Fremde Männer küsst man nicht!
verbrachte und dort vermutlich darunter litt, das einzige Kind unter lauter Erwachsenen zu sein. Ihr acht Monate alter Cousin zählte da nicht, weil sie mit ihm nicht spielen konnte.
Heute Morgen hatte Christina mit ihr telefoniert. Bella hatte sich beklagt, es ginge ihr nicht gut, aber Kyles Mutter hatte ihr versichert, das sei nichts weiter als eine kleine Erkältung. Christinas mütterlicher Instinkt sagte ihr etwas anderes. Zur Ablenkung hatte sie den Vormittag über noch einmal die Akten des Diskriminierungsfalles studiert, aber ihre ungute Vorahnung ging nicht weg.
Bruce klopfte oder klingelte nicht. Er fing einfach draußen an, mit lautem Getöse den Schnee wegzuräumen. Die Fräse war eine eindrucksvolle Maschine, die eine beachtlich breite Schneise durch den kniehohen Schnee blies.
Christina sah ihm einen Moment bei der Arbeit zu, dann ließ sie die Gardine des Küchenfensters sinken und öffnete drei Dosen Gemüsesuppe. Wenig später köchelte der Inhalt in einem Topf vor sich hin. Sie hatte aus Fertigteig schnell ein paar Brötchen gebacken. Heißer Kakao wartete bereits in einer Thermoskanne, und um sich zu von ihrer inneren Unruhe abzulenken, hatte sie heute Morgen eine Schokoladentorte gebacken.
Sie hörte die Schneefräse verstummen und Bruce mit schweren Schritten die Verandatreppen hochkommen. Er stampfte noch einmal kräftig auf, um die letzten Reste Schnee abzuschütteln, kam dann ins Haus und zog sich den Parka und die Schneeüberhose aus.
Und dann stand er bei ihr in der Küche. Ihr Mund fühlte sich auf einmal trocken an. Selbst mit Wollsocken an den Füßen sah dieser Mann sexy aus. Er trug enge Jeans und ein dunkelblaues Hemd mit dem Schriftzug der Freiwilligen Feuerwehr Morrisville darauf.
Christina hatte sich fest vorgenommen, ihm heute zu erklären, dass die unleugbar vorhandene körperliche Anziehungskraft zwischen ihnen nicht weiter ausgetestet werden würde. Schon einmal war sie auf ihre Hormone hereingefallen, und diese Lektion hatte sie fürs Leben gelernt.
Aber welche Frau würde sich nicht wünschen, dass so ein Mann in ihre Küche kam? Mit einem so warmen Lächeln, nur für sie? Wie konnte sie so dumm sein, ihn wieder gehen lassen zu wollen?
„Hm, riecht gut hier.“ Bruce hob den Topfdeckel an. „Gemüsesuppe, die mag ich total gern.“
„Ich esse kein Fleisch“, erklärte sie.
Er machte den Deckel wieder zu. „Kein Problem. Heiße Suppe ist perfekt für jemanden, der gerade Schnee geräumt hat.“
„Die Brötchen sind auch gleich fertig gebacken.“
„Brötchen?“ Er beugte sich zu ihr herüber.
„Nur aus Fertigteig. Aber die Schokotorte, die es als Nachtisch gibt, ist selbst gemacht.“
„Du verwöhnst mich.“
Nur zu gern. „Ach was.“
„Hast du gestern Abend noch etwas gegessen?“
„Nein. Ich bin früh schlafen gegangen. Wie war dein Einsatz?“
„Keine Verletzten. Ein Auto mit Totalschaden, aber beide Insassen unverletzt.“
„Kaum zu glauben, dass es fast fünfzig Zentimeter Neuschnee geworden sind“, staunte Christina. „Von wegen leichter Schneefall.“
„Der bleibt noch mindestens bis Sonntag liegen. Wenn Bella nach Hause kommt, kann sie einen Schneemann bauen. Was ist?“
Er hatte wohl gesehen, dass sie plötzlich besorgt dreinblickte.
„Sie hat gesagt, sie fühlt sich nicht gut. Meine Exschwiegermutter meinte zwar, das wäre nichts weiter, aber ich mache mir trotzdem Sorgen.“
Der Kurzzeitwecker klingelte.
„Die Brötchen?“, fragte Bruce.
„Die Brötchen“, bestätigte sie. „Macht es dir etwas aus, wenn wir hier in der Küche essen?“
„Kein bisschen.“
Als sie wenig später gemeinsam an dem kleinen Tisch saßen und Suppe löffelten, dachte Christina, dass es vielleicht doch besser gewesen wäre, wenn sie ins Esszimmer gegangen wären. Dort war der Tisch größer, und sie würden sich nicht ständig aus Versehen mit den Knien berühren.
„Danke fürs Schneeräumen.“
„Gern geschehen.“
Sie rührte mit dem Löffel in der Suppe. „Du machst es mir nicht einfach.“
Das heiße Brötchen, von dem er gerade abbeißen wollte, verharrte wenige Zentimeter vor seinem Mund in der Luft. „Was meinst du?“
„Wir sind Kollegen. Und du räumst meinen Schnee vorm Haus, ich mache dir Suppe und heiße Brötchen. Und unsere Beine kommen sich irgendwie ständig ins Gehege.“
„Was ist falsch daran? Der Tisch ist klein, und deine Beine sind toll.“
„Du weißt ganz genau, was ich meine. Du machst mich verrückt.
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