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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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aufeinander zu und fuhren in allerletzter Minute zur Seite. Fritzi nahm an, daß das anwesende Publikum sich köstlich amüsierte. Es fiel ihr auf, daß in keinem Titelvorspann ein Schauspieler namentlich erwähnt wurde, nur das Studio und in einem Fall der Regisseur.
    Als sie später im oberen Stock von Charles Rectors schickem Restaurant saßen, bestellten sie die Spezialität des Hauses, gebratene Austern. »Was werden Sie machen?« erkundigte sich Fritzi. »Wieder zurück nach Europa?«
    Mit träumerischem Blick sah er zur Decke. »Nein, das glaube ich nicht. In London bin ich zu bekannt. Meine beruflichen Mißerfolge, mein Privatleben. Außerdem bewundere ich Ihr Land und würde eigentlich ganz gerne hier bleiben. Ich weiß, daß ich in einem oder zwei Jahren wieder eine Produktion auf die Bühne kriegen kann. Und dann geht’s wieder aufwärts.«
    Dieser wirklichkeitsfremde Optimismus kam ihr bekannt vor. Es war nichts Ungewöhnliches, daß Schauspieler sich gerne etwas vormachten. Nur so konnten sie in einem häufig hoffnungslosen Beruf überleben. Sie selbst bildete da keine Ausnahme.
    »Ich habe mich umgehört«, fuhr er fort. »William Gillette geht mit seinem Sherlock Holmes wieder auf Tournee, und zwar mindestens ein Jahr. Ich könnte die Rolle des Moriarty übernehmen. Entweder das oder ein Gastspiel bei James O’Neills alter Kamelle Der Graf von Monte Christo. Aber egal, was passiert, ich möchte, daß wir Freunde und in Verbindung bleiben.«
    »Das werden wir, Hobart. Ich verspreche es.«
    Eustacia Van Sants Suite auf der Athena war eine luxuriöse Unterkunft in Rosenholz und rotem Plüsch. Eustacia machte Fritzi mit einem schmächtigen, lächelnden Griechen in weißem Jackett mit Schulterbesätzen bekannt. »Mr. Ragoustis ist der Proviantmeister. Der gute Mann hat mich aus einer Kammer, die nicht größer war als ein Sarg, in diese Suite übergesiedelt. Wir werden bestimmt gute Freunde.« Sie beugte sich vor, küßte ihn auf die Stirn und hob ihm dabei ihr üppiges Dekollete entgegen. Mit verklärtem Blick verließ er das Zimmer.
    »Hier ist meine Adresse am Sloane Square«, sagte Eustacia. »Vergessen Sie mich nicht.«
    »Wie könnte ich, Eustacia?«
    Eustacia schritt leise zählend durch das Labyrinth von Überseekoffern und Köfferchen. »Was haben Sie vor?«
    Fritzi seufzte, als sie sich auf dem grünen Samtsofa niederließen. »Ich weiß es nicht«, antwortete sie ehrlich.
    »Lassen Sie den Kopf nicht hängen! Sie sind wirklich begabt.«
    »Ich weiß nicht, wie lange ich das noch glauben kann.«
    Die Schiffssirene ertönte. Nachdem sie sich umarmt und geküßt hatten, lief Fritzi den Landungssteg zum Kai hinunter. Eustacia stand an der Reling des Promenadendecks. Sie winkte, Fritzi winkte, eine Kapelle spielte auf. Die Passagiere warfen mit Konfetti und farbigen Papierschlangen, als die Athena in den Hudson River zurücksetzte und mit einer Wende Kurs auf den Atlantik nahm. Und wieder liefen Fritzi Tränen über das Gesicht.
27. PAUL UND HARRY
    Während der letzten sonnigen Herbsttage, kurz vor den Präsidentschaftswahlen, kehrte Paul nach New York zurück. Er war in Kalifornien gewesen, hatte spektakuläre Bilder von der wilden Küste um Monterey eingefangen und anschließend den bemerkenswerten Wiederaufbau von San Francisco gefilmt.
    Er quartierte sich in dem kleinen, aber feinen Hotel Algonquin in der Vierundvierzigsten Straße ein und rief seine Cousine an. Eine Frau mit fremdländischem Akzent sagte: »Nur eine Sekunde, ich hole sie.«
    »Tante Ilsa hat mir, als ich in Chicago war, von dem Fiasko mit dem Stück erzählt«, sagte er, als Fritzi ans Telephon kam. »Das tut mir wirklich leid. Hast du wieder eine Rolle?«
    »Meine Kellnerinnenrolle«, antwortete sie lachend. »Ich arbeite wieder in einem dieser billigen Lokale. Wann sehen wir uns?«
    »Heute abend geht es leider nicht. Mein amerikanischer Verleger und seine Frau haben mich ins Rector’s eingeladen. Aber wie wär’s mit morgen?«
    »Sonntag paßt gut, da habe ich frei.«
    Er schlug ein Picknick im Central Park vor. Für Speis und Trank wollte er sorgen. »Wenn du nichts dagegen hast, werde ich noch einen alten Freund einladen. Ich habe ihn auf der Rhineland kennengelernt, als ich ’92 rübergekommen bin. Damals hieß er Herschel Wolinski, heute nennt er sich Harry Poland. Er komponiert.«
    »O ja, ich kenne seine Lieder. Ich freue mich darauf, ihn kennenzulernen.«
    Sie verabredeten sich für halb eins. »Ich hole dich mit

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