Fremden Kind
indischer Junge am Magdalen College eines Nachts mal erklärt hatte. Er drückte zärtlich diesen Punkt, mit einer neugierigen und verheißungsvollen Bewegung seines Mittelfingers, und Paul stöhnte und wölbte ihm seinen Rü cken entgegen, als säße er in einer Falle, die sich noch enger um ihn schloss, je mehr er versuchte, ihr zu entkommen.
»Gefallen in Maricourt«, sagte Paul und beugte sich vor, als wollte er Cecil küssen.
»Tja«, sagte Peter ganz hingerissen von seinem heimlichen Treiben, schwindlig von der sehnsuchtsvollen Erwartung in seinen Schenkeln und seiner Brust. Paul wandte sich ihm halb zu, erhitzt und verklärt, vielleicht erschrocken über seine Erregung. Es drängte sich der witzige, verstörende Verdacht auf, Cecil selbst könnte etwas damit zu tun haben. Sie mussten vorsichtig sein. Wie zum augenzwinkernden Einverständ nis betätigte Donaldson für die nächste Strophe jetzt die Oktavkoppel. Peter rechnete schon damit, sein feixendes Grinsen im Spiegel zu sehen, doch der Junge hatte schwer mit dem störrischen Eigenleben seines Instruments zu kämpfen. Unter den schmetternden Trompeten des Harmoniums – »frei von Kummer, frei von Sünde« – sagte Peter vergnügt und ohne Umschweife: »Ich glaube, wir sollten lieber nach oben auf mein Zimmer gehen, ja.«
»Ja … ja, in Ordnung«, sagte Paul, als müsste er umdenken, weil sich unerwartet ihr Plan geändert hatte.
Peter geleitete ihn die Hintertreppe hinauf in den ersten Stock. Der Korridor führte an der Wäschekammer vorbei, und kurz kam ihm die Idee, mit Paul durch das Oberlicht aufs Dach zu klettern, was in der Schule aus gutem Grund strengstens untersagt war. Doch die Tür stand offen – die Hausmutter stöberte darin herum und präsentierte den Vorbeigehenden nur ihr enormes weißes Hinterteil. »Wenn du das nächste Mal kommst …«, murmelte er, sah aber bereits, dass Paul an dieser Aussicht zweifelte, sah das Verlangen in ihm ankämpfen gegen die Gewöhnung an Enttäuschungen. Sie gingen weiter, die Haupttreppe hinauf in den zweiten Stock, zum ersten Mal hörte Paul das Knarren der Bodendielen, und dann waren sie in Peters Zimmer, und die Tür zwischen ihnen und der Welt draußen fiel ins Schloss. Peter zog Paul an sich und küsste ihn, und die Tür, an der er lehnte, klapperte beim Aufprall der beiden Körper.
Er hatte vergessen, dass Paul sofort anfangen würde zu reden, sein Mund nur wenige Zentimeter von Peters Wange entfernt – wie schön der erste Kuss gewesen sei, wie hübsch Peters Krawatte, und die ganze Woche habe er an nichts anderes denken können –, sein Gesicht dabei von einem Farbton, der am heiteren Ende des Spektrums der Verlegenheit siedelte, sein Kopf glühend heiß, und sein Wortschwall, halb offenherzig, halb sinnlos, eine Notbremse. Also küsste Peter ihn gleich noch mal, ein langer, beinahe regungsloser Kuss, um ihn zu beruhigen, um ihm den Mund zu stopfen und dann, vielleicht, ihn zu brechen. So konzentriert er war, so deutlich registrierte er durch die Eichenholzplatte hindurch das vertraute Ächzen und Rascheln, weit hinter ihm, und dann, wie ein freundliches, aber entschlossenes Hüsteln, das kurze Knarren der Bodendiele vor seiner Tür. Ein scharfes Klopfen, das sie beide körperlich spürten. Im ersten Moment waren sie wie gelähmt, dann ließ Peter seinen Freund aus der Umarmung gleiten, knöpfte sich das Jackett zu, blieb aber gegen die Tür gelehnt. Die Klinke ging herunter, die Tür bewegte sich. Keines der Zimmer auf Corley hatte einen Schlüssel. Peter sah, dass Paul vor Schreck, im Anschein größter Ruhe, ein Buch zur Hand genommen hatte, wie ein Schuljunge, der jeden Moment erwischt werden würde. »Entschuldigen Sie, Hausmutter!«, rief Peter mit hohler Stimme, wirbelte mit einem komischen spontanen Tritt gegen die Tür herum und riss sie weit auf.
Die Hausmutter hielt einen Stapel sauberer, gefalteter Betttücher im gestärkten, schimmernden Grau aller Wäsche auf Corley in den Händen. Sie spähte ins Zimmer. »Oh, Sie haben einen Gast«, sagte sie, zwischen Entschuldigung und Missbilligung schwankend. Ihr leises Schnaufen war zu hören, nachdem sie sich von der Wäschekammer hochbemüht hatte, sowie ein unterschwelliges Pfeifen, wenn sich die sauberen Laken am Latz ihrer weißen Schürze rieben. Peter lachte und sah sie unverwandt an. »Ich gebe die saubere Wäsche schon heute Abend aus, wegen des Tags der offenen Tür«, sagte die Hausmutter. Es lag eine grobe Feindseligkeit in
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