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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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umzuquartieren.
    Er versuchte sich einzureden, daß dies eine gute Geldanlage sei. Mrs. Van Sant war keine besonders gute Schauspielerin. Sie war keine jener Darstellerinnen, die auch die schrecklichste Aufführung retten konnten wie beispielsweise Mrs. Patrick Campbell. Aber sie hatte eine Gemeinde auf beiden Seiten des Atlantiks und würde den Publikumszustrom gewährleisten.
    Bei den Proben konnte sie ein Alptraum sein - als hätte er nicht schon genügend Alpträume, indem er ein Stück herausbrachte, das seit der Uraufführung in Hampton Court im Jahr 1606 vom Pech verfolgt war. Bedauerlicherweise war aber gerade dieses Stück ein Publikumsrenner. Selbst Abergläubische konnten nicht umhin, es auf die Bühne zu bringen. Aber wenn diese Produktion ein Fehlschlag werden sollte, war er am Ende.
    Er stippte den letzten Rest des Eintopfs mit Brot auf und beruhigte sich mit einer positiven Tatsache: Er hatte sein Ensemble beisammen. Das letzte Mitglied, diese Miss Crown, hatte heute morgen unterzeichnet. Er hatte ihr Vorsprechen über die Maßen gelobt, aber den eigentlichen Grund verschwiegen, warum er sie engagiert hatte. Sie war billig, sie kostete nur dreizehn Dollar pro Woche. Miss Murphy bekam fünfzehn, die erfahrene Miss Whittemeyer siebzehn fünfzig.
    Charmantes Mädchen, diese Miss Crown. Nicht hübsch im landläufigen Sinn, aber sie hat etwas sehr Attraktives an sich. Wärme und eine gewinnende Frische, schöne Augen.
    Der Klavierspieler trat aus der Herrentoilette. Nach ein paar Fingerübungen, die quäkend klangen, spielte er The Mansion of an Aching Heart. Die Kellnerin trat an seinen Tisch. »Noch ein Bier, mein Guter?«
    »Warum nicht.«
    »Möchten Sie vielleicht noch etwas anderes, später, wenn wir schließen?«
    »Oh, nein! Danke vielmals.«
    Er dachte weiter über Miss Crown nach und lächelte. Es mußte sie unheimlich Nerven gekostet haben, Miss Vole am Telephon zu imitieren. Diese Miss Vole kannte jeden Trick und Kniff um ihre Konkurrentinnen aus dem Konzept zu bringen. Das wäre nicht weiter schlimm gewesen, aber sie setzte ihre Tricks in wirklich böser Absicht ein, das hatte er gleich gemerkt.
    In der Tat war er einen Moment lang sogar auf Miss Crowns Imitation hereingefallen. Er hoffte nur, daß sie auch auf der Bühne bestand, genauso wie seine anderen Schauspieler. Er sah schon genügend Schwierigkeiten mit seiner Hauptdarstellerin voraus, und mit den dunklen Dämonen, welche die Schottische Tragödie seit Shakespeares Tagen verfolgten.
    Was konnte er mit diesem Abend noch anfangen? Vielleicht ein Nickelodeon; die kleinen Filme amüsierten ihn. Zwei Scheiben Brot lagen noch auf seinem Teller. Nach einem schnellen Blick in die Runde schob er sie unter seinen Umhang und verabschiedete sich.
    Fritzi betrat das Novelty am folgenden Montag um neun zur ersten Probe. Der Pförtner lugte aus seinem Häuschen, wo er der dicken Katze das Fell kraulte. Fritzi stellte sich vor.
    »Ah, ich erinnere mich, Miss. Ich bin Foy. Die meisten nennen mich Pop. Sie sind eine ganze Stunde zu früh dran.«
    »Ich bin immer gern etwas früher dran, damit ich ein Gefühl für das Ganze bekomme. Das ist eine hübsche Katze. Wie heißt sie?«
    »Königin Gertrude. Ich wollte wieder eine schwarze, als Cyrano starb, denn schwarz ist die Glücksfarbe für eine Theaterkatze. Ich hab’s bloß nicht übers Herz gebracht, diese hier wieder wegzuschik-ken, als sie eines Tages vor mir stand.« Königin Gertrude miaute und schmiegte sich an seine Hand. »Gehen Sie ruhig rein, Sie sind nicht die erste.«
    Im dunklen Zuschauerraum entdeckte Fritzi jemanden unter dem Balkon. Sie schritt durch den Halbkreis aus Stühlen auf der Bühne. »Hallo?«
    »Auch hallo. Wer sind Sie?«
    »Fritzi Crown.«
    »Sind Sie eine der drei Damen in unserem Hexenzirkel?«
    »Ja.«
    Die Schauspielerin mit dem Wuschelkopf und dem Glasauge schritt den Gang entlang. »Ida Whittemeyer, willkommen.«
    »Danke. Sind Sie auch früher gekommen, um sich mit dem Theater vertraut zu machen?«
    »Ja. Es ist ganz nützlich, wenn man weiß, wie groß ein Theater ist und wie weit die Stimmen tragen. Außerdem bringt es Glück.« Miss
    Whittemeyer ging die Treppe zur Bühne hinauf. »Für dieses kleine Abenteuer brauchen wir Glück. Es heißt, daß bei der allerersten Aufführung der Schottischen Tragödie der junge Mann, der Lady M spielte, krank wurde und Shakespeare die Rolle selbst lesen mußte. Seit damals liegt ein Fluch auf dem Stück. Schauspieler werden

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