Fremde Männer küsst man nicht!
Sie wollten rummeckern, als ich mit der Idee kam. Kommen Sie, seien Sie ein Mann und geben Sie es zu.“
Er hob eine Augenbraue und sah ihr direkt in die Augen, bis sie rot wurde. „Wieso sollte ich das tun?“, fragte er gedehnt. „Jeder Anwalt weiß, wie schwer es ist, ein Geständnis zu widerrufen.“
„Ha!“, triumphierte sie. „Geben Sie zu, dass Sie das Ganze für keine gute Idee hielten. Weil Sie dachten, das kriege ich nicht hin. Und weil ich Sie nicht um Erlaubnis gefragt hatte.“
„Nun ja, falls ich so etwas tatsächlich gedacht haben sollte – das ist kein Schuldeingeständnis! –, dann haben Sie mich ja jetzt eines Besseren belehrt, richtig? Sie waren kompetent, und die Aktion war superb.“
Christinas Lächeln breitete sich über ihr ganzes Gesicht aus. Dieser Anblick bot sich ihm zum ersten Mal, und er war hingerissen davon. „Ah“, seufzte sie. „Das ist Musik in meinen Ohren, und alles, was ich an Dank brauche.“
Was? So leicht wollte sie ihn davonkommen lassen? Darauf fiel er nicht herein. „Was denn, so bescheiden? Hatten Sie nicht vor, mir irgendetwas unter die Nase zu reiben?“
„Stimmt, das hatte ich mir am ersten Tag in der Kanzlei vorgenommen.“ Christina senkte die Stimme. „Aber ich will mich nicht auf Ihr Niveau herablassen.“
Das war ein kräftiger Seitenhieb, ohne Bosheit ausgeteilt und definitiv berechtigt. Und Bruce erkannte, dass sie beide damit erneut Boden gewonnen hatten, auf dem sie in Zukunft gemeinsam arbeiten konnten. Der unerfreuliche Beginn ihrer Teamarbeit lag weit hinter ihnen.
Einige Servierkräfte kamen wieder in den Raum und begannen mit dem Aufräumen.
„Wir sollten wohl jetzt auch gehen“, sagte Christina.
„Ja. Wir müssen noch bei den Morris’ zum Dinner vorbeischauen. Obwohl ich ehrlich sagen muss, dass ich heute bestimmt keinen Bissen mehr runterkriege. Ich bin pappsatt.“
„Zu den Morris’?“ Christina schaute ihn mit großen Augen an. „Ich wollte direkt nach Hause.“
Er schüttelte den Kopf. „Keine Chance. Sie haben doch gehört, Reginald hat Sie ausdrücklich eingeladen. Er erwartet Sie.“
„Können Sie mich nicht entschuldigen?“
„Könnte ich, mache ich aber nicht. Das ist heute für die Morris’ die größte Party des Jahres, die sie geben. Jeder, der in der Kanzlei arbeitet, kommt im Laufe des Abends wenigstens für ein paar Minuten vorbei, selbst wenn er eigentlich woanders feiert.“
„Ich wollte heute einen ruhigen Abend zu Hause verbringen. Nach der Aufregung hier.“
„Nehmen Sie sich morgen einen Tag frei. Aber tun Sie mir heute den Gefallen und kommen Sie mit zu den Morris’. Betrachten Sie es als karrierefördernden Geschäftstermin.“ Er zwinkerte ihr zu.
Sie zögerte immer noch. „Und wenn ich Sie bitten würde, mich trotzdem nach Hause zu fahren …?“
„… dann würde ich es machen“, unterbrach er. Sie lächelte erleichtert. „Aber Sie werden es nicht tun, weil Sie nämlich ganz versessen darauf sind, herauszufinden, wo und wie einer Ihrer Chefs wohnt und wo Ihr anstrengender Kollege den größten Teil seiner Kindheit verbracht hat.“
„Ja, also, wer kann zu so einem Angebot schon Nein sagen?“, scherzte Christina und löste ihre weiße Nelke von ihrer Weste. Sie legte sie auf den Tisch und stand auf. „Fahren wir.“
„Wollen Sie die nicht behalten?“ Er deutete auf die Nelke.
„Nein. Früher habe ich so etwas getrocknet und aufbewahrt. Inzwischen weiß ich, dass die Erinnerung mir reicht. Ich bin keine Sammlerin.“
„Verstehe.“ Bruce betrachtete die Nelke, während Christina zur Garderobe ging, um ihren Mantel zu holen. Einem Impuls folgend, entfernte er die Nadel von der Nelke und steckte sich die Blume in die Jackentasche.
Im Haus der Morris’ wurde Christina voller Wärme willkommen geheißen. Es war ein dreistöckiges Gebäude vom Ende des 19. Jahrhunderts und seit seiner Erbauung im Besitz der Familie Morris, wie Bruce ihr erklärt hatte.
Alles war riesengroß, selbst im Verhältnis zu dem Palast, den sie früher mit Kyle bewohnt hatte. Bruce und Christina wurden freundlich begrüßt. Die Männer saßen gemütlich im Wohnzimmer beisammen und sahen Football. Bruce gesellte sich zu ihnen, während Christina mit einem Glas Rotwein in die Küche geführt wurde, wo die Frauen lachten und schwatzten.
Anne-Louise, die jüngste Tochter des Hauses und mit dem vierten Kind schwanger, sprach Christina an. „Gehen Sie ruhig ein wenig im Haus herum. Sie müssen nicht
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