Fressen ihn die Raben - Alpen Krimi
wurde flach und steinplattig. Immer wieder durchzogen dünne Spalten das hellgraue Gestein und bildeten kleine Höhlen. Während die eine Hand des Hundeführers den Hals seines hechelnden Tieres kraulte, zeigte die andere nach links. Etwas abseits vom Weg standen mehrere Zirbelkiefern locker beisammen. Dorthin deutete er. Der Pilot nickte, flog tiefer und suchte eine Lande stelle. Bei den Steinplatten der Umgebung wurde er schnell fündig und landete.
So freudig der Hund aus der Kanzel sprang, so schwerfällig setzte Schartauer ein Bein vor das andere. Er hätte ewig in der Flugkanzel bleiben und den Blick genießen mögen, aber die Pflicht rief. Grinsend, mit einem fragenden Blick schaute der Pilot auf ihn und wies auf den schwarzen Koffer, der neben den Sitzen stand. Schartauer machte eine wegwerfende Geste und folgte dem Diensthundeführer.
»Komm«, rief der und konnte seinen Hund nur mühsam halten, »ich will dir das Materl zeigen, danach können wir weiterfliegen. – Ramses, nun zieh doch nicht so!«
Schartauer nickte stumm. Beim Gang über die sonnenbeschienenen Felsplatten mussten seine Augen blinzeln. In Höhe der Marienstatue, die in der Kiefer wartete, begann der belgische Schäferhund aufgeregt zu schnüffeln und zu winseln. Sein Herrchen blickte auf ihn, dann auf seinen Kollegen.
»Sollten wir hier oben, qua Zufall, einen Fund tätigen?« Er freute sich, nahm die Leine kurz, kniete sich neben das Tier und streichelte es gleichmäßig. Das sollte die Nervosität senken. Beruhigend sprach er auf den Vierbeiner ein. Die Spitzohren von Ramses standen aufrecht wie Radarschirme und drehten sich. Plötzlich stellte der Hundeführer seine Berührungen ein, machte den Hund los und sagte scharf »Such!«
Der Schäferhund schoss nach vorne, die Nase am Boden. Die beiden Polizisten folgten. Immer weiter entfernte sich die Such gruppe vom Materl. Der Hund stöberte hinter Felsen und in Ritzen. Plötzlich, vor einem kleinen Hohlraum, wurde er mit einem Schlag stumm und setzte sich auf seine Hinterpfoten. Schartauer bekam von seinem Kollegen ein Zeichen. Beide Männer eilten herbei.
»Fein, Ramses«, lobte der Hundeführer das Tier und streichelte es am Nacken. »Fein hast du das gemacht.« Ramses sah zu ihm auf und schien mit hechelnder Zunge und offenstehendem Maul zu lächeln.
»Hier, leuchte mal hinein.« Schartauer hatte sich schnaubend vor das schräg abgehende Loch im Kalkfelsen gekniet und nahm die Taschenlampe, die ihm sein Kollege reichte.
»Hoffentlich finden wir was Brauchbares in Reichweite meines Arms, denn reinkriechen kann da keiner, so eng wie das ist«, mäkelte er und dachte nebenbei auch an seine Hose, mit der er sich hinknien musste.
Zentimeter für Zentimeter tastete der Vertreter der Kripo Berch tesgaden den Boden der kleinen Höhle mit seinen Augen ab. Einen Fehler wollte er auf alle Fälle vermeiden, schließlich war es ein rechter Aufwand, hier hochzukommen. Auf eine Wiederholung war er nicht erpicht. Schartauer atmete aufgrund der knienden Haltung gepresster, sein Bauch drückte gegen den Oberschenkel. Als sich ein Schmerz von einer Kniescheibe nach oben zog, begann der Lichtkegel der Taschenlampe zu zittern und zeigte dabei auf einen grünen Stoff. Schartauer hielt die Luft an und führte den Lichtpunkt langsam die Textilie entlang. »Ich glaube wir haben da was, außerdem kann man’s auch riechen, oder?«
Schotterfeld
An diesem Tag hatte ein Realschullehrer aus Heilbronn als Erster das Koglerhaus verlassen und war lange vor der Landung des Poli zeihubschraubers hinein in den blauenden Morgen marschiert. Es sollte ein ausgedehnter Wandertag werden, seine Strecke war ausgesprochen ambitioniert. Deswegen hatte er sich, auch für ei nen Tageswanderer, mit extrem wenig Gepäck belastet. Der Lehrer verbrachte einige Tage seines Urlaubs wie Elke in den Ber gen und nutzte das Haus des Alpenvereins als Stützpunkt für sei ne Touren und gehörte zu der von ihr so bezeichneten Gruppe der sportlich-ausdauernden Funktionswäschestinker. Ganz in El kes Kategorie war er eine drahtige Erscheinung und trug sogar einen Dreitagebart. Der Heilbronner war allein unterwegs, einzig, um sich von niemandem durch säumiges Gehen oder endloses Gequatsche aufhalten zu lassen. Er wollte an diesem Tag vom Ko glerhaus nach Süden zum Riemann- und von dort nach West en über das Ingolstädter-Haus zurück zum Ausgangspunkt laufen. Ein gewaltiger Marsch im Uhrzeigersinn, von einfachem Wandern konnte man
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