Fremden Kind
nickte Peter unsicher zu und trottete die Einfahrt entlang zu den Garagen.
»Weiß jemand, was das für ein Flugzeug war?«, sagte Peter, während sie ihre Plätze einnahmen. Mit ihren Airfix-Modellen, der Biggles-Abenteuerserie und den Comics der War Picture Library durchlebten die Jungen einen nicht enden wollenden Luftkrieg.
»Eine Hustler, Sir?«, fragte Sloane.
»Warum würde eine Hustler so einen Krach machen?«, sagte Peter in einem lehrerhaften Ton, obwohl er ziemlich sicher war, dass sein Schüler die Antwort wusste.
»Überschall, Sir!«, riefen mehrere Jungen gleichzeitig.
»Was meinen wir also, wenn wir von einer Hustler sprechen?«, sagte Peter.
»Einen B-58-Bomber, Sir«, sagte Sloane, und jemand anders ahmte einen Überschallknall nach. »Die schaffen doppelte Schallgeschwindigkeit, Sir, und sie führen Atomwaffen an Bord.«
»Hoffentlich bombardieren die uns nicht damit, Sir«, sagte Peebles Sensibel.
»Und wenn, dürften wir nicht viel davon mitkriegen«, sagte Peter.
»Die Amerikaner fliegen nicht wahllos durch die Gegend und schmeißen Bomben auf Menschen, du Idiot«, sagte Milsom 1 zu Peebles, nicht zu Peter, dennoch schien die Sache gerade aus dem Ruder zu laufen.
»Also, wo waren wir stehen geblieben?«, sagte Peter, und dann, urplötzlich schwer angeödet, anscheinend das natürliche Pendant zu seinem Wunsch, ein gründlicher, anregender Lehrer zu sein: »Okay. Von der verflixten Arethusa habe ich genug, singen wir etwas anderes. Wie wäre es mit der ›Kirschblüte‹?«
»Oh, nein, Sir, nicht …!«, protestierten die Jungen angewidert.
»Gut, gut, schon gut. Wie wäre es mit ›Herzen aus Eiche‹?«
»Hm, na gut, Sir«, sagte Sloane, der von dem magischen Überschallknall noch ganz aufgekratzt war und sich anscheinend zum Anführer seiner Klasse oder zu ihrem Unterhändler aufgeschwungen hatte.
»›Herzen aus Eiche‹ ist ein wunderschönes altes Lied«, sagte Peter. »›Seid lustig, ihr Jungs, zum Ruhm geht es nun …!‹« Eine Minute später hatte er sie alle gewonnen.
Aus Eiche das Schiff, unsre Männer so kühn,
Allzeit bereit – Vorwärts Jungs, vorwärts!
Zur Verstärkung fiel er selbst mit ein: »Hinaus zu Kampf und Sieg zu ziehn.« Auf einmal hörte er wieder den Missklang. Jetzt gab es keinen Zweifel mehr, irgendetwas stimmte nicht; Peter trieb seine Schüler trotzdem in die nächste Strophe und rief: »Weitersingen!«, verließ das Klavier, lief die vordere Reihe ab, dann um die zweite herum, hielt inne und beugte sich vor, als wollte er jedem Schüler etwas Vertrauliches mitteilen. In diesem Lied gab es eine Zeile, die zuverlässig wie ein uralter Va rietétheater-Gag ein Garant für allgemeines Gelächter war, und Peter wappnete sich mit finsterer Miene schon mal dagegen:
Doch schleicht sich der Flacharsch im Dunkeln an Land,
Erwarten die Briten ihn standhaft am Strand
»Ja, vielen Dank auch, Prowse 2«, sagte Peter. »Weitersingen, weitersingen!« Als Lehrer durfte man die Jungen zum Lachen bringen, aber niemals umgekehrt, es bedeutete einen spürbaren Autoritätsverlust im Klassenzimmer, und außerhalb galt es als zu vertraulich. Dennoch, der ausgelassenen Albernheit ihrer Witze konnte man häufig nur schwer widerstehen.
»Aha!«, sagte er. »Habe ich es mir doch gedacht.« Es hör te sich gereizter an, als es gemeint war. Der arme Dupont wur de rot und blieb stecken, doch Peter hatte den Beweis, den er brauchte. Der Gesang verebbte, und es lockte die Aussicht auf einen kleinen Zwischenfall, nicht so spannend wie der Überschallknall, doch dafür mit einem menschlichen Aspekt. Die anderen Jungen fuhren herum, glücklich und erleichtert, dass es jemand anders traf und nicht sie selbst. Es war schon mal passiert – in der ersten Woche des Schuljahrs war der rothaarige Macpherson aus dem Zimmer geschickt und feixend, schulterzuckend in seine neue Freiheit entlassen worden. »Sing nur die erste Zeile«, sagte Peter. Dupont starrte ihn verunsichert und empört an, ein Ausdruck, den er vorher noch nie an ihm bemerkt hatte, räusperte sich und fing dann sehr leise an zu singen: »Seid lustig, ihr Jungs«, mit einer Stimme, die ihm nicht mehr gehorchte. Kichern entlang der Sitzreihen, doch Peter ermunterte ihn, nickte ihm zu, sah ihn unbeirrt an – »zum Ruhm geht es nun, Und lasst uns in diesem Jahr noch was tun«. Dupont, flammend rot, sah beiseite, als die Melodie ins Schlingern und schließlich außer Kontrolle geriet. »Tja, tut mir leid«, sagte Peter
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