Fremde Federn
Freundin in der Garderobe, wo sie mit gefalteten Händen und gesenktem Kopf vor dem Bild eines Menschen mit Perücke kniete.
»Eustacia, um Himmels willen, wer ist das?«
»David Garrick. Manche sagen, er bringe Glück. Schaden kann es ja nicht.«
Fritzi brach der kalte Schweiß aus.
Pop Foy teilte ihnen düster mit, daß sich der Nieselregen in einen Platzregen verwandelt habe. Das Publikum fand sich naß bis auf die Haut im Theater ein. Die Leute schnieften und maulten. Während Fritzi hinter dem Vorhang lauschte - nur Amateure lugten hinaus, um die Köpfe zu zählen -, verlor sie allen Mut. Es gab ein Publikum, von dem ging eine Spannung aus, welche die Schauspieler inspirierte, aber es gab auch ein Publikum, das wie eine leere Batterie wirkte; es applaudierte nur halbherzig, wenn überhaupt, und lachte garantiert immer an der falschen Stelle.
Um zwanzig nach sieben rief Manchester alle auf die Bühne. Er sah tatsächlich unwohl und zittrig aus. »Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, daß wir zu fast zwei Drittel ausverkauft sind.« Einige Gesichter hellten sich kurz auf. »Aber gleichzeitig muß ich Ihnen leider mitteilen, daß sich Mr. Entwistle eine Rückenverletzung zugezogen hat, als er von diesem Schuft vom Stuhl gestoßen wurde. Der Souffliertisch wird deshalb heute abend nicht besetzt sein. Mr. Simkins wird für Mr. Entwistle einspringen, aber bitte denken Sie daran, daß er schon genügend damit zu tun hat, die Einsätze zu geben. Ich bin sicher, daß Ihnen dieses kleine Problem keine Schwierigkeiten bereiten wird.«
Fritzi war es plötzlich schlecht, ihr wurde ganz schwindlig. Sie griff nach dem Vorhang, was Glück bringen sollte. Ida Whittemeyer umarmte ihre beiden Hexenschwestern hastig. Fritzi hielt die gedrückten Daumen hoch. Sally Murphy drückte ihnen die Hände und sagte »Hals- und Beinbruch«.
Der Vorhang ging auf. Die Tragödie begann.
In der ersten Szene kam es an dem billigen elektrischen Gebläse in der Versenköffnung zu einem Kurzschluß. Mit einem Quietschen stand das Gerät still. Augenblicklich verdichtete sich der Rauch hinter dem Kessel. Ida Whittemeyer wurde von einem Hustenanfall geschüttelt. Es dauerte fast eine halbe Minute, bis sie weitersprechen konnte.
Bei seinem ersten Erscheinen auf der zugigen Heide blieb Hobart mit seinem Mantel an einem Nagel hängen. Das Zerreißen des Stoffes, das leider sehr laut war, erinnerte an abgehende Winde. Die Zuschauer kicherten.
Während Hobarts Dolch-Rede fing der Verfolgerscheinwerfer an zu knistern und zu zischen, dann gab er den Geist auf.
Einer der Mörder stürzte von der Vorbühne. Es war kein anmutiger Sturz, sondern ein Bauchklatscher. Fritzi stand in der Seitenkulisse und krümmte sich, als sie das Lachen aus dem Zuschauerraum hörte.
Als der Vorhang zum dritten Akt aufging, waren alle schon ziemlich durcheinander. Die Texte wurden entweder im Eiltempo oder schleppend vorgetragen. Mrs. Van Sant trat auf. Mit hängendem Mund starrte sie auf den Souffliertisch. Simkins konnte die Textstelle nicht finden. Mrs. Van Sant knurrte: »Text, Sie Vollidiot, Text!« Die Zuschauer in den vorderen Reihen hörten das und lachten.
Simkins fand die Stelle. Mrs. Van Sant fuhr fort. Die Tragödie rollte weiter wie ein Wagen auf drei Rädern.
In Launcelot Bufords Szene mit Miss Whittemeyer ließ er einen lebenden Goldfisch in ihre Hand gleiten. Sie kreischte und warf ihn von sich. Bedauerlicherweise sahen nicht wenige Zuschauer, wie der Fisch auf die Bühne plumpste, was erneut für Heiterkeit sorgte. Einer der Mörder brach in unbändiges Gelächter aus und mußte die Bühne verlassen.
In jeder größeren Produktion gab es in der Regel mindestens einen betrunkenen Schauspieler, und der heutige Abend bildete keine Ausnahme. Es war jedoch nicht Mr. Allardyce, sondern ein Statist, ein Baumträger, der mit seinen Ästen so wild in der Gegend herumfuchtelte, daß er seinem Nebenmann den Helm vom Kopf stieß. Der Helm rollte von der Vorbühne und fiel in den Orchestergraben, auf die kleine Trommel. Hobart hatte ein Zweimannorchester engagiert, Geige und Schlagzeug - nicht gerade die ideale Besetzung für ein klassisches Stück, aber billig.
Der Helm erzeugte auf der Trommel einige Impromptus, rollte aus der Reichweite des Schlagzeugers und beendete seine Darbietung, indem er mit einem Ton, der an einen chinesischen Gong erinnerte, auf dem Fußboden landete. Das Publikum tobte, endlich wurde es unterhalten.
Während des dramatischen
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