Fremde Männer küsst man nicht!
verzichten.
„Wissen Sie, dass Sie an diesem einen Tag bereits mein gesamtes Leben auf den Kopf gestellt haben?“, fragte er mit rauer Stimme.
„War nicht mit Absicht“, antwortete sie leichthin und zupfte nervös am Saum ihres langärmligen T-Shirts.
„Sehen Sie, und meine Absicht war es nicht, zu unserer Verabredung zu spät zu kommen“, gab er zurück, als habe er nur darauf gewartet. „Ist einfach passiert.“
Eins zu null für ihn. „Sie sind ein guter Anwalt“, musste sie anerkennen.
Wider Willen war sie gespannt, wohin dieses Gespräch noch führen würde. Das Summen in ihren Ohren wurde lauter, und in ihren Adern hämmerte das Blut.
Sie begehrte diesen Mann – oder vielmehr, ihr Körper begehrte seinen. Aber das waren alles nur Hormone und Pheromone und wie die fiesen kleinen Dinger sonst noch alle hießen, die solche unerwünschten Reaktionen hervorriefen. Nach ihrer gescheiterten Ehe war sie mit keinem Mann mehr zusammen gewesen. Kein Wunder, dass sie da überreagierte, wenn ein attraktiver Mann ihr so nahekam und sie auf diese Weise ansah.
Sie wich nun doch lieber einen Schritt zurück. Arbeitskollegen, wir sind Arbeitskollegen, erinnerte sie sich. Körperliche Dinge spielen keine Rolle.
„Es tut mir leid wegen vorhin“, sagte Bruce und ergriff ihre Hand. Er trug weiche Lederhandschuhe. „Es war nicht meine Absicht, Sie warten zu lassen. Ich werde gar nicht erst versuchen, mich dafür zu entschuldigen. Ich kann nur sagen, dass es mir wirklich leidtut.“
„Oh, ich bin daran gewöhnt zu warten.“
„Aber eine Frau wie Sie sollte man nicht warten lassen.“
Himmel! Diese Worte aus dem Mund eines anderen Mannes! Aber darauf fiel sie nicht mehr herein, sie hatte ihre Lektion gelernt.
Sie zog ihre Hand weg und sorgte wieder für Distanz zwischen Ihnen. „Ich werde trotzdem warten, Sir“, entgegnete sie gespielt unterwürfig. „Auf Ihre Anweisungen in der Gray-Sache. Es sei denn, Sie erlauben mir, eigenmächtig zu handeln.“
Er lachte, halb vergnügt, halb schmerzlich. „Nicht schlecht, Frau Anwältin. Clever gekontert.“ Dann wurde er plötzlich ernst und eindringlich. „Ich habe keine Zweifel, dass Sie eine tolle Anwältin sind, Christina. Mir begegnen nicht oft Kollegen oder Kolleginnen, die es im Job wirklich mit mir aufnehmen können, so wie Sie offensichtlich. Ich finde es aufregend, mich mit Ihnen zu streiten, ganz ehrlich.
Bei Ihnen muss ich genau aufpassen, was ich sage und tue. Wenn ich sage, Sie sind schön, könnte das schon sexuelle Belästigung sein, nicht wahr? Sie sind keine Jane für irgendeinen Tarzan, aber ich muss zugeben, Sie wecken etwas sehr Primitives in mir, etwas, das ich noch nicht kenne.
Sie sind alles andere als mein Schützling, und dennoch möchte ich Sie sozusagen unter meine Fittiche nehmen, Ihnen alles beibringen, was ich weiß. Obwohl Sie das eines Tages garantiert gegen mich verwenden werden. Was ich auch mache, es kann nur falsch sein. Ich weiß nicht mehr, wo vorne und wo hinten ist. Irgendwie werde ich von Ihnen ständig auf dem falschen Fuß erwischt.“
„Das ist nur der Stress“, wiegelte sie ab und versuchte, nicht darüber nachzudenken, wie verschieden man seine Worte interpretieren konnte. „Wir hatten beide keinen besonders guten Tag. Ich entschuldige mich für meine spitzen Worte. Die Scheidung hat ihre Spuren bei mir hinterlassen. Es war unfair, meine persönlichen Probleme an Ihnen auszulassen.“
Seine Augen ließen ihre nicht los. „Wir wissen nicht, was das Schicksal mit uns vorhat, Christina. Es kann sich alles zum Guten oder zum Schlechten wenden. Aber egal, wohin die Reise geht, ich werde mich nicht drücken – versprochen.“ Endlich wandte er den Blick ab, drehte sich um und ging zur Tür. „Wir bleiben in Verbindung, Christina. Und zwar nicht, damit ich Ihnen Befehle zubrüllen kann. Halten Sie mich einfach auf dem Laufenden, was Sie gerade machen, okay?“
„Soweit es den Fall betrifft.“
„Logisch“, antwortete er, etwas zu schnell. Er griff nach dem Türknauf, und Christina erkannte, dass er tatsächlich ziemlich aus der Fassung zu sein schien, denn er wirkte seltsam unsicher. Müde, er war bestimmt nur müde. Und er wusste, dass ihm eine schlaflose Nacht bevorstand.
„Mom, liest du mir jetzt eine Geschichte vor?“, rief Bella von oben.
„Sekunde noch, Schatz!“, rief Christina die Treppe hoch. Als sie sich wieder umdrehte, wehte ihr kalter Wind entgegen.
„Gute Nacht, Christina“, sagte
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