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Fressen ihn die Raben - Alpen Krimi

Titel: Fressen ihn die Raben - Alpen Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prolibris Verlag Rolf Wagner
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Schatten. Sie trat näher und atmete erleichtert auf. Die Tropfen waren Flechten. Ihre Hand streichelte die schorfige Oberfläche. Als sich ihr Blick hob, sah sie es. Neben ihr am Rand des Pfades war eine frische Erdmulde, die nur ein Stein hinterlassen haben konnte. Tief eingedrückt und fest, mit einer angedeuteten Felsstruktur im feuchten Lehm. Andere, große Rundsteine erinnerten sie an die Riesenmurmeln , von denen Benny gesprochen hatte. Die Muldenkante hatte ein schwerer Ast einge drückt, der noch harzig roch. Elke betrachtete ihn aus der Nähe. Die Rinde war an einer Stelle angeschabt, das Holz leicht angebrochen.
    Sie beugte sich vor und sah den Hang hinunter. Direkt unter ihr setzte sich die Serpentine fort. Der Weg war mit krümeliger, dunkler Erde und zerbrochenem Gestein übersät. Sie holte tief Luft und nickte. Wenn der Instinkt sich meldet, soll man ihm folgen. Diesmal hatte es sich gelohnt. Nach wenigen Minuten der Besinnung sah sie sich um, griff einen kleineren Felsbrocken und legte ihn auf den angebrochenen Ast in der Mulde. Dann hebelte sie den Stein hoch und verfolgte, in welche Richtung er niederstürz te. Von wegen Unfall, dachte sie, der Brocken der hier gelegen hat, sollte Moni treffen. Aber warum?

    Am späten Vormittag erreichte sie das Ufer des Königssees. Kla re Wellen spülten buntes Laub ans Kiesufer. Ein Ausflugsboot glitt lautlos nach rechts vorbei. Sonnig lag der umwaldete See in seinem Kessel, die Luft war seidig. Elke atmete tief ein und rieb sich den verschwitzten Nacken. Ihre Wanderung ohne das große Gepäck war schneller und kraftschonender gewesen, trotzdem schmerzten die Beine. Zwischen Büscheln hohen Ufergrases wusch sie sich den Oberkörper und zog die frischen Sachen an. Wenn sie schon andere als Stinker kategorisierte, wollte sie selbst nicht darunterfallen.
    Lockeren Schrittes folgte sie dem Uferweg und spürte in sich ein Unbehagen, je näher sie dem Touristenziel Sankt Nepomuk kam. Nach der Stille und der Einsamkeit, die ihr die Bergwelt tagsüber geboten hatte, stieß der Trubel hier unten am See nur ab. Vor dem Restaurant neben der Kapelle hielt sie an und zögerte, dann trat sie beherzt ein. Einen Ober mit weißem Hemd und Trachtenweste bat sie unvermittelt, den Geschäftsinhaber sprechen zu dürfen. Der Mann wollte in osteuropäisch gefärbtem Deutsch wissen, in welcher Angelegenheit, was sie mit dem Hinweis, es ginge um Moni, beantwortete. Der Mann nickte und verschwand augenblicklich in den hinteren Teil des hallenartigen Speiseraumes.
    Elke hatte sich trotz des schönen Wetters in einen kleinen Nebenraum gesetzt und wartete.
    »Hocheck, was kann ich für Sie tun?« Ein weißhaariger Herr in bayerischem Trachtenhemd und ledernen Kniebundhosen stellte sich vor. In seinem Blick lag abwartende Vorsicht.
    »Elke Hundgeburth, sehr angenehm.« Sie deutet an, sich erheben zu wollen, nahm aber auf ein Zeichen des Wirts wieder Platz. »Ich hatte Ihrem Ober ja gesagt, dass es um Moni geht.«
    Der alte Wirt nickte, sein Blick wurde wacher und er setzte sich zu seinem Gast an den Tisch. Mit einer Geste zeigte er, dass er be reit zum Zuhören war und sie aufforderte, zu sprechen.
    »Ja, also, wie fang ich an? Eigentlich kenn ich die junge Frau kaum. Ich bin nur für einige Tage oben am Funtensee. Mir ist sie gleich aufgefallen. Ihr offenes Wesen, die Liebe zu den Bergen, ja das bekam ich schnell mit. Und Sie werden sich vielleicht wundern, dass ich mich als Fremde jetzt in Privates mische. Aber da sind Sachen passiert, die ich komisch finde.«
    Der alte Hocheck sah ungeduldig drein und fragte sich, ob er sich das Gerede dieser Touristin anhören musste.
    Elke las seinen Blick. »Ich komm sofort zum Punkt, nur Geduld bitte. Zuerst war da dieser Kritiker, der im Koglerhaus beträchtlichen Wind machte. Haben Sie davon etwas mitbekommen?«
    Der Wirt zuckte mit dem Kopf und wandte ihr sein linkes Ohr zu. Sie deutete das als ein Ja.
    »Dann, nachdem dieser Mensch den Funtensee verlassen hatte, wurde eine Menschenhand gefunden. Ein Wanderer soll die mit gebracht haben, sie lag also irgendwo in der Umgebung. Die Mo ni musste deswegen absteigen, um von hier die Polizei zu rufen. Ih ren Sohn Benny lernte ich dadurch kennen, dass er sie wieder nach oben begleitete. Wussten Sie, mit welcher Abneigung er von ihr spricht? Er scheint dem Verhältnis zwischen Ihnen, seinem Vater, und ihr schwer zu misstrauen.«
    »Verhältnis!« Der alte Mann rutschte unruhig hin und her. »Wie das

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