisetasche, die er beim Hotelpagen abgestellt hatte. »Wir ersuchen unsere Gäste in der Regel, die Rechnung im voraus zu begleichen.«
    Carl schob Papiergeld über die Marmortheke und trug sich im Gästebuch ein. Es war ein gutes Gefühl, als zahlender Gast in dieses Hotel zurückzukehren, auch wenn es Verschwendung war; vielleicht die einzige, die er sich auf dieser Reise erlauben konnte.
    Das Wetter in Detroit war grau und trostlos, hin und wieder regnete es sogar. Die Sirenen der Schiffe auf dem nebligen Fluß schienen den Einzug des Winters zu beklagen. Nach einem heißen Bad und einem Frühstück, das aus einem halben Dutzend Eiern, Bratkartoffeln und einem Steak bestand, schlang sich Carl den Schal um den Hals und machte sich auf den Weg nach Highland Park.
    Er war überwältigt von den Ausmaßen der Ford-Fabrik, die erbaut worden war, nachdem er die Stadt verlassen hatte - ein unglaubliches Gebäude, vier Stockwerke hoch und, wie es schien, eine Meile lang, obwohl das wahrscheinlich eine Täuschung war. Was Carl aber noch mehr beeindruckte als die Größe, das war die Anzahl der Fenster. In einer Broschüre, die er bei der Handelskammer mitgenommen hatte, wurde die Fabrik als »Detroits Kristallpalast« bezeichnet.
    Entworfen hatte diesen einzigartigen Bau Mr. Fords Architekt Albert Kahn. In der Fabrik hatte Ford seine Vorstellung vom ersten Fließband verwirklicht. Carl hörte es klirren und rasseln, ein monotones Lied durch die Fenster, die trotz des Regens und der kalten Winterluft offenstanden.
    Ein Wächter, der die Marke der Mitarbeiter von Ford auf seinem Regenmantel trug und einen Knüppel schwang, trat durch das Tor.
    »Wir stellen niemanden ein.«
    »Ich suche keine Arbeit. Wie viele Leute arbeiten jetzt hier?«
    »Wozu wollen Sie das wissen?«
    »Ich hab’ hier mal gearbeitet. Na ja, nicht hier, sondern in der Piquette Avenue.«
    Das schien den Mann ein wenig milder zu stimmen. »Etwa zwölftausendfünfhundert. Letztes Jahr sind mehr als dreihunderttausend Autos vom Fließband gerollt. Dieses Jahr müßten es noch mehr werden, die Nachfrage steigt.«
    »Mr. Ford ist wirklich ’n Genie. Ich habe gehört, daß man ihn gern als Senator sähe.«
    »Oder als Präsidenten. Wie war doch gleich noch mal Ihr Name?«
    »Carl Crown. Mr. Ford wird sich nicht an mich erinnern.«
    »Haben Sie wahrscheinlich recht. Er ist jetzt ein großes Tier. Führender Industrieller.«
    Carl nickte, lächelte und machte sich mit einem Gefühl der Ehrfurcht und einer gewissen Wehmut auf den Rückweg. Der Regen wurde zu einer grauen Schieferwand.
    Eine schwarze

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