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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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versperrte ihm den Rückzug. Mutt rannte auf die Bühne. Jetzt kam auch Sally die Treppe herauf. »Er hat mein Geld gestohlen!«
    »Simkins, rufen Sie die Polizei!« brüllte Hobart. Er zog sein Schwert aus der Scheide und schwang es mit beiden Händen hoch über den Kopf. »Bleiben Sie stehen, Mutt!«
    Mutt stieß einen Fluch aus und ging zum Angriff über. Hobart schwang sein Schwert zur Seite und nach unten. Mutt machte einen Satz in die Luft, und die bemalte Klinge schwirrte unter seinen Stiefeln durch. Die Wucht von Hobarts Schlag wirbelte ihn jedoch wie einen Kreisel herum. Mutt rammte Hobart beide Fäuste in den Rük-ken und rannte auf das Versenkpodium auf der linken Bühnenseite zu. Mr. Gertz und Mr. Seldon jagten ihm nach. Mutt sprang mit einem Satz vom Versenkpodium und landete einen Schritt vor Fritzi. Er packte sie, wirbelte sie herum, würgte sie und schleuderte sie in Richtung Hobart. »Fang sie auf, du fetter Schwindler!«
    Mutt schlängelte sich behende wie ein Football-Stürmer zwischen den Schauspielern durch. Er warf den Souffleurtisch samt Mr. Ent-wistle um. Dann verschwand er in der Seitenkulisse, tauchte jedoch, verfolgt von Simkins, sofort wieder auf, aber jetzt mit einem kurzen Brett bewaffnet.
    Er stützte sich am Bühnenrahmen ab, schwenkte herum und sprang, ohne zu zögern, in den Orchestergraben. Von dort machte er einen Satz über die Brüstung, rannte durch den Mittelgang und war verschwunden.
    Fritzi holte tief Luft und rieb sich den Hals. Eustacia Van Sant zog Hobart an ihren Busen. »Das war mutig, Manchester.«
    »Unverschämter Gauner«, keuchte Hobart. »Fritzi, meine Kleine? Sind Sie in Ordnung?«
    »Ja.«
    Schauspieler und Bühnenarbeiter rannten durch die Glastüren auf die Achtundvierzigste Straße. Die Straße glitzerte regennaß. Der Dieb war verschwunden.
    Im Foyer sank Sally weinend in Fritzis Arme. »Ich habe ihn auf frischer Tat ertappt. Er hatte meine Handtasche aus der Schublade genommen und zählte mein Geld. Als ich ihm befahl aufzuhören, hat er den Stuhl nach mir geworfen. Dann hat er mich geschlagen, hier.« Sie rieb sich die Brust. Die Tränen liefen ihr mit der Augenschminke über die Wangen.
    »Wieviel hat er gestohlen?« fragte Ida.
    »Alles, was ich von meinem Wochenlohn noch übrig hatte, zwölf Dollar. Ich kann es nicht fassen, daß er mich bestohlen hat. Wir waren die ganze Nacht zusammen - in seinem Zimmer. Dieser Scheißkerl!«
    Es dauerte eine Stunde, bis sich Sally beruhigt und ihr Kostüm angezogen hatte und die Generalprobe beginnen konnte. In der Zwischenzeit war die Polizei eingetroffen. Drei Beamte durchsuchten das Theater sowie Straßen und Gassen der Umgebung, jedoch vergeblich.
    Um Viertel vor zehn am Abend forderte Simkins zum zweiten Mal auf, die Positionen einzunehmen, die Hexen an den Markierungen hinter dem Kessel. Fritzi rückte noch einmal ihre Perücke zurecht. Mr. Entwistle schlug die erste Seite seines Soufflierbuches auf.
    Simkins rief seine Anweisungen durch einen Sprechtrichter. Rote und gelbe Scheinwerfer erstrahlten über dem Kessel. Das billige Gebläse rasselte in der Versenköffnung. Ein Schweinwerfer in der Seitenkulisse tauchte die Hexen in grünes Licht. Rauch stieg auf. Fritzi drückte die Daumen.
    Der für den Vorhang zuständige Bühnenarbeiter zog am Vorhangseil, und sie begannen.
    Fritzi mußte Mrs. Van Sant recht geben, daß die Probe schleppend, um nicht zu sagen, verheerend verlief. Natürlich war man nachts um halb zwei Uhr nicht mehr in Form, den Anweisungen eines Regisseurs zu folgen, der genauso müde war wie seine Schauspieler. Aber was konnte man von Hobart und allen anderen nach diesem nervenaufreibenden Vorfall anderes erwarten?
    »Das wär’s für heute«, meinte Hobart schließlich. »Lassen Sie mich abschließend sagen, daß es eine verdammt schlechte Vorstellung war. Also reißen Sie sich zusammen! Wir alle wissen, daß stümperhafte Generalproben das beste Zeichen für hervorragende Premieren sind. Also ruhen Sie sich aus, und kommen Sie frisch gestärkt zurück. Für heute sind Sie entlassen.«
    »Durchlaufprobe morgen um drei«, erinnerte Simkins. »Am Abend bitte alle fünfunddreißig Minuten vor Beginn der Vorstellung erscheinen. Fünf vor sieben.«
    Hobarts Schlußworte erzeugten eine bemerkenswerte Zuversicht bei Fritzi und den anderen. Mrs. Van Sant und die Hexen waren der Meinung, sie hätten einen Teller Austernsuppe und einen guten Schluck nötig. Fritzi wischte sich hastig die Schminke vom

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