Fremder in einer fremden Welt
Jahre her war, daß er zum letzten Mal jemandem erlaubt hatte, ihn nackt zu sehen. Für Patty spielte es überhaupt keine Rolle. Sie vergewisserte sich einfach, daß das Wasser die richtige Temperatur hatte, bevor sie ihn hineinsteigen ließ.
Dann blieb sie und erzählte ihm, was jedes der Bilder bedeutete und in welcher Reihenfolge man sie betrachten mußte.
Jubal war angemessen beeindruckt und geizte nicht mit Komplimenten, während er völlig der unpersönliche Kunstkritiker blieb. Es war, das räumte er vor sich selbst ein, die gottverdammteste Virtuosität mit einer Nadel, die er jemals gesehen hatte - seine japanische Freundin hätte daneben ausgesehen wie ein billiger Teppich, verglichen mit dem feinsten Buchara.
»Sie sind ein bißchen verändert worden«, erzählte sie ihm. »Nimm die Szene der heiligen Geburt hier - die Rückwand beginnt, krumm auszusehen. und das Bett könnte schon beinahe ein Operationstisch sein. Natürlich habe ich mich auch verändert, sogar sehr stark. Ich bin sicher, George würde es nichts ausmachen. Mich hat keine Nadel mehr berührt, seit er in den Himmel gegangen ist. und wenn auf wunderbare Weise Veränderungen stattfinden, hat er bestimmt die Hand dabei im Spiel.«
Jubal kam zu dem Schluß, Patty sei verrückt, aber nett. er zog Leute vor, die ein bißchen verrückt waren; das >Salz der Erde< langweilte ihn. Nicht zu verrückt, berichtigte er sich. Patty hatte seine abgelegten Kleider in den Schrank befördert, ohne ihnen nahezukommen. Sie stellte wahrscheinlich einen deutlichen Beweis dafür dar, daß man nicht gesund zu sein brauchte - was immer das auch war -, um von dieser marsianischen Disziplin zu profitieren, die der Junge offenbar jeden lehren konnte.
Er spürte es, als sie bereit war zu gehen, und gab ihr das Stichwort, indem er sie bat, seinen Patenkindern einen Gutenachtkuß zu geben - er habe es vergessen. »Ich war müde, Patty.«
Sie nickte. »Und ich werde zur Arbeit gerufen: ich muß noch diktieren.« Sie beugte sich vor und küßte ihn, herzlich, aber rasch. »Den bringe ich unseren Babies.«
»Und einen Krauler für Honey Bun.«
»Ja, natürlich. Sie grokt dich, Jubal. Sie merkt, daß du Schlangen magst.«
»Gut. Teile Wasser, Bruder!«
»Du bist Gott, Jubal.« Sie ging. Jubal lehnte sich in der Wanne zurück und stellte überrascht fest, daß er nicht müde war und seine Knochen nicht länger schmerzten. Patty war ein Tonikum. Glückseligkeit auf Beinen. Er wünschte, er hätte keine Zweifel - dann gab er zu, daß er gar nichts anderes sein wollte als er selbst, alt und wunderlich und nachgiebig gegen sich selbst.
Schließlich seifte er sich ein und duschte sich ab und faßte den Entschluß, sich zu rasieren, damit er das nicht vor dem Frühstück zu tun brauchte. Dann verriegelte er die Tür, schaltete die Deckenbeleuchtung aus und stieg ins Bett.
Er sah sich nach etwas zu lesen um und fand nichts, was ihn, der diesem Laster überall frönte, ärgerte. Aber er wollte nicht hinausgehen und irgend jemanden aufstören. Statt dessen trank er einen Teil seines Drinks und knipste die Nachttischlampe aus.
Sie stellte wahrscheinlich einen deutlichen Beweis dafür dar, daß man nicht gesund zu sein brauchte - was immer das auch war -, um von dieser marsianischen Disziplin zu profitieren, die der Junge offenbar jeden lehren konnte. Seine Unterhaltung mit Patty hatte ihn gleichzeitig wachgemacht und ausgeruht. Er war immer noch wach, als Dawn hereinkam.
Er rief: »Wer ist da?«
»Ich bin es, Dawn, Jubal.«
»Verdammt, ich meinte, ich hätte die Tür verriegelt. Kind, du marschierst sofort hinaus. He! Raus aus diesem Bett! Dalli!«
»Ja, Jubal. Aber zuerst möchte ich dir etwas erzählen.« »Und?«
»Ich liebe dich seit langem. Fast ebenso lange, wie dich Jill liebt.«
»Da soll doch. Hör auf, Unsinn zu reden, und schwenk deinen kleinen Hintern durch diese Tür hinaus!«
»Das werde ich, Jubal«, antwortete sie demütig. »Aber bitte, hör mir zuerst zu. Ich muß dir etwas über Frauen sagen.«
»Nicht jetzt. Sag es mir morgen früh!«
»Jetzt, Jubal.«
Er seufzte. »Rede. Bleib, wo du bist!«
»Jubal. mein geliebter Bruder. Für Männer ist es sehr wichtig, wie wir Frauen aussehen. Deshalb versuchen wir, schön zu sein, und das ist etwas Gutes. Ich war früher Stripperin, wie du weißt. Es war etwas Gutes, Männer sich an der Schönheit erfreuen zu lassen, die ich für sie war. Es war etwas Gutes für mich, zu wissen, daß sie brauchten, was
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