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Fremden Kind

Fremden Kind

Titel: Fremden Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Hollinghurst
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Arbeit sprechen.« In ihrem Blick blitzte plötzlich ein Verdacht auf, sie kniff die Lippen kurz zusammen und neigte den Kopf zur Seite. »Wie war doch gleich Ihr Name?«
    »Oh, Paul Bryant.« Es wäre absurd, die Wahrheit zu verleugnen, aber er war froh, noch hinzufügen zu können: »Ich bespreche die Konferenz für das TLS .«
    »Für wen …?« Sie neigte ihm das Ohr zu.
    »Die Times …«
    »Ach, tatsächlich?«, sagte sie, und dann mit einer leicht indignierten Verzögerung: »Haben Sie meinem Mann geschrieben?«
    Paul schaute verwirrt. »Oh, Sie meinen wegen Cecil? Ja, ja, kann schon sein …«
    Sie schaute beifällig zu Dudley hinüber. »Leider fallen solche Anfragen wie Ihre auf keinen fruchtbaren Boden.«
    »Ich will ihm keineswegs zur Last fallen …« Paul sah die steinigen Berghänge Andalusiens vor sich. »Sie bekommen also noch andere …«
    »Ach, wissen Sie, alle paar Jahre will jemand in Cecils Schriftstücken herumschnüffeln, und man weiß von vornherein, dass es fatal wäre, deswegen sagt man am besten gleich Nein.« Sie nahm es von der heiteren Seite. »Ich meine, seine Briefe sind doch veröffentlicht – ich weiß nicht, haben Sie sie gelesen?«
    »Selbstverständlich!«, sagte Paul und war unsicher, ob hier überhaupt irgendetwas zu seinen Gunsten sprach. Offenbar verlangte sie von ihm, sein Anliegen ebenfalls als fatal zu betrachten.
    »Und die Bücher meines Mannes kennen Sie?«
    »Natürlich kenne ich die.« Es wurde Zeit, dass er etwas dicker auftrug. »Die Schwarzen Blumen sind mittlerweile ein Klassiker.«
    »Damit haben Sie leider auch schon alles gelesen, was er über den guten, alten … äh … Cecil zu sagen hat.«
    Paul lächelte dankbar, als hätte Dudley der Leserschaft damit bereits ein ungeheures Geschenk gemacht, sagte dann aber doch: »Es gibt da noch ein, zwei Dinge …«
    Linette wurde abgelenkt, wandte sich jedoch nach fünf Sekunden wieder Paul zu, weiterhin mit dem ironischen Hochmut im Blick, der ihn verunsicherte; er wusste nicht, ob sie sich über ihn lustig machte oder aufforderte, sich gemeinsam über jemand anders lustig zu machen. »Es ist viel Unsinn geschrieben worden.«
    »Tatsächlich …?« Paul hätte gerne mehr darüber erfahren.
    Sie verdrehte die Augen. »Unsäglicher Unsinn!«
    »Lady Valance? Was meinen Sie, wäre jetzt ein guter Zeitpunkt?« Der ältere Don war zurückgekehrt. »Verzeihen Sie die Störung …«
    »Oh, Sie meinen für die … äh …?«
    »Ja, wenn Sie sich gerne ansehen wollen, was wir …« Der lächelnde alte Herr legte in seine Stimme das gerade nötige Maß an Pflichterfüllung, welches deutlich machte, dass er ihr einen Gefallen tat, den sie unmöglich abschlagen konnte.
    »Ich weiß nicht, ob mein Mann …« Doch ihr Mann kam ganz gut ohne sie zurecht. Und wie durch ein Wunder nahm der alte Herr sie am Arm und führte sie hinaus, wobei man unter seinem wehenden Talar kokett ihre Stöckelschuhe aufblitzen sah, und schaffte Paul den Raum, sich an seine Beute heranzupirschen.
    Es war Martin, der ihn bekannt machte – »Sir Dudley, ich weiß nicht, kennen Sie …?«
    »Nein, wir kennen uns nicht«, unterbrach Paul, beugte sich vor, um Dudley die Hand zu schütteln, was diesen offen bar irritierte, und fuhr munter fort, bevor jemand seinen Namen nannte: »Ich bespreche die Konferenz für das TLS .« Martin wusste natürlich von seinem Cecil-Projekt, aber wahrscheinlich nicht von Dudleys Widerstand dagegen.
    »Ach, ja, das TLS «, sagte Dudley, und Paul wurde der niedrige Lehnstuhl im rechten Winkel zu Dudleys Platz in der Sofaecke angeboten. Er war nun zur Audienz vorgelassen und durfte seinen Text loswerden. »Mit dem TLS habe ich noch ein Hühnchen zu rupfen«, fuhr Dudley mit einem schmalen, nicht gerade humorvollen Lächeln fort.
    »Oje!«, sagte Paul; er hielt sein Brandyglas fest umklammert, es schien ihm ein neues Auftreten zu geben, eine Art siedende Jovialität. Dudleys Lächeln zielte jedoch schon auf die nächste Bemerkung ab.
    »Die haben mal einen ziemlichen Verriss über was von mir geschrieben.«
    »Oh, das erstaunt mich … was war es denn?«
    »Hä? Ein Buch von mir, Die lange Galerie .«
    Die falsche Bescheidenheit, die darin zum Ausdruck kam, nahm der Bemerkung die Pointe, nur ein Mann am anderen Sofaende lachte und sagte: »Wie lange ist das her? Sechzig Jahre?«
    »Vor meiner Zeit«, sagte Paul und legte den Kopf weit in den Nacken, um auch den letzten Rest Brandy in seinem Glas zu erwischen. Er fand Dudley

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