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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Symphonieorchester spielte im Orchestergraben zu Griffith’ Film. Schon die ersten Töne der Ouvertüre versetzten die Anwesenden in gespannte Erregung. Die Geschichte einer Südstaatenfamilie vor und nach dem Bürgerkrieg fesselte das Publikum. Frit-zi bewunderte Mr. Griffith für seine hochgesteckten Ziele, und sein genialer Geist zeigte sich in Aufbau und Schnitt. Die Szenen auf dem Schlachtfeld waren einfach spektakulär, auch die, bei deren Aufnahme sie dabeigewesen war. Ihr Herz begann schneller zu schlagen, als der kleine Oberst, der adrette Henry Walthall, ein Banner der Konfö-derierten in den Lauf einer Kanone der Unionsarmee schob. Nach der Pause eilte der Ku-Klux-Klan der in Bedrängnis geratenen Familie zu Hilfe, und die spannungsgeladene Dramatik wurde noch vom Ritt der Walküre unterstrichen, der aus dem Orchestergraben dröhnte. Einer dieser Reiter mit Kapuzen war Loy, erinnerte Fritzi sich traurig.
    Obwohl sie von der künstlerischen Darbietung aufgewühlt war, fühlte sie sich doch gleichzeitig vom Inhalt abgestoßen. Sie war und blieb die Tochter von General Joe Crown, der dafür gekämpft hatte, aus schwarzen Menschen freie und gleichberechtigte Bürger zu machen und nicht etwa Dummköpfe, als die Griffith sie darstellte -Einfaltspinsel in grellen Kleidern, die an Hühnerbeinen nagten und die Knochen auch im Parlamentsgebäude über die Schulter zu Boden warfen. Die Tatsache, daß Griffith in Kentucky aufgewachsen und sein Vater als Rebellenoffizier gedient hatte, erklärte seine Sympathien, aber Fritzi war nicht der Meinung, daß es dadurch auch gerechtfertigt war, die vermummten nächtlichen Reiter zu glorifizieren und Schwarze zu lüsternen und dümmlichen Gestalten zu degradieren. Sie gehörte zu den wenigen, die beim anschließenden stürmischen Applaus nicht aufstanden. In der Lobby hielt sie sich der Menschenschlange fern, die anstand, um dem Regisseur zu gratulieren.
    Lily schlenderte mit einer gefalteten Zeitung von der Größe der Sensationsblätter ins Zelt. Das Zelt hatte einen festen Boden und Wände aus weißem Leinenstoff, es stand hinter dem sonnengebleichten Gebäude, das Libertys eigentliche, völlig überfüllte Garderoben barg. Auf einem kleinen Holzschild stand »Miss Crown«.
    »Sag mal, Fritzi, wo zum Teufel kommt das her?«
    Fritzi drehte sich auf dem Hocker vor dem Schminktisch zu ihr um. »Das Zelt? Es stand schon da, als ich heute morgen kam.«
    Ihr betont gleichgültiges Schulterzucken sollte die Bedeutung dieser Tatsache mindern, doch Lily pfiff trotzdem.
    »Ein eigenes Zelt als Garderobe. Du bist eindeutig auf dem Weg nach oben.«
    Sie reichte Fritzi eine Ausgabe von Screen Play. »Hier, lies mal. Seite vier.«
    Lilys Hemdbluse mit einem großen gelben Flecken, vermutlich Senf, hing auf der einen Seite aus dem Rock. Zeige- und Mittelfinger ihrer rechten Hand waren bräunlich verfärbt. Sie zündete sich eine Zigarette an und lehnte sich gegen die mittlere Zeltstange, während Fritzi blätterte. Lily hatte diese Woche bereits zwei Arbeitstage versäumt. Ihr Gesicht wirkte eingefallen und grau.
    »... Ebenfalls bei der Premiere von Griffith’ Epos anwesend: Libertys Starkomödiantin Fritzi Crown, am Arm ihres tragischen Schauspielerkollegen Hobart Manchester - nicht ihr üblicher Begleiter, wie Screen Play hiermit erstmals berichten kann. Miss C. gehört ja vielleicht zum neuen Adel dieser Stadt, aber privat scheint es ihr an Niveau zu fehlen, springt sie doch mit einem Cowboy-Darsteller mit Dreck unter den Nägeln und weiß Gott welcher Vergangenheit ins Stroh. Viele dieser Kaktushelden, die am Wasserloch herumlungern und auf Tagesjobs hoffen, hängt der Ruf an, dem Gesetz der Ranger ihrer Heimat nur einen Schritt voraus zu sein. Vorsicht, Fritzi!«
    »O mein Gott!« Sie warf die Zeitung auf den Boden.
    Lily blies den Rauch ihrer Zigarette in die Luft. »Was hast du ihr getan?«
    »Nichts. Ich traf sie im Dezember auf einer Party. Ich habe ihre billigen Fragen über Loy nicht beantwortet.«
    »Er ist gegangen.«
    »Offensichtlich weiß sie das nicht.«
    Lily schnalzte mit der Zunge und schüttelte den Kopf. »Viele Leute lesen, was dieses Weib schreibt. Viele glauben jedes Wort.«
    »Na komm, so ein ausgemachter Mist kann mir doch nichts anhaben.«
    Lily zermalmte das Streichholz mit der Spitze ihrer roten Lederpumps. »Das hoffe ich. Kellys Sekretärin sagte, Kelly hätte es gesehen, und es hätte ihm nicht gefallen. Es werfe ein schlechtes Licht auf das Studio. Er

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