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Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi

Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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und duftete viel versprechend nach Salbei. Ich schaltete die Grilleinrichtung im Backofen dazu und schob die Trüffelpastetchen neben die Form mit dem Küken.
    Statt des vorbereiteten Prosecco öffnete ich gleich eine Flasche Chardonnay aus dem Veneto. Das Essen konnte beginnen. Ich lobte mich und ließ es mir schmecken. Vor allem die lauwarme Entenleber auf pikanter Pflaumensauce war mir großartig gelungen. Schade, dass Oskar nicht da war. Oskar Kellerfreund, was für ein freundlicher Name. Ob ich mich in ihn verlieben konnte, nur weil er auch so gerne aß wie ich? Warum nicht? Ich grinste. Gismo hob den Kopf und sah sich nach mehr Leber um. Es gab schlechtere Gründe, sich zu verlieben. Aber das stand momentan ohnehin nicht zur Debatte.
    Wahrscheinlich hatte ich zu viel gegessen und getrunken. Jedenfalls wurde ich Punkt fünf in der Früh wach und hatte die üblichen Symptome. Warum war ich nie zum Internisten gegangen? Was, wenn ich wirklich etwas am Herzen hatte? Der Psychiater hatte das nicht ausschließen wollen. Aber für unwahrscheinlich gehalten. Ruhig durchatmen, Mira. Du solltest abnehmen und Sport treiben. Und dich nicht mit Mordsachen beschäftigen. Ich war schweißgebadet, meine Beine waren verkrampft. Aufstehen, herumgehen. Es war ohnehin schon hell. Vielleicht war ich eine verkappte Frühaufsteherin? Der Psychiater hatte etwas von Eskimos ganz allein auf spiegelglattem Wasser erzählt. Niemand und nichts. Ich hatte mich gestern mit mir ausgezeichnet unterhalten. Hatte das Essen genossen. Es hängt nicht davon ab, ob man allein oder nicht allein lebt, hat er gesagt. Was hat er sonst noch gesagt? Nichts, was mit den Morden zu tun hat. Das wäre noch schöner, ich habe einen Herzanfall, sterbe und alle Welt zerbricht sich den Kopf, ob es ein natürlicher Tod war. Oder ob ich das dritte Opfer der biederen Bernkopfs geworden bin. Ich verzog den Mund zu einem Grinsen. Meine Zähne klapperten. Alles wie üblich, du solltest dich daran gewöhnen, Mira. Was bleibt von mir, wenn ich nichts tue, nichts schreibe, nichts recherchiere, für niemanden koche? Nicht einmal esse? Was ist dann? Was soll ich dann zählen, wenn mich niemand mehr wahrnimmt, habe ich den Psychiater gefragt. Er hat gesagt, dass es darum geht, zu begreifen, dass ich dann immer noch ich selbst bin. Es gilt, zu entscheiden, was ich wirklich tun will. Will ich wirklich diese Lifestyle-Geschichten schreiben? Will ich wirklich die Morde aufklären? Ich will Jane Coopers Geschichte wissen, ihre Geschichte, die den Anfang genommen hat in der Birkengasse 14, Jahrzehnte früher. Das will ich wirklich.
    Mein Herz raste immer noch, aber die Angst ließ nach. Es wäre schön gewesen, hätte mich jetzt jemand in die Arme genommen. Und mir gesagt, dass ich für ihn wichtig bin. Egal was ich tue. Einfach weil ich bin. Aber ich musste mir das wohl selbst sagen. Selbstbewusstsein im herkömmlichen Sinn hatte ich ja genug. Seltsam. Davon gingen auch alle Menschen aus, mit denen ich zu tun hatte. Ich mit mir allein auf spiegelglattem Wasser. Ich bin. Wenn bloß das verdammte Herz nicht so schlagen würde, dass ich es hören musste.
    Ich kürzte ein paar Sätze, der Platz für den Text zwischen den Fotos war äußerst knapp. Das Labor hatte das Wohnzimmerbild gut hinbekommen. Düster und verwischt, dramatisch. Aus einem verwackelten Schnappschuss war ein kleines Kunstwerk geworden. Es gab die Stimmung der Geschichte perfekt wieder.
    Ich hielt mich mit Verdächtigungen zurück und schrieb in bewusst trockenem Stil. Ich zählte Indizien auf, nannte Daten, stellte einige Fragen. Der Stil im „Blatt“ hatte mich dazu gebracht, meine Phantasie mehr als sonst zu zügeln. Das hier war sauberer Journalismus. Nun gut, das traf vielleicht nicht auf alle Storys im „Magazin“ zu, aber jedenfalls hetzten wir gegen niemanden. Wir waren bloß hie und da ein wenig oberflächlich. Ein wenig sehr oberflächlich. Kein Grund, es nicht besser zu machen. Jane Cooper war in der Wohnung von Ministerialrat Bernkopf gewesen. Das war die Kernaussage meiner Reportage, und sie war unwiderlegbar richtig.
    Zuckerbrot würde ab morgen auch wieder von den anderen Zeitungen, vor allem von amerikanischen Medien, nach dem jüngsten Stand der Ermittlungen gefragt werden. Die Fotos würden dabei eine große Rolle spielen.
    Ich nahm zuerst gar nicht wahr, dass mein Telefon klingelte. Unser Großraumbüro war kurz vor Redaktionsschluss voll besetzt. Und immer wieder klingelte es da oder dort.

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