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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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draußen, während die Sonne im Hudson versank, dunkel wurde.
    »Ich bin hausbacken, Eustacia.«
    »Unsinn, Sie sind sehr attraktiv.«
    »Ich bin hausbacken, und ich weiß es. Außerdem zu dünn.«
    »Dann sollten Sie mehr essen.«
    »Ach, das habe ich ja versucht. Ich stopfe alles in mich hinein, was mir in die Finger kommt und nehme auch ein paar Pfund zu, aber dann bin ich entweder sehr beschäftigt oder habe kein Geld oder kriege irgendwo grauenhaftes Essen vorgesetzt, und dann krieg’ ich gar nichts mehr runter.« Fritzis Hand fuhr an ihren Busen. »Und essen hilft da ohnehin nicht. Zu flach.«
    »Lassen Sie sich von mir, die gerade in dieser Abteilung zuviel des Guten abbekommen hat, sagen, daß Sie sehr hübsch aussehen.«
    »Korsageeinlagen.« Fritzi hielt sich die Hand vor den Mund. »Ich kann nicht glauben, daß ich solche Dinge sage.«
    »Das ist der Champagner. Nehmen Sie noch ein Schlückchen. Und lassen Sie sich nicht täuschen. Der Busen wird überbewertet. Ein großer Vorbau ist keine Garantie für das Glück. Denken Sie an Charlie, diesen undankbaren kleinen Mistkerl.« Sie stieß einen langen, sentimentalen Seufzer aus. »Die Leute glauben immer, wir führten ein so herrliches Leben, wir vom Theater. Aber in Wahrheit ist es sehr einsam.«
    »Das habe ich auch festgestellt«, pflichtete ihr Fritzi bei. »Man lernt im Theater unheimlich viele Leute kennen, aber man gewinnt nur wenige Freunde.«
    »Aber ab jetzt haben Sie eine Freundin. Ja, wirklich.« Sie tätschelte Fritzis Hand, erfreut und beglückt von der Überraschung und dem Entzücken, das sich auf dem Gesicht der jungen Frau widerspiegelte. Sie sprang auf. »Ich lasse noch eine Flasche heraufkommen. Wo ist das Telephon?«
    »Danke vielmals. Aber ich glaube nicht, daß ich .«
    »Und ein kleines Abendessen. Ich setze es auf Hobarts Rechnung.
    Wenn er meckert, werde ich ihm kräftig einheizen. Das wird er so schnell nicht vergessen«, bellte Eustacia und schlug sich lachend auf die Schenkel. Sie und Fritzi kicherten wie zwei Schulmädchen - zwei ungezogene Schulmädchen.
19. WIEDERSEHEN
    Auf der Lusitania der Cunard-Linie, der Welt größtem Schiff, fuhr Paul in den Hafen von New York ein. Wieder packte ihn die Erregung beim Anblick der Freiheitsstatue, die er 1892 zum ersten Mal erblickt hatte.
    Am Hudson-Pier überwachte er die Entladung der Überseekoffer mit Kameraausrüstung, Filmmaterial und einem Dutzend Exemplare der englischen Ausgabe von Zeuge der Geschichte. Nach der Zollfreigabe winkte er ein elektrisches Taxi herbei, um das Mitgebrachte zum New Yorker Hauptbahnhof zu transportieren. Dann rief er Fritzi unter der Theaternummer an. Sie kam sogleich an den Apparat und versicherte ihm, daß Geschrei und Lärm im Hintergrund nur von einem auf der Bühne geprobten Schwertkampf herrührten.
    »Bist du’s wirklich, Pauli? Du hier?«
    »Ja, aber ich muß noch heute abend mit dem Zug weiter. Könnten wir vorher noch zu Abend essen?«
    Sie trafen sich in einem Restaurant am Times Square, wo sie sich überschwenglich in die Arme fielen, bevor sie sich an den Tisch setzten. Paul bat um Verzeihung, daß er so bald wieder abreisen müsse; bei der Premiere von Macbeth werde er leider unterwegs sein. »Aber ich schau’ mir das Stück auf jeden Fall an, bevor ich wieder nach Hause fahre.«
    Plötzlich winkte ihnen ein untersetzter, gut und teuer gekleideter Mann in Pauls Alter und kam an ihren Tisch. Paul stand auf. »Fritzi, darf ich dir einen alten Freund vorstellen? Bill Bitzer. Wir haben uns auf Kuba kennengelernt. Billy ist auch Kameramann.«
    »Biograph Studio«, fügte Bitzer hinzu und ergriff Fritzis Hand.
    »Fritzi ist Schauspielerin und tritt in einem Stück am Broadway auf«, sagte Paul.
    »Shakespeare«, erklärte sie.
    »Großartig«, antwortete Bitzer. »Sollten Sie je Lust an einem Nebenverdienst haben, schauen Sie in der Vierzehnten Straße vorbei; ich mache Sie mit ein paar Leuten bekannt. Fünf Dollar pro Tag. Man ist meist an der frischen Luft, wir drehen viel auf dem Dach.«
    »Danke, Mr. Bitzer, aber leider haben Bühnenschauspieler keine Zeit für bewegte Bilder.«
    »Ach, das wissen wir«, meinte er freundlich. »Die Leute vom Broadway geben sich nicht mit Filmen ab. Aber das wird sich ändern, wenn wir erst ein paar Schauspieler zu Stars gemacht haben. Das Angebot gilt auf jeden Fall. Ruf mich an, wenn du wieder in der Stadt bist, Paul«, schloß er und empfahl sich, indem er an den Hut tippte.
    Als sie wieder allein

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