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Fremder in einer fremden Welt

Fremder in einer fremden Welt

Titel: Fremder in einer fremden Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Heinlein
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Hohepriesterin sein. Aber sie will das Amt nicht annehmen, weil ihre Tätowierungen einige Aufgaben schwierig machen - eine Ablenkung darstellen würden, und sie will nicht, daß sie entfernt werden.«
    »Wie könnte man so viele Tätowierungen entfernen? Mit einem Abhäutermesser? Das würde sie töten.«
    »Durchaus nicht, Lieber. Mike könnte sie entfernen, ohne eine Spur zu hinterlassen und ohne ihr weh zu tun. Glaub mir, mein Lieber. Das könnte er. Aber er grokt, daß sie sie nicht als ihr Eigentum betrachtet; sie ist nur ihre Bewahrerin. Komm, setz dich! Dawn wird uns Abendessen bringen - ich muß essen, während wir uns unterhalten, denn andernfalls bekomme ich bis morgen früh keine Gelegenheit mehr dazu. Das ist zwar ein schlechtes Management, wenn man die Ewigkeit zur Verfügung hat. aber ich habe nicht gewußt, wann du kommst. Du hast dir einen sehr vollen Tag ausgesucht. Erzählst du mir, was du denkst? Dawn sagt, du habest an einem Außenseiter-Gottesdienst teilgenommen.«
    »Ja.«
    »Und?«
    »Mike«, erklärte Caxton langsam, »könnte Schlangen Schuhe verkaufen.«
    »Ich bin mir ziemlich sicher, daß er das könnte. Aber er würde es niemals tun. Es wäre falsch - Schlangen brauchen keine Schuhe. Was ist los Ben? Ich groke, daß dich etwas beunruhigt.«
    »Nein«, antwortete er. »Nichts, worauf ich den Finger legen könnte. Oh, ich bin kein großer Kirchenfreund. aber ich bin eigentlich auch nicht gegen sie - und bestimmt nicht gegen diese hier. Ich glaube, ich groke es einfach nicht.«
    »Ich werde keine Woche hier sein.«
    »Doch, drei. Aber ich darf nicht so lange bleiben.«
    »Ich glaube, du wirst es doch tun. dann wirst du ein paar Artikel telefonisch durchgeben, wahrscheinlich über die Kirche. Bis dahin wirst du groken, daß du noch viel länger bleiben mußt.«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Es ist Zeit, bis zur Erfüllung zu warten. Du weißt, daß es keine Kirche ist?«
    »Patty sagte etwas in dem Sinne.«
    »Sagen wir, es ist keine Religion. Eine Kirche ist es in jedem juristischen und moralischen Sinne schon. Ich nehme an, unser Nest ist eine Art Kloster. Aber wir versuchen nicht, Menschen zu Gott zu führen; das ist ein Widerspruch, man kann es auf marsianisch nicht sagen. Wir versuchen nicht, Seelen zu retten; Seelen können nicht verlorengehen. Wir versuchen nicht, die Leute dahin zu bringen, daß sie glauben. Was wir anbieten, ist nicht Glaube, sondern Wahrheit - eine Wahrheit, die sie nachprüfen können. Wir drängen sie nicht daran zu glauben. Wahrheit für hier und jetzt, Wahrheit so greifbar wie ein Bügelbrett und so nützlich wie Brot. so praktisch, daß sie Krieg und Hunger und Gewalt und Haß so unnötig machen kann wie. nun, wie Kleider im Nest. Aber sie müssen Marsianisch lernen. Das ist die Schwierigkeit - Leute zu finden, die ehrlich genug sind, zu glauben, was sie sehen, und bereit sind, schwer zu arbeiten - denn es ist schwer -, um die Sprache zu erlernen, in der die Wahrheit gelehrt werden muß. Ein Komponist kann eine Symphonie nicht in Englisch aufs Papier bringen. und diese Symphonie kann in Englisch ebenso wenig erfaßt werden wie Beethovens Fünfte.« Sie lächelte. »Aber Mike hat niemals Eile. Er sieht sich Tausende an. findet ein paar. und einige davon kommen ins Nest, und er bildet sie weiter aus. Eines Tages wird Mike uns so gründlich ausgebildet haben, daß wir neue Nester gründen können, und dann wird daraus ein Schneeball-System. Aber es eilt nicht. Noch keiner von uns ist wirklich so weit. Nicht wahr, Liebes?«
    Ben blickte bei Jills letzten Worten hoch - und erschrak, als sich über ihn, ihm einen Teller anbietend, die Frau beugte, die er als die andere Hohepriesterin wiedererkannte - Dawn, ja, so hieß sie. Seine Überraschung wurde dadurch nicht geringer, daß sie nach Patricias Art gekleidet war, minus Tätowierungen.
    Dawn lächelte. »Dein Abendessen, mein Bruder Ben. Du bist Gott.«
    »Äh. du bist Gott. Danke.« Sie küßte ihn, holte Teller für sich selbst und Jill, setzte sich rechts von ihm und begann zu essen. Ben bedauerte, daß sie nicht da saß, wo er sie besser hätte sehen können - sie hatte die besten Eigenschaften, die man mit Göttinnen in Verbindung bringt.
    »Nein«, stimmte Dawn zu, »noch nicht, Jill. Aber das Warten wird Erfüllung bringen.«
    »Zum Beispiel«, wandte Jill sich wieder an Ben, »mache ich Pause, um zu essen. Aber Mike hat seit vorgestern nichts mehr gegessen. und wird nichts essen, bis er für ein paar

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