Fremdes Licht
ihr
jetzt bezahlt, und dann gehört euch die Tür
allein.«
Kelovar erbleichte; eine Narbe am Hals, die Ayrid bislang nicht
aufgefallen war, lief dunkel an. Von einem Augenblick auf den anderen
war er nicht mehr der gleiche Mann – ein bißchen zu
schroff, ein bißchen zu fürsorglich –, der sie zur
Halle begleitet hatte. Er zückte beide Messer, das von den Geds
und das delysische, und sein Gesicht wurde reglos und grau wie Stein,
und die hellen Augen glitzerten wie genarbtes Glas.
»Geht mir aus dem Weg.«
Der Sprecher der drei, ein untersetzter Mann mit breiter Kinnlade,
maß Kelovar mit einem kalten Blick. Seine beiden riesigen
Kumpane hatten die Messer gezückt. »Das ist nicht dein
Ernst, Soldat. Du hast den Geds geschworen, niemanden zu töten
und niemanden zu verwunden. Willst du in Kauf nehmen, daß sie
dich aus R’Frow verjagen?«
»Das gleiche könnten wir euch fragen«, mischte sich
Ayrid ein.
Der untersetzte Mann grinste sie an. Er hatte die Vorteile auf
seiner Seite, in Gestalt seiner beiden Kumpane und seines
Nervenkostüms. Wer würde schon gleich am ersten Tag in
R’Frow die Geds durch einen Vertragsbruch herausfordern, und
das, wo noch nicht einmal feststand, wie die Geds darauf reagieren
würden? Es war besser zu zahlen, dachte Ayrid. Und darauf
zählten die drei – und nicht zu unrecht. Im Korridor hinter
den dreien wurden Türen geschlossen. Niemand wollte Zeuge
werden.
Zornig langte Ayrid in ihren Tebel und zückte die
Geldbörse. »Da! Vierzig Habrin!«
»Wenn ihr zwei Zimmer braucht…«, sagte der Mann
immer noch grinsend.
»Nein«, sagte Kelovar. Er duckte sich und begann
sich in eine Position zu pendeln. Irgend etwas irrlichterte in seinen
blassen Augen, etwas, das ihn hinderte, an etwas anderes zu denken
als an die beiden bewaffneten Männer, die ihm den Weg
versperrten. Es war nicht Jehannas Verhalten, das eines geschulten
Kriegers, nein, es war etwas anderes, etwas Tödlicheres. Einer
der beiden Bewaffneten schien die tödliche Bedrohung in Kelovars
Entschlossenheit zu spüren. Er warf einen unsicheren Blick auf
den Untersetzten, der den Blick nicht erwiderte. Der andere
lächelte und pendelte sich auch in Position.
Die zwei blutigen Leichen am Fluß, die Pfeile in ihren
Hälsen…
»Nein«, rief Ayrid und warf dem Untersetzten die
Geldbörse zu. Der fing sie geschickt auf. »Nimm dir die
vierzig Habrin und pfeif deine Krihunde zurück!«
»Besten Dank, hübsche Frau. Beschir, das
wär’s. Sie hat für zwei bezahlt. Also lassen wir sie
durch.«
Beschir trat gehorsam zurück, steckte aber die beiden Messer
nicht fort. Kelovar verharrte in seiner Position. Als Ayrid seinen
Arm berührte, fühlte der sich wie Holz an. Kelovar starrte
sie an, als sähe er sie eben zum erstenmal. Ihr wurde angst und
bange, doch als sie ihn am Ärmel faßte, folgte er ihr, und
nach der Biegung des Korridors war seine Miene wieder die alte.
»Du hättest getötet – oder wärst
getötet worden. Und ich dachte, du wolltest das Jahr in
R’Frow zu Ende dienen!«
Er gab keine Antwort. Er war ein ganzes Stück
größer als sie und sah plötzlich so schmerzvoll auf
sie herab, daß sie sich erneut fragte, warum er nach
R’Frow gekommen war; Mitleid regte sich in ihr. Das Mitleid,
das Verstümmelte füreinander hegten, dachte sie
verbittert, und sie haßte die Verbitterung so sehr wie die
Wahrheit, der sie entsprang.
»Weine nicht«, sagte er.
Ihr war gar nicht nach Weinen zumute; er hatte ihre Miene falsch
gedeutet. Doch einen Herzschlag lang hatte sie das Gefühl, als
hätte er es gerne gesehen, wenn sie geweint hätte, und
plötzlich fiel ihr der Augenblick im delysischen Lager ein, als
sie das Gefühl gehabt hatte, als wäre es ihm lieber
gewesen, sie hätte ihm das Geld für das Los nicht
zurückgeben können; und dann die überflüssige
Fürsorge, mit der er sie auf dem Pfad hierher gebracht hatte.
Doch dann wieder seine Miene, als er mit gezückten Messern
dagestanden hatte…
Die Wand hinter ihr grollte samtweich.
»An der Tür ist eine Markierung. Leg deinen Daumen in
die Markierung. Wenn du der erste bist, der seinen Daumen in die
Markierung legt, dann wird sich die Tür öffnen. Von da an
wird sie sich nur noch auf deinen Daumendruck hin öffnen.
Möchtest du, daß sich die Tür auch für einen
anderen Menschen öffnet, dann legt eure Daumen gemeinsam in die
Markierung. Von da an wird sich die Tür für euch beide
öffnen. An der Tür ist eine Markierung. Leg deinen Daumen
in die
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