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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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mit steifem Rücken neben ihnen und beobachtete sie. Wie er so dastand, mit gespreizten Beinen und hinter dem Rücken verschränkten Händen, war er das Inbild militärischer Korrektheit. Mehrere Auszeichnungen, darunter das Eiserne Kreuz, zierten seinen steifen Rock. Die Enden seines dichten braunen Schnurrbarts bewegten sich in der steifen Brise. Kapitänleutnant Waldmann war erst Anfang Dreißig, aber seine Hingabe an die Pflicht hatte schon tiefe Furchen in dem windgegerbten Gesicht hinterlassen.
    Paul mochte den Mann. Er hatte nicht diese großspurige Arroganz der Deutschen, die Paul in Belgien erlebt hatte; stolz wie ein kleiner Junge auf sein Spielzeug führte er den Besuchern sein Schiff vor. Dabei erwähnte er jeden einzelnen Vorzug: Dieselmotoren, neueste periskopische Linsen, leistungsstarker, drahtloser Sender, Torpedoröhren an Bug und Heck, bemerkenswerte Reichweite - fünftausend Meilen bei acht Knoten, ohne aufzutanken. Das U-Boot war als letztes zur Marineflotte in der Nordsee gestoßen. Waldmann erklärte, Deutschland habe seit dem Stapellauf des ersten U-Bootes im Jahr 1906 auf diesem Gebiet riesige Fortschritte gemacht, und das trotz der Einwände von Admiral von Tirpitz, der Unterwasserboote wegen ihres damals noch begrenzten Radius ablehnte.
    Sammy machte die Kamera fest und trat zurück. »Alles klar, Chef.«
    »Danke, Sam.« Paul richtete seine Mütze gerade und suchte in einer Tasche voller Papierfetzen nach einer Zigarre. Auf deutsch sagte er zu Waldmann: »Ich würde gerne Ihre Geschützmannschaft bei einer Übung filmen. Meinen Sie, das läßt sich machen?« Fünf der aus insgesamt fünfunddreißig Matrosen bestehenden U-Boot-Besatzung standen in Grundstellung neben der 150-mm-Deckkanone.
    »Aber gewiß, Mr. Crown. Alles was Sie wünschen.«
    »Ich danke Ihnen.«
    »Es ist uns eine große Freude, wenn unsere Unterwasserfahrzeuge in Ihrem Land gesehen werden. Ich habe gehört, daß Sie vom Feind nicht soviel Kooperation erfahren.« Glücklicherweise verstand Sammy das Wort Feind nicht; er sah ohnehin schon angriffslustig genug aus.
    »Keinerlei Unterstützung. Sie haben uns ausgewiesen. Dagegen ist Berlin Journalisten und Kameraleuten gegenüber sehr aufgeschlossen.« Waldmann hatte recht, die verdammten Narren in Whitehall weigerten sich noch immer, Korrespondenten in die Nähe ihrer Armeen, ihrer Waffen oder auch nur ihrer Übungsplätze zu lassen. Paul fühlte sich in gewisser Weise schuldig, weil er sich in Deutschland frei und erfolgreich bewegte; wie Sammy glaubte auch er, daß Deutschland der Aggressor war, noch dazu ein gnadenloser und brutaler. Aber er brauchte Filmmaterial.
    »Wenn es nicht geheim ist, hätte ich gerne gewußt, welchen Kurs Sie mit Ihrem U-Boot einschlagen werden?«
    »Aber ganz und gar nicht. Es ist allgemein bekannt, daß das Oberkommando in Berlin in Kürze die Gewässer um Großbritannien zur Kriegszone erklären wird. Wenn dieser Fall eintritt, werden wir uns höchstwahrscheinlich dorthin bewegen, um zu verhindern, daß Waffen, die aus Ihrem Land kommen, englische Häfen erreichen.«
    »Werden Sie die Schiffe versenken?«
    »Ich will hoffen, daß sie die Segel streichen, bevor es dazu kommt.«
    »Wir sprechen von Frachtschiffen?«
    »Ganz richtig.«
    »In London gehen Gerüchte um, Waffen würden auf Passagierschiffen geschmuggelt.«
    »Ja, wir haben ähnliche Berichte erhalten. Es heißt auch, daß britische Schiffe, die solche Bannware befördern, die Flagge der Vereinigten Staaten aufziehen, um sich zu schützen. Eine feige Täuschung, wenn Sie mich fragen.«
    »Aber selbst in der Kriegszone würden Sie doch niemals ein Schiff torpedieren, das unter neutraler Flagge fährt?«
    »Oh, ich bin sicher, daß wir nie in diese unglückselige Lage kommen werden«, antwortete der Kapitänleutnant ausweichend. Er trat näher an Paul heran, damit seine Männer ihn nicht hören konnten. »Trotzdem würde ich Ihnen raten, Mr. Crown, besondere Vorsicht walten zu lassen, wenn Sie demnächst in Ihr Heimatland zurückreisen.«
    »Ich werde allerdings irgendwann im nächsten Jahr zu einer Vortragsreise hinüberfahren. Diese Filme werden in meinen Vorträgen Verwendung finden.«
    »Dann rate ich Ihnen, auf einem amerikanischen Schiff zu reisen und keinesfalls mit einem von Cunard oder White Star. Auch wenn es Passagierschiffe sind, sie sind nicht neutral.«
    »Ich verstehe. Danke für den Rat!« Ein Rat, den Paul erschreckend fand.
    Seemöwen schrien über ihren Köpfen,

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