Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi
Mörderin sind, Sie sind vielleicht in Gefahr.“
Ulrike zuckte zusammen.
„Vesna, Ulrikes Freund ist tot. Du könntest etwas …“
„Ist aber wahr.“
Ich gab mich geschlagen. Ulrike schien sich ohnehin halbwegs gefasst zu haben. Ihr Blick war seltsam starr irgendwo in die Ferne gerichtet, beinahe wirkte sie unbeteiligt. Aber sie war ansprechbar und sie hatte zumindest zu weinen aufgehört.
Ihre Schwester war in der Küche um uns Tee zu machen und wollte danach gehen. Ich hätte etwas Stärkeres als Tee passender gefunden, aber darüber konnten wir auch reden, wenn die übergroße Schwester weg war.
Die nächste halbe Stunde plauderten wir über das Wetter, die Probleme schwer erziehbarer Kinder und die beste Teesorte – Ulrikes Schwester war, wie sich herausstellte, Pädagogin. Über die Mordfälle sollte offenbar nicht geredet werden. Wir fügten uns. Ich verstehe nichts von Pädagogik.
Bevor sie ging, umarmte die Schwester Ulrike lange und fest. Ich hatte schon Angst, die zierliche Ulrike würde daran ersticken.
Die Tür fiel zu, wir schwiegen betreten.
„Frag mich über den Mord. Frag mich über Peter“, sagte Ulrike dann. „Meine Schwester meint es gut mit mir. Aber es ist absurd, zu glauben, dass ich den Mord vergessen kann, wenn alle über Frühlingstemperaturen reden.“
„Du bist dir sicher, dass es geht?“
Sie nickte. „Morgen muss ich ohnehin ins Sicherheitsbüro. Da werden sie mich auch nicht schonen. Im Gegenteil, wie es aussieht. Man wirft mir vor, die Ermittlungen behindert zu haben. Weil ich nicht erzählt habe, dass mein Freund diese Amerikanerin gekannt hat.“
Noch wusste Zuckerbrot nicht, dass auch ich von dieser Verbindung gewusst hatte.
„Haben sie dir schon gesagt, woran er gestorben ist?“
Sie schüttelte den Kopf. „Du weißt es?“
Ich nickte und schwieg.
„Er ist ermordet worden, ganz klar. Ich will wissen, wie. Vielleicht hilft uns das weiter.“
„Man hat ihm vergiftete Bonbons geschickt.“
„Er hat Bonbons geliebt. Es war beinahe schon eine Sucht. Deswegen ist er wahrscheinlich auch so viel gelaufen, um trotzdem nicht zuzunehmen. Er konnte eine ganze Bonbonniere auf einen Sitz verdrücken. Mit Schokolade …“ Ihre Stimme wurde brüchig.
„Es sieht so aus, als hätte jemand gewusst, dass er auf Schokolade steht.“
„Das wusste jeder, oder beinahe jeder. Ich weiß, dass er auch seinen Patienten davon erzählt hat. Er hat gesagt, es ist gut, wenn sie wissen, dass auch er seine Schwächen hat. Das macht es ihnen leichter, zu reden.“
„Ein Patient. Gibt es eine Kartei? Weißt du, wie wir an die Namen seiner Patientinnen und Patienten kommen können?“
„Er hat sie lieber Klienten genannt. Er war so …“
„Eine Kartei?“
„Er war da eigen. Sehr verschwiegen. Jeder, der zu ihm kam, bekam ein Kürzel. Damit seine Aufzeichnungen nicht missbraucht werden können.“
Ich nickte. Das hatte er ja auch mir erzählt. „Aber die Abrechnungen. Überweisungen, Quittungen.“
„Ich habe keine Ahnung.“
„Hat er eine Sprechstundenhilfe oder eine Sekretärin?“
Ulrike schüttelte den Kopf.
„Macht er seine Steuerangelegenheiten selbst?“
„Nein, das erledigt eine große Steuerberatungskanzlei für ihn. Die sagen kein Wort, sicher nicht.“
„Was hat er dir über Jane Cooper erzählt? Denk ganz genau nach, jede Kleinigkeit kann wichtig sein.“
Ulrike spielte mit ihrer Teetasse. „Ich denke an nichts anderes. Aber er hat bloß erzählt, dass er sie im Museum kennen gelernt hat. Er kam, um mich zu überraschen, aber ich hatte den Dienst getauscht und war nicht da. Hätte ich nicht den …“
„Das bringt uns nicht weiter, wie hättest du wissen sollen, was danach passieren würde?“
„Ja. Peter war im ehemaligen Arbeitszimmer Freuds. Dort, wo jetzt die Fotos hängen und Bücher und Objekte ausgestellt sind. Er hat das Museum geliebt. Es hat ihm die Wurzeln seiner Arbeit deutlich gemacht, hat er immer gesagt. Dabei war er gar kein Freund der klassischen Psychoanalyse. Aber es seien eben die Wurzeln, hat er gesagt. Und ohne Freud … Also jedenfalls hat sie ihn auf Englisch angeredet und gefragt, ob er öfter hierher komme. Sie hat erzählt, dass sie an einer Hausarbeit über das Freud-Museum schreibe. Dass sie drei Wochen in Wien bleibe und niemanden kenne. Peter hat darauf gesagt, dass er ihr gerne etwas von Wien zeigen wolle. Sie war eben noch ein junges Mädchen, und das hat ihm offenbar gefallen.“
„Wir sind auch noch nicht
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