Fressen ihn die Raben - Alpen Krimi
Ziehen seines Hundes nach.
Gundi sah auf die gedrungene Gestalt des Ermittlers, seinen Spitzbauch und die wabbelige Andeutung eines Halses. »Ja, das glaub ich gerne.«
Im Halbdunkel des Kellers lag eine Plastiktüte auf dem Kachelboden. Der Hund hatte seinen Führer winselnd dorthin gezogen und saß jetzt vor dem Geruchsstück. Schartauer stellte seinen Pi lotenkoffer ab und entnahm ihm ein Paar Einweghandschuhe, die er sich etwas umständlich überzog.
»Brauchen Sie Hilfe?«, fragte Gundi.
»Geht schon«, murmelte der Ermittler. »Ich hab die nicht so oft an. Morde und dergleichen gehört nicht zu meinem Hauptressort. Meistens komm ich ohne Handschuhe aus.«
»Fein, Ramses. Fein.« Der Hundeführer belohnte sein Tier für den Fund mit einem Kauspielzeug.
»Unten im Tal hatten wir eine enorme Explosion, müssen’s wissen«, erklärte Schartauer der Wirtin. »Vermutlich ein Bombenanschlag auf eine Neonazigruppe aus Brandenburg. Gerade sind da alle Kollegen im Einsatz und ermitteln, was das Zeug hält. Die Kriminalinspektion Traunstein, die sind ja fürs Berchtesgadener Land zuständig, und auch das BLKA haben sämtliche verfügbaren Polizisten abgestellt. Nachdem die einzigen Verdächtigen bis jetzt von meinem Kollegen und mir am Bahnhof gestellt worden sind, hat man mir diese Sache da zugewiesen.« Er deutete auf die noch immer ungeöffnete Tüte am Boden. »Wollen wir mal sehen.« Er kniete sich leise ächzend nieder und nahm den Plastikbeutel in die Latexhandschuh-Hände.
Gundi hatte seinen Erklärungen hin- und hergerissen zugehört. War er jetzt besonders gut, oder doch eher nicht?, fragte sie sich. Verdächtige Bombenleger fangen und dann wegbeordert werden, erschien ihr nicht sehr logisch. Der ganze Mann machte auf sie keinen zupackenden Eindruck.
»Wir haben schon gestern Abend im Saalfeldischen nachfragen lassen.« Der Ermittler hatte die Tüte immer noch nicht geöffnet und sah zu Gundi hinauf. »Auf österreichischer Seite gab es nicht einen Unfall oder dergleichen, bei dem ein Körperteil abhanden kam. Nichts Offizielles. Dann wollen wir mal.« Schartauer rümpf te beim Öffnen der Plastikumhüllung die Nase. Trotz der Kühle des Raumes stieg ein schwacher, süßlich-kohliger Duft auf, Leichengeruch. Als die Hand auf den Boden fiel, nahm Schartauer den Kopf nach hinten, wie um möglichst wenig von dem Leichenstück mitzubekommen.
Angewidert fasste er mit zwei spitzen Fingern das Handgelenk und besah sich mit abweisender Miene die Schnittstellen. »Scheint sauber abgeschnitten zu sein. Nicht gerissen, sondern durchtrennt. Hier, am bloßen Knochen sieht man sogar Schneidspuren. Also wenn ich ein Huhn zerlege, bin ich weniger geschickt.« Beifallheischend sah er in die Gesichter Gundis und seines Kollegen.
»Und das da?« Gundi wies auf den schmalen Goldreif am Ringfinger der gräulich verfärbte Hand.
»Natürlich, natürlich. Alles zu seiner Zeit.« Schartauer hob mit der Linken das Leichenstück auf, während seine Rechte die toten Glieder entlangstrich. Vorsichtig drehte und zog er an dem Schmuckstück, das er für einen Ehering hielt. »Ganz schlecht zu lesen. Hier, kannst du mehr erkennen?« Er reichte den Goldreif seinem Kollegen, der ohne Handschuhe und mit zusammengekniffenen Augen die Innenseite begutachtete. Ramses, der Diensthund, verfolgte die Übergabe hechelnd und mit aufmerksam schwenkendem Kopf.
» Danica lese ich, 12.07.1996 .« Der Hundeführer gab den Ring zu rück. Schartauer ließ ihn in eine schmale Papiertüte fallen und leg te das Beweisstück zu seinen Utensilien.
»Danica. Na, bei der Vielfalt der Namen heutzutage auch kein echter Anpack. Vielleicht kommen wir mit den Abdrücken weiter.« Er nahm eine kleine Rolle, eine Tube schwarze Farbe, eine Plastik-Platte und Formulare aus seinem Koffer. Alles zur Erfassung von Fingerabdrücken. Sorgfältig verteilte er die Farbe auf der Plastikfläche. Dann fasste er das jeweils erste Fingerglied der abgetrennten Hand und rollte es in wippendem Rhythmus über die Farbe. Anschließend wiederholte er die Bewegung auf dem Papier, wo die Fingerkuppen ihre individuellen Abdrücke hinterließen.
Gundi hatte all dem ungerührt zugesehen und sich jeden Kommentars enthalten, bis ihr die Beweiserhebung an dem Fundstück beendet schien. »Gell, das Teil da nehmt ihr mit, oder? Ich bin froh, wenn es aus dem Haus ist.«
Schartauer nickte, legte die Hand in eine größere Papiertüte und sah zum Hundeführer. »Wir müssen uns noch am
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